Zunftmeister geben das Zepter weiter

Das Zepter gehört zum Zunftmeister wie die Konfetti zur Fasnacht. Doch was passiert, wenn ein Meister dem nächsten symbolisch das Zepter weiterreicht, indem er ihm das Wort übergibt? Lesen Sie es hier.

Anton Wyss, Zunftmeister der Häppereschweller, gibt das Zepter noch nicht an den nächsten Dagmerseller weiter, sondern wird auf eine Zusatzrunde geschickt.  Doch für den WB reicht «Arranius I.» das Zepter wenigstens kurzfristig weiter – an einen anderen Zunftmeister der Region in Form einer Frage. Foto zvg
Chantal  Bossard

Die erste Frage stellt der «Willisauer Bote» dem Meister der Söilizunft Grosswangen:

Walter Stöckli, Sie sagten für die letzte Fasnacht das Motto «Dronder ond dröber» an. Ein wegweisendes Motto?

Walter Stöckli, Säulizunft, Grosswangen:
Ja, sehr. Bei der letzten Fasnacht ist in Grosswangen und in den umliegenden Gemeinden einiges «dronder ond dröber» gegangen. Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger haben die Fasnacht so richtig ausgelebt und sind aus dem regulären Alltag ausgebrochen. Die einen oder anderen Personen hatte man – ob mit oder ohne Maske – kaum mehr erkannt. Überraschenderweise hatte sich anschlies­send der Grosswanger Fasnachtsvirus «dronder ond dröber» weltweit unter dem Namen Coronavirus verbreitet. Dies hat vieles in unserer Gesellschaft verändert, das wir nie für möglich geglaubt hätten. Somit die Erkenntnis der Grosswangen Fasnacht 2020: Lebe heute – morgen könnte es zu spät oder anders sein! So, und nun zum Ettiswiler Zunftmeister Sepp Birrer. Die Kottwiler – wie Sepp einer ist – sind weitum bekannt als «rüüdigi cheibe Fasnächtler». Das letztjährige Motto JDB (Josef ­Daniel Birrer) hat die ganze Gemeinde zu feucht-fröhlichen Anlässen inspiriert. Man hätte meinen können, das Motto laute JDB – «jede drenkt Bier»! Meine zwei Fragen also an den Herrn JDB:

Wie hast du die letztjährige Fasnacht erlebt? Und: Sind all deine Zunftstuben-Gäste wieder ausgenüchtert?

Sepp Birrer, Muggezunft Ettiswil:
Ausgenüchtert? Ich weiss ja nicht (lacht). An der vergangenen Fasnacht hat ein berühmt-berüchtigtes Damentrio einen Selbstversuch gemacht. Die drei Frauen mochten nämlich keinen Jägermeister. Also haben sie es sich an einem Abend zur Aufgabe gemacht, so viel von diesen Shötli zu trinken, bis sie es gerne hatten. Es war ein Erfolg – bis zum Morgen danach zumindest. Aber ich würde sagen: Mittlerweile sind auch sie wieder nüchtern. Und nun zur vergangenen Fasnacht: Es war ein unbeschreibliches Gefühl, das Meisteramt ausüben zu dürfen. Grandios, fantastisch, hammermässig – sämtliche schöne Worte kann man hier nennen. Am Schmutzigen Donnerstag standen etwa 60 Kollegen von mir mit einem «Jäger Sepp»-T-Shirt da. Selbst Fasnachtsmuffel waren für einmal dabei und liessen sich vom Narrenvirus anstecken. Insbesondere die Kottwiler haben einmal mehr Vollgas gegeben. Da hat Walter Stöckli absolut recht: Wir sind «rüüdigi cheibe Fasnächtler» – und stolz darauf!
Besonders in guter Erinnerung habe ich auch die Städtlifasnacht in Willisau. Dort bekam ich einen Kranz aus Willis­auer Ringli, der als Andenken an die «wilden Zeiten» nach wie vor stolz in meiner Stube hängt. Ich will den Willisauer Karnöffelzunftmeister deshalb fragen:

Gibt es heuer – zum Trost, weil ja dieses unsägliche Coronavirus eine Fasnacht verunmöglicht – wieder einen solchen Ringlikranz?

Stephan Kneubühler, Karnöffelzunft Willisau:
Sollte Sepp Birrer einst Regierungsrat werden, so bekommt er sicher wieder einen solchen Ringlikranz samt Plakette – vergangenes Jahr war etwa Paul Winiker bei uns in Willisau zu Gast. Dass der Muggezunftmeister noch heute stolz ist auf diesen Kranz, freut mich. So können die Erinnerungen an die letzte Städtlifasnacht in den Gedanken weiterleben. In meiner letzten Zunftmeisterpredigt thematisierte ich die «Museumstage»–Tage, die in unserem inneren Museum abgelegt werden, weil sie bewusst und engagiert gelebt wurden. Jeder kann selbst sein eigenes Museum errichten, seine Geschichte schreiben. Die coronabedingte Entschleunigung sorgt sicher da und dort für ein grösseres Bewusstsein. Das Virus ist von dem her für die Menschheit nicht nur schlecht. Trotzdem wünsche ich mir natürlich, dass die Situa­tion sich bald verbessert. Ich freue mich bereits jetzt auf eine rüüdige Fasnacht 2022, welche ich nochmals als Zunftmeister erleben darf. Bis dahin besuche ich sicher regelmässig die Website www.kneubi-schweiz.ch, um zünftig in Fasnachtserinnerungen zu schwelgen. Meine Frage an Regina Birrer bezieht sich auf den leckeren Eierlikör, den die Güggalizunft Daiwil jeweils unter anderem an der Städtlifasnacht ausschenkt. Gerne will ich von ihr wissen:

Ihr schenkt an der Fasnacht Eier­likör aus. Ist dieser selbst gemacht? Und was hat das für einen Hintergrund?

Regina Birrer, Güggalizunft Daiwil:
Unser Eierlikör ist berühmt-berüchtigt. Wir bestellen den Schnaps jeweils von der Willisauer Diwisa, da der Aufwand zum Selbermachen enorm wäre: Wenn es hochkommt, brauchen wir in einer Fasnacht um die 20 Liter davon. Der Eierlikör hat Tradition: Seit eh und je verteilt ihn die Güggalizunft Daiwil an der Städtlifasnacht und an Umzügen in der Region. Er gehört zu uns wie die Federn zum Huhn. Ich mag es, wenn etwas Bestand hat – wie etwa auch die Güggalizunft selbst. Sie hat mir als «Neuzuzügler» in Daiwil ex­trem geholfen den Anschluss zu finden. Die närrischen Tage vermögen die Leute in unserem Ortsteil noch mehr zusammenzu­schweissen. Die ausgelassene Stimmung fehlt mir heuer unglaublich. Aber ich lasse den Kopf nicht hängen und freue mich schon jetzt auf die nächste Fasnacht. Ganz besonders natürlich auf den legendären Güggaliball. Da werde ich garantiert mit einem Eierlikör anstossen!
Simon Vogel, Meister der Elefantenzunft, kenne ich zwar persönlich nicht – trotzdem habe ich eine tierisch gute Frage an ihn:

Als Güggali will ich vom Elefant wissen: Was braucht es, damit bei euch der Bär steppt?

Simon Vogel, Elefantenzunft Roggliswil:
Uhi, uhi, uhi – die Frage der Hühner – beziehungsweise Güggalizunft-Chefin hat mir also ein schönes Ei gelegt. Denn: Bei uns steppt sicher nicht der Bär. Viel mehr tanzt der Elefant! Dieser kann es kaum erwarten, bis 2022 die Fasnacht wieder voll abgeht und er sich die Sohlen auf dem gepflegten Parkett wund tanzen kann. Also im sprichwörtlichen Sinne. Denn wer mich kennt, der weiss: Ich tanze nicht, sondern bin lieber im Hintergrund. Etwa an der Bar, bei einem Gespräch mit bekannten oder (noch) fremden Gesichtern. Ich freue mich darauf! An Stefan Staffelbach von der Törbelerzunft Uffikon will ich sogleich zwei Fragen stellen, eine von unserem Rüsseltier und eine von mir persönlich:  
 
Der Elefant möchte wissen, welche Gassenhauer die Törbelerzunft morgens um 2 Uhr in der Kaffeestube anstimmt? Und ich will erfahren, ob Stefan seiner Aussage treu geblieben ist, während der Fasnacht nur Wasser zu trinken?

Stefan Staffelbach, Törbelerzunft Uffikon:
Je nach Stimmung! Da gibt es nicht nur einen bestimmten Song – doch die Wahrscheinlichkeit ist äusserst hoch, dass bei uns zu früher wie zu später Stunde entweder «Gordula Grün», «Schneewyssi Chräie» oder «D'Seel loh bambele loh» läuft. Zu allen drei Liedern haben wir Törbeler schon Geschichte(n) geschrieben. Und nun zur Frage Nummer zwei: Da wurde ich wohl falsch verstanden. An der Fasnacht auf Alkohol zu verzichten: Das ist eine Schnappsidee! Hingegen ist es insbesondere an den närrischen Tagen absolut sinnvoll, ab und zu auch ein Glas Wasser zu trinken. Gelernt habe ich diesen Trick an einer Hochzeit in der Slowakei. Da sagte mir einer: «Trink auf jeden Schnapps ein Gläsli Wasser. Die saufen dich sonst in Grund und Boden!» Und das hilft tatsächlich! Nur schade, dass man nicht immer ganz so konsequent ist … Aber wenn wir schon beim Schnaps sind: Auch ich habe zwei Fragen – an den Meister der Häppereschweller Dagmersellen. Die eine bezieht sich auf Tony Wyss' Vorliebe für die schottische Religion, die andere auf seine wilden Zeiten in der Guuggenmusig Häppereschweller.

Erstens: Lieber Tony, hilft dir der Whisky dabei, dich über die fehlende Fasnacht hinwegzutrösten? Zweitens: Du bist quasi vom ­Guuggenmusikant direkt zum Zunftmeister aufgestiegen. Bei welchem Titel fiel es dir einfacher morgens aufzustehen?

Anton Wyss (Arranius I.), Häppere­schweller Dagmersellen:
Whisky hilft – doch die fehlende Fasnacht lässt sich leider nicht herbei­trinken. Dafür bin ich überzeugt, dass ein guter Single Malt dabei hilft, alle möglichen Viren abzutöten. Aber Spass beiseite: Tatsächlich trinke ich gerne mal einen Tropfen Whisky. Immer mit Mass, denn Whisky trinkt man zum Genuss. Und sollte es dann doch mal einen Drink zu viel gewesen sein, so garantiere ich: Der nächste Morgen ist weniger hart wie bei einem Rausch mit einem billigen Fusel. Wobei ich direkt beim Thema bin: Der Tag darauf. Die Antwort ist eindeutig, das Aufstehen fiel mir zu Guuggenmusig-Zeiten um einiges schwerer. Schliesslich wollte ich als Zunftmeister meinen ehrenvollen Titel würdig repräsentieren.
Und nun zu meiner Frage an Reto Häfliger:

Da die Fasnacht fehlt, gewinnst du zusätzlich an Zeit. Wie nutzt du diese – steigst du noch mehr aufs Velo? Und wie kompensiert ihr die fehlenden Hausbesuche, die in Altishofen eine starke Tradition haben?

Reto Häfliger, Pfyfferzunft Altishofen:
Tatsächlich mache ich momentan ab und zu etwas Sport – vor allem Langlauf und Skifahren. Auf dem Velo bin ich etwas weniger unterwegs, weil wegen dem Homeoffice mein Arbeitsweg wegfällt. Bisher wurde es mir noch nicht langweilig. Aber klar, die Fasnacht wird mir sicher fehlen. Besonders die Hausfasnachten waren stets eine gefreute Sache. Letztes Jahr haben meine Frau und ich unsere Garage zur Berghütte umgemodelt – es waren rüüdige Feste! Wir schauen uns ab und zu die Fotos von der vergangenen Fasnacht an und schwelgen in den schönen Erinnerungen. Die Vorfreude auf die Fasnacht 2022 ist riesig. Tage voller Unbeschwertheit – wir können sie wohl alle gut gebrauchen. Doch bis dahin gilt es geduldig zu sein. Ich darf zwar nun keine Frage mehr stellen, will es aber nicht unterlassen, ein letztes Wort an alle Fasnachtsverrückten zu richten:

Ich wünsche euch allen auch ohne Fasnacht eine gute Zeit. Und vor allem: Bliibed gsond!

 

Chantal Bossard

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