Nachruf

21. Dezember 2023

Pius Gasser

Pius Gasser
Dagmersellen

Als viertes von fünf Kindern wurde Pius Gasser am 2. Juli 1935 im Restaurant Bahnhof in Dagmersellen geboren. Er verbrachte mit seinen Schwestern Mar­grith, Trudi, Liselotte und Martha eine sorgenfreie Kindheit. Während  des Zweiten Weltkriegs konnte sein Vater mehrheitlich zu Hause bleiben und sich um die Familie, den Bauernhof und das Restaurant Bahnhof kümmern. Mutter Emma war Wirtin mit Leib und Seele. Sie kümmerte sich um ihre Kinder, das Wirtshaus und die Gäste. Wenn es dem kleinen Pius trotzdem langweilig war, war ihm der Knecht Eduard Hunkeler oder eben «de Honkeler Ätti» treuer Kamerad.

Nach der Schulzeit wurde Pius nach Neuenburg ins Institut geschickt. Die anschliessende Lehre zum Koch absolvierte er in einem Restaurant in Grenchen. Weil der Lehrmeister mit ihm sehr zufrieden war, wurde ihm das Lehrgeld erlassen. Das war zu dieser Zeit noch nicht immer üblich. Für ihn war klar, dass er im Militär Motorfahrer werden wollte. In der Rekrutenschule in Sitten machte er eine Ausbildung zum Spezialmotorfahrer auf dem Artillerieschlepper Saurer M8. Danach ging er auf Lehr- und Wanderjahre. Im Hotel Montana in Luzern oder dem Hotel Acker in Wildhaus eignete er sich das Rüstzeug eines guten Kochs an. An der Weltausstellung 1958 in Brüssel war Pius als Koch dabei. Zwischen verschiedenen Saisonstellen war er zu Hause. Er half in der Küche im Restaurant Bahnhof und fuhr Lastwagen. Damals gab es in Dagmersellen und Umgebung viele Infrastrukturprojekte und erste Industriebetriebe wurden gebaut. So tauschte er den Kochlöffel immer öfter gegen das Steuerrad.

1964 war ein wichtiges Jahr. Das Restaurant Bahnhof wurde verpachtet, und im Oktober heiratete Pius seine grosse Liebe, Marie Kunz. Wie immer ging alles schnell. Bereits am 22. Februar 1965 wurde Tochter Ruth um 13.40 Uhr geboren. Um 15.30 Uhr fuhr er schon wieder Lastwagen. Am 16. Oktober 1966 wurde der erste Sohn, Pius, geboren. Weil gerade Sängerfest war und er neu zum Fähnrich gewählt wurde, wurde kräftig gefeiert. Am 21. Dezember 1968 und 10. Januar 1970 folgten die Söhne Markus und Eugen. Obwohl ihm die Familie wichtig war, kam diese meist hinter der Transportunternehmung, die er 1972 von seinen Eltern übernahm. Als erster ziviler Käufer erwarb Pius 1974 einen Vierachser.

Uns Kindern fehlte es an nichts. Unser Abenteuerspielplatz war unsere Garage, wo wir mithalfen, die Lastwagen zu reparieren. Im Winter waren wir oft im Sörenberg Skifahren. Fast jeden Sonntag gingen wir zusammen im Sagiwald oder bei unseren Grosseltern in Pfaffnau spazieren. 1980 musste sich unsere Mutter einer Herzoperation unterziehen. Leider war die Operation wenig erfolgreich. So musste seine geliebte Frau und unsere Mutter während fast zehn Jahren leiden. In diesen schwierigen Jahren haben wir Kinder bereits viel Verantwortung übernommen. Am 28. Februar 1988 starb Marie.

1989 heiratete Tochter Ruth. Am 10. Januar 1992 wurde Pius stolzer Grossvater von Severin. In den folgenden Jahren kamen die drei Buben Christoph, Adrian und Marcel dazu. Pius hat es immer sehr interessiert, wie sich seine Grosskinder entwickeln. Im Sommer 2003 stellten sich auch bei ihm Herzprobleme ein. Das machte eine Operation nötig. Anschliessend gab es immer wieder gesundheitliche Probleme, von denen sich Pius jedoch nicht aufhalten liess. Als Meilenstein für sein Unternehmen erhielt er 2006 nach Jahren Vorarbeit die Bewilligung für die Deponie in Buchs.

Kurz danach zog er in seine neue Eigentumswohnung an der Lindenzelg­strasse 4. Damit begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt: Er verkaufte die Geschäfte nach und nach an Markus. Nun verbrachte er viel Zeit im Wald auf dem Kreuzberg und war mit dem Velo im ganzen Wiggertal anzutreffen. Trotzdem hat er sich immer für die Geschäfte der Gasser AG interessiert. Er war, solange es ihm möglich war, täglich in seinem Büro. Im Wissen, dass Gesundheit nicht selbstverständlich ist, hatte er einen gut strukturierten Lebenswandel. Trotzdem trank er gerne ein gutes Glas Wein und liebte gutes Essen. Im Herbst 2021, während Corona, stellten sich ernste gesundheitliche Probleme ein. Er ass nicht mehr genug und wurde schwächer. Bald folgten Spitalaufenthalte und ein erster freiwilliger Eintritt ins Pflegeheim Eiche. Er konnte sich aber noch nicht ans Heim gewöhnen und kehrte zurück in seine Wohnung. Dann schlug  Corona hart zu. An Allerheiligen 2021 musste Pius ins Spital. Trotz grosser Selbstdisziplin musste er einsehen, dass es nun an der Zeit war, ins Pflegeheim einzuziehen. Dieser Schritt war ganz und gar nicht einfach.

Bald aber hatte sich Pius gut eingewöhnt. So ging er nach den Besuchen bei Ruth und Markus, nach den geliebten Ausflügen mit einem seiner Kinder immer wieder gerne ins Heim, das sein Zuhause geworden war. Einige Pflegerinnen und Pfleger schätzte er besonders und erwähnte sie immer wieder namentlich. Unser Vater hat gespürt, dass seine Kräfte schwinden. Am 28. Juli wollte Pius ins Spital. Wasser hatte sich in seinen Lungen angesammelt. Das Atmen ging nur noch schwer. Die Medizin konnte nur lindernd helfen. Am Sonntag, dem 30. Juli, kehrte er ins Heim zurück. Nach hingebungsvoller Pflege aller konnte er am Morgen des 3. August friedlich einschlafen. Unser Vater war eine prägnante, nicht immer einfache Person. Wenn ihm etwas nicht gepasst hat, hat er es gesagt. Er hat bis zuletzt den Blick nach vorne gerichtet. Er erkannte die Zeichen der Zeit und haderte nie. Fürchte Dich nicht vor dem langsamen Vorwärtsgehen, fürchte Dich vor dem Stehenbleiben.