Nachruf

26. Mai 2017

Hans Häfliger-Fischer

Fischbach

«Zum Leben gehört auch das Sterben», so beginnt der von Vater in den letzten Jahren selber verfasste Lebenslauf. Mit diesen Gedanken hat sich auch unser Vater für den ihm bestimmten letzten Weg vorbereitet. Er wünschte so sehr, nicht einen langen Leidensweg gehen zu müssen und friedlich einschlafen zu dürfen. Dieser vorausschauende Wunsch wurde ihm zum Teil erfüllt.

Unser Vater «Häfliger-Sepps Hans» wurde am 2. August 1927 im damaligen Rishafen in Fischbach geboren. Im Jahr 1929 kaufte sein Vater die Liegenschaft im Oberdorf, wo unser Vater mit fünf Geschwistern aufgewachsen ist. Er besuchte die Primarschule in Fischbach und die Sekundarschule in Zell. Sehr tragisch war der Verlust der Mutter, sie starb mit 41 Jahren an Krebs, als die sechs Kinder erst zwischen 9 und 15 Jahre alt waren. Während zwei Winterkursen absolvierte er die Landwirtschaftliche Schule in Willisau und anschliessend die Rekrutenschule in Luzisteig, Graubünden. Ein wichtiger Meilenstein in Vaters Leben war die Heirat im Jahr 1961 mit Margrith Fischer, Unterreiferswil. Die Freude war gross, als im Lauf der kommenden Jahre drei Söhne geboren wurden. Den Hof im Oberdorf, den er von seinem Vater 1963 übernommen hatte, führte er mit viel Elan und Organisationsgeschick. Damals gab es noch sehr viel Handarbeit, aber die landwirtschaftliche Mechanisierung hatte bereits stark zugenommen. Hier enden die von Vater selber erfassten Zeilen....

Da gibt es aber noch mehr zu erzählen. Unser Vater war nicht nur mit Leib und Seele Bauer, nein, er war auch ein innovativer Unternehmer gewesen. Er war am Morgen immer der Erste im Stall und hat am Abend als Letzter Feierabend gemacht und am Sonntagnachmittag war öfter noch Büroarbeit angesagt. Ja, es gab viel zu tun auf dem grossen und vielseitigen Bauernhof.

Während seiner aktiven Zeit als Bauer hat er Schritt für Schritt den ganzen Bauernhof neu gebaut, 1964 den Stall, 1972 die Schweinescheune, 1982 das Haus und 1988 noch die Scheune. Um mehr Milchertrag zu erzielen, standen auch bald einmal schwarze Kühe im Stall. So ist er, wie oben selber vermerkt, immer mit Elan bei der Arbeit gewesen.

Die wenige Freizeit, die damals neben der Arbeit verblieb, verbrachte er am liebsten im Kreise seiner Familie. Zum Beispiel bei einem gemeinsamen Jass oder bei einem «Nünistei», wo er nur schwer zu besiegen war.

Der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes war selbstverständlich und an den Nachmittagen wurden oft Verwandtenbesuche gemacht, war doch die Verwandtschaft gross und die Beziehung zu allen sehr gut. Aber auch eine Wallfahrt ins Luthern Bad stand regelmässig auf dem Programm.

Ein persönliches Hobby war das Singen. Beim «Schützenchörli Fischbach», so heisst der Verein auch heute noch, gehörte er zu den Gründungsmitgliedern und hat viele Jahre aktiv mitgesungen.

Ferien hat er während seiner aktiven Zeit als Bauer nicht gekannt. Da mussten z.B. ein paar Tage Flitterwochen im Tessin ausreichen, denn zu Hause rief die Arbeit. Ein einmaliges Erlebnis war eine zweiwöchige Landwirtschaftsreise nach Kanada, die er sich zusammen mit seinem Bruder Josef gönnte.

Politik, Wirtschaft und das allgemeine Weltgeschehen haben ihn immer sehr interessiert und er hat dies immer verfolgt. So gehörten die Nachrichten am Mittag und die Tagesschau am Abend zum täglichen Ritual. Auch am Esstisch wurde oft über Politik und allgemeine Nachrichten aus nah und fern diskutiert. Die Öffentlichkeit hat er nicht speziell gesucht. Wenn jemand benötigt wurde, engagierte er sich aber schon, z.B. als Präsident der Käserei­genossenschaft.

Nach der Hofübergabe an den ältesten Sohn Hans arbeitete Vater zuerst noch aktiv weiter. Durch die Abgabe der Verantwortung konnte er sich vermehrt neuen Themen widmen, für die er vorher keine Zeit hatte. Die Landwirtschaft lag ihm aber weiterhin am Herzen, sodass er mit seiner grossen Erfahrung seinem Sohn Hans gerne beratend zur Seite stand. Er kümmerte sich vermehrt um die Kirschen- und Obsternte und nahm sich der Gartenarbeit an. Seine Freude über schöne Früchte und guten Ertrag war jeweils gross. Das liebste Hobby aber waren seine Bienen. Viele Stunden verbrachte er mit Herzblut im Bienenhaus. Wenn wir bei ihm auf Besuch waren, gab er uns immer etwas aus der eigenen Produktion mit, z.B. Beeren, Obst oder auch ein Glas Bienenhonig.

In diesem Lebensabschnitt hatte er jetzt auch mehr Zeit für die Familie. So erfreuten ihn Besuche der Gross- und Urgrosskinder stets sehr. Er hatte zu allen eine gute Beziehung und interessierte sich stets für deren Entwicklung. Nun hatten Vater und Mutter auch mal Zeit, um eine Reise zu unternehmen. So machten sie Landwirtschaftsreisen in die benachbarten Länder, verbrachten eine Ferienwoche in Saas-Fee im Wallis oder unternahmen Wallfahrten nach Lourdes. Ein weiterer Zeitvertreib war die regelmässige Jassrunde mit seinen Brüdern und Kollegen.

Das Unternehmertum begleitete ihn auch im Ruhestand weiter, so haben ihn die Finanzmärkte immer interessiert, die er in der Zeitung regelmässig verfolgte. Auch Besuche von Generalversammlungen gehörten dazu.

Krank sein hat Vater in seinem Leben nicht gekannt. Erst im hohen Alter machten sich erste Altersgebrechen bemerkbar. Vor zwei Jahren haben ihn Schmerzen im Rücken und in den Beinen geplagt. Ein Spitalaufenthalt sollte Klarheit und Besserung bringen. Leider konnten die Gebrechen, hervorgerufen durch viele Jahre harte Arbeit, nicht mehr geheilt werden. Im Gegenteil, Vater kam nach einem einmonatigen Spitalaufenthalt im Rollstuhl nach Hause, die Kraft zum Gehen fehlte ihm. Diese Tatsache konnte er nur schwer verstehen, sodass er die Hoffnung auf Besserung nie aufgab.

Dank der Spitex und der Unterstützung der Familie konnten Vater und Mutter weiterhin zusammen zu Hause bleiben, was ihr grösster Wunsch war. Als ein Jahr später Mutter nach einem Sturz und darauffolgendem Spitalauf­enthalt auch stark pflegebedürftig wurde, erkannten unsere Eltern schweren Herzens, dass sie rund um die Uhr Pflege benötigten. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Waldruh Willisau fanden unsere Eltern ab Dezember 2015 im «Violino» in Zell ein neues Zuhause. Sie genossen jeden Tag die Zweisamkeit, die vielen Besuche, die gute Pflege und das feine Essen. Vater freute sich über jeden Kontakt, ganz speziell schätzte er jeweils einen Spaziergang im Rollstuhl durch die schöne Umgebung und die Natur in Zell, was für ihn eine grosse Abwechslung war. Einen Tag nach seinem 89. Geburtstag musste Vater wegen einer Lungenentzündung in Spitalpflege verlegt werden. Trotz täglichen Besuchen freute sich Vater sehr, als er nach drei langen Wochen wieder zu Mutter ins «Violino» zurückkehren durfte.

Doch die Freude war nur kurz, da machte sich eine weitere Organschwäche bemerkbar. Zurück im «Violino», nach einem weiteren kurzen Spitalauf­enthalt, schwand seine Lebensenergie zusehends. So ist Vater am Abend des 15. September 2016 im Beisein von unserer Mutter für immer eingeschlafen.

Wie hat Vater doch gesagt? Zum Leben gehört auch das Sterben.

In lieber Erinnerung, deine Familie