Nachruf

12. September 2023

Marlies Roos-Rogger

Marlies Roos-Rogger
Geiss

Marlies Roos-Rogger ist am 15. Juni 1934 auf dem stattlichen Bauernhof Eschland in Ruswil geboren worden. Als älteste Tochter wuchs sie mit sechs Geschwistern auf, wobei der ältere Bruder als Kind an einer Blinddarmentzündung verstorben ist.

Von ihrer Kinder- und Jugendzeit in Ruswil hat Marlies ihr ganzes Leben lang gezehrt. Ihr Charakter wurde auf dem Eschland in der grossen Bauernfamilie geprägt. Die Zeiten während und nach dem Krieg waren karg und man hatte nicht viel Geld. Trotzdem hat sie auf dem Eschland viel Lebensfreude und grosszügiges Denken anderen Menschen gegenüber mitbekommen. Oft hat sie von lustigen Momenten beim Grasladen oder Mistverteilen erzählt und konnte Jahre später noch herzlich darüber lachen.

Nach der Schulzeit lernte Marlies in einem Herrschaftshaushalt in Engelberg nicht nur eine gepflegte Haushaltführung, sie musste sich auch auf Französisch verständigen. Während im Frühling an den Hängen von Engelberg die Bauern ihre Arbeiten aufnahmen, hätte sie Silberbesteck polieren sollen. Von diesem Moment an wusste sie, dass sie Bäuerin werden wollte, am liebsten aber nicht an ganz so steilen Hängen.

Wieder zurück in Ruswil begleitete sie Tierarzt Dr. Stirnimann auf seinen Stalltouren. Noch heute erinnern sich ältere Bauern rund um Ruswil an dieses Dream-Team, welches sich bei der Arbeit blind verstand und neben medizinischer Hilfe auch Heiterkeit in die Ställe brachte. So endete manch strenger Tag bei einem Kaffee am Küchentisch einer dankbaren Bauernfamilie.

Das Schicksal führte Tierarzt Stirnimann und seine Gehilfin Marlies Rogger auch nach Geiss in den Stall von Hans Roos. Dem jungen Bauer hat die Assistentin des Tierarztes sofort gefallen und so lud er sie nach Geiss an die Kilbi ein. So kam Marlies zu einem Bauern und Hans zu einer lieben und arbeitsamen Frau. In Geiss fand sich Marlies dann in einen grossen Haushalt mit Geschwistern ihres Mannes, Angestellten und den Schwiegereltern. Die Schwiegermutter führte ein strenges Regime und war noch lange nicht bereit, das Heft aus der Hand zu geben.

Marlies konnte sich mit dieser Situation abfinden und hat draussen mit ihrem Mann gearbeitet und einen grossen Garten gepflegt. Gartenhag an Gartenhag mit den beiden Nachbarinnen Alice Winiger und Hedi Stettler. Die drei Frauen haben sich bestens verstanden und im Garten sind lebenslange Freundschaften entstanden, welche Marlies sehr geschätzt hat.

Mit der Zeit sind die Kinder auf die Welt gekommen. Zuerst eine Marlis und dann ein Hans, wie das damals Mode war. Dann Ruth, Othmar, Toni, Anita und Karin. Unsere Mutter war eine fröhliche und tolerante Frau, welche uns sehr viel Vertrauen geschenkt hat. Sie hat uns in unseren Eigenarten akzeptiert und jedes Kind nach seinen Fähigkeiten gefördert und eingesetzt.

Die strengen Bauernjahre gingen und zusammen mit ihrem Mann hat sie sich sehr gefreut, als der älteste Sohn bereit war, den Bauernbetrieb zu übernehmen. Als die Familie von Hans und Bernadette grösser wurde, sind die Eltern ins Stöckli gezogen, bei welchem unsere Mutter beim Bau tatkräftig selber Hand angelegt hat. In das neue Haus nahmen sie auch ihre Schwiegermutter mit und haben noch viele Jahre für sie gesorgt.

Ihre Schwiegerkinder hat Mami jeweils sehr offen und herzlich in die Familie aufgenommen und sich darüber gefreut, dass die Familie immer grös­ser wurde. Schon bald sind die ersten Grosskinder auf die Welt gekommen. Sie wollte aber noch kein Grosi sein und deswegen hat die ganze Familie ihr bis zuletzt einfach nur Mami gesagt.

Für die fünfzehn Grosskinder hatte es immer Mami-Sirup in der Sonnmatt, Lindor-Kugeln und Zückerli. Mami hatte immer Freude, wenn die Leute in der Sonnmatt ein- und ausgingen und hat den Trubel jeweils genossen. Im Jahr 2016 ist ihr geliebter Hans gestorben. Das Beisein bei seinem Sterben hat ihr die Angst vor dem Tod genommen und sie hat sich mit der neuen Situation abgefunden.

Sich mit den gegebenen Umständen abfinden, das konnte sie ihr Leben lang sehr gut. Als sie nicht mehr Autofahren durfte, nahm sie halt das Velo. Als der Garten zu anstrengend wurde, freute sie sich an den Geranien. Als das Stricken mühsam wurde, hat sie gelesen oder Radio gehört und laut mitgesungen, wenn ein alter Schlager gespielt wurde.

Sie hat nicht gejammert. Nicht als bei ihr im Jahr 1992 ein Hirntumor festgestellt wurde und sie in der Folge davon auf einem Auge erblindet ist. Und auch die schwere Osteoporose hat sie angenommen und tapfer getragen.

Die Kraft für das Leben voller Arbeit und den vielen Herausforderungen hat Marlies Roos aus ihrem Glauben geschöpft. Der Besuch des Gottesdienstes war selbstverständlich und das Rosenkranzgebet war ihr heilig. Unendlich oft hat sie für ihre grosse Familie gebeten und im kleinen Chäppeli oder in der Kirche eine Kerze angezündet.

Als sie Pflege brauchte, hat sie auch diese ohne Klagen angenommen. Manchmal dachten wir gar, sie geniesse ein bisschen, dass sie jetzt nicht mehr für alle sorgen muss, sondern dass sich jetzt alle um sie sorgen. Sie hat auf alle Fälle den Arbeitsplan ihrer Nachkommen für ihre Betreuung auswendig gewusst und freute sich jeden Abend auf den Besuch eines ihrer Kinder oder Grosskinder. Kurz vor dem Tod wurde die Pflege für die ganze Familie dann aber zu anspruchsvoll und sie musste ins Heim Weiermatte zügeln. Ganz richtig angekommen ist sie dort nicht und wollte loslassen. Nach einem kurzen Heimaufenthalt durfte sie dann friedlich und im Beisein der Familie für immer einschlafen. Wir sind und bleiben ihr dankbar für all das Gute, das sie uns mitgegeben hat.

Erstes Jahrzeit: Samstag, 16. September 2023, 17.30 Uhr, Pfarrkirche St. Jakobus, Geiss.

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