13.49 Uhr ist die 27.45-Meter-Verschiebung geschafft

Heute Mittwoch, 3. Februar, wurde der neuere Gebäudeteil des Mauritiusheims Schötz um 27.45 Meter dorfwärts verschoben – und damit Platz für den Heimneubau geschaffen. Kurz vor 14 Uhr ist die 2450-Tonnen-Zügelte beendet. Unfallfrei!

 

13.49 Uhr: Die Heimverschiebung ist erfolgreich beendet.
Norbert Bossart

Die seit Monaten geplante Aktion erfolgt im Rahmen der umfassenden Erneuerung des Schötzer Pflegeheims. Die Verschiebung des 2'450 Tonnen schweren Gebäudeteils aus den Neunzigerjahren soll es ermöglichen, dass die über 50 Bewohnerinnen und Bewohner während des Um- und Neubaus in ihrem gewohnten Umfeld bleiben und betreut werden können.

Seit Freitag sind die 2450 Tonnen auf Rollen reisebereit. Foto Norbert Bossart
Blick unter das Gebäude, das heute Mittwoch gezügelt wird. Foto Norbert Bossart

Bereits Fabrik, Teufelsstein oder Tunnelbohrmaschine verschoben

Durchgeführt wird die Verschiebung von der Firma Iten AG  aus Oberägeri. Die Zuger Unternehmung hat reichlich Erfahrung mit tonnenschweren Zügelten. Sie hat bereits über 500 erfolgreich gemeistert. So transportierte sie einst den Urner Teufelsstein oder die ehemalige Maschinenfabrik Oerlikon. Jüngst verschob die Iten AG eine 2'000 Tonnen schwere Tunnelbohrmaschine im Bötzberg um 100 Meter und die fast gleich schwere weisse Villa in Mulegns (GR) am Julier, um der Strasse mehr Platz zu machen.

 

Die Geleise auf denen der Heimbau rollt. Foto Norbert Bossart

«Die Schötzer Heim-Zügelte ist für uns eine echte Herausforderung», sagt Kurt Brülhart, Geschäftsführer der Iten AG. «Denn es galt die baulichen Vorarbeiten innert nur dreier Monate zu erledigen – wobei gleichzeitig die Aufrechterhaltung des Heimbetriebs garantiert werden musste. Zudem erschwerte die Covid-Krise das Schaffen vor Ort.» WB-Leser wissen: Das Heim hatte Ende letzten Jahres massiv viele Covid-Fälle.

Das Hydraulikaggregat um 9.12 Uhr gestartet. Seine Druckleistung: 300 bar, was einer Wassersäule von 3 Kilometern entspricht. Foto Norbert Bossart
Die Arbeit der Presse wird überprüft. Foto Norbert Bossart

2450-Tonnen-Last, vier Pressen und 300 bar Schubkraft

Auf Rollen bewegt die Iten AG an diesem Mittwochmorgen eine riesige Last. 2450 Tonnen schwer ist der Bau. Um dieses Gewicht zu transportieren, wären über 82 Sattelschlepper vonnöten, Stossstange an Stossstange aneinandergereiht ergäbe dies eine über 1400 Meter lange Lasterkolonne. Bei der Heimverschiebung auf Rollen wird mit einem Reibungswiderstand von einem Prozent gerechnet, theoretisch nötig wäre demnach ein Schub von 24.5 Tonnen. Im Einsatz stehen jedoch vier Pressen mit einer Schubkraft von je 20 Tonnen. Angetrieben werden sie durch ein Hydraulikaggregat mit einem Druck von 300 bar. Die Druckleistung entspricht einer Wassersäule von 3000 Metern.

Zentimeter um Zentimeter rückt das Heim westwärts. Nach 10 Minuten Schub ist das Heim bereits um einen Meter westwärts gerollt. Zügig geht die Reise weiter.

Die Verschiebung wird nach wenigen Minuten deutlich erkennbar. Foto Norbert Bossart
11 Uhr: Es verläuft alles nach Plan von Bauleiter Felix Sager. 11 Meter der 27-Meter-Zügelte sind geschafft. Foto Norbert Bossart

Hinter dem Tagesablauf steckt ein Jahr Arbeit

Organisiert und dirigiert wird die Gebäudeverschiebung von Felix Sager. Der 40-Jährige ist für die Willisauer Massplan AG für die Projekt- und Bauleitung des neuen Heims zuständig. Sager ist für die eintägige Verschiebung seit einem Jahr am Werk. «Aufwendige Vorarbeiten waren nötig», wie er vor Ort berichtet. In einem ersten Schritt räumten die Bauarbeiter im Spätsommer die Gartenanlage weg. Nach einem Aushub erstellte die Firma Iten Betonstreifen-Fundamente für die Schienen, fräste den Anbau horizontal auf und sattelte ihn auf die Gleise. Seit letztem Freitag sind die 2'450 Tonnen auf Rollen reisebereit. Bereits am Montag fand ein erfolgreicher Testschub statt, dabei wurde das Gebäude 14 Zentimeter vor- und wieder zurückverschoben.

 

Pflegerin und Bewohnerin beobachten den Stand der Verschiebung um 11.10 Uhr mit Blick in Richtung Egolzwil. Foto Norbert Bossart

Für die laufende Verschiebung hat Felix Sager all die wichtigsten Schritte in einem Tagesablauf zusammengefasst. So listete er auf einem A4-Blatt übersichtlich auf, wer, wann für welche Tätigkeit verantwortlich ist. Stromleitungen und Wasseranschlüsse kappen und wieder anschliessen, Öffnungen schliessen, Fassade abdichten, Heizung wieder in Betrieb nehmen: Vom Stromer Koch über den Holzbauer Bättig und Sanitär Graf bis hin zum Dackdecker Kneubühler – ein jeder beteiligter Handwerksbetrieb ist im Bild, wann sein Einsatz gefragt ist. «Die Zusammenarbeit klappt bestens», stellt Felix Sager mit Blick auf die Baustelle fest. Wie wahr.

Stromer Bruno Koch an den Vorbereitungsarbeiten, damit am Abend alle wieder Licht im Zimmer haben. Foto Norbert Bossart

Die rund 20 Arbeiter auf der Baustelle harmonieren wie die Rädchen in einem Uhrwerk. Wertvolle Dienste verrichten zudem 35 Männer der Zivilschutzorganisation Wiggertal im Heim und rund um die Baustelle während ihrem extra für die Verschiebung angesagten einwöchigen WK. Stand der Verschiebung um 11 Uhr: Innert zweier Stunden sind bereits 11 Meter der 27-Meter-Distanz geschafft. Um 13 Uhr hat das Gebäude 22 Meter zurückgelegt. Und um 13.49 Uhr ist der Anbau an seinem neuen Platz. Die Projektverantwortlichen strahlen, Fotografen halten den besonderen Moment fest, die Bauarbeiter gratulieren sich coronakonform mit der Faust. «Ein wichtiger Moment und Meilenstein!», sagt Stefan Wülser, Geschäftsführer der Mauritiusheim AG. Seine Erleichterung ist hörbar. «Wir sind damit dem Baustart des neuen Alters- und Pflegeheims näher gerückt!»

Norbert Bossart

Eine ausführlichere Reportage samt Zusatzinfos ist in der Freitagausgabe zu lesen!

Der neue Standort ist erreicht. Foto Norbert Bossart
Die neue Ansicht in Richtung Egolzwil. Foto Norbert Bossart
Die Arbeiter gratulieren sich zur geglückten Verschiebung. Foto Norbert Bossart

Geschäftsführer des Heims verliert Wette gegen Bauarbeiter

Mit auf Reise ging auch ein volles Rotweinglas und eine Kiste Wein. Die Abmachung: Bleibt das Glas bis zum Ende der Zügelte randvoll, lädt Mauritiusheim-Geschäftsführer Stefan Wülser die verantwortliche Iten-Belegschaft zu einem Essen und einem guten Tropfen ein, ansonsten erhält er die Kiste Wein von der Unternehmung. Und siehe da: Das Glas blieb randvoll – womit Wülser nun gefordert ist. -art.

Hier wurde die Wette vor der Verschiebung lanciert. Foto zog
Das Glas blieb während der Zügelte randvoll. Foto Norbert Bossart

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