Wenn die Seele wandert

Über den Wolken fliegen, gegen Schlangen kämpfen oder vor Verfolgern flüchten: Im Traum passieren oft die unglaublichsten Dinge. Simon Muff setzt sich intensiv damit auseinander. Denn er ist überzeugt: Jeder Traum ist eine Botschaft unseres Unterbewusstseins. 

Ein Traumfänger in der Abendsonne. Foto Aline Berry, Pixabay
Chantal  Bossard

Simon Muff *, Sie sagen: Träume haben Bedeutung. Wieso?
Ich praktiziere schamanische Methoden. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig es ist, Körper, Geist und Seele in Balance zu halten. Die drei Instanzen bilden eine Einheit. Ich glaube: Träume sind Botschaften unseres Unterbewusstseins, unserer Seele. Botschaften, die uns helfen wollen, zu wachsen, zu heilen. Botschaften, die uns den Weg weisen
.
Das setzt aber voraus, dass die Botschaften verstanden werden. Doch Träume können verwirrend sein ...
Das stimmt. Deshalb nehme ich mir nach jedem Traum bewusst Zeit, das Erlebte zu analysieren. Ich erzähle die Träume etwa meiner Frau. Sie kann aus einer anderen Perspektive einen Blick darauf werfen – das nennt sich «Spiegeln». Gemeinsam lassen sich so die unterschwelligen Botschaften ausgraben. Ein Beispiel: Ich träumte, dass ich in einem Auto in der Tiefgarage sässe. Plötzlich stieg ein entfernter Bekannter ein. Das war unerwartet und löste in mir ein Gefühl von grosser Hilflosigkeit aus. Das Fazit nach dem Spiegeln: Ich darf nicht alles so nah an mich heranlassen, muss mich im Alltag besser abgrenzen und lernen, aktiv «Nein» zu sagen.

Das versuchten Sie dann umzusetzen.
Richtig. Passt man sein Verhalten nicht an, kann man keine Änderung erwarten. Ich nehme die Botschaften von Träumen ernst. Schamanisch gesehen, geht die Seele auf Wanderschaft. Alles, was dabei erlebt wird, ist relevant.

Haben Sie Tipps für Anfänger, wie sie das Geträumte einordnen können?
Es beginnt und endet nicht mit Traumdeutung. Sondern mit Selbstreflexion. Mit der Fähigkeit, nach innen zu sehen. Das mag jetzt banal klingen, kann aber durchaus herausfordernd sein.

Wie meinen Sie das?
Die Ablenkung von sich selbst ist überall. In ultrakurzen Videos, spannenden Krimiserien, kreativen Youtube-Channels. Der Mensch muss sich kaum mehr eine Minute mit sich selbst auseinandersetzen und alleine mit seinen Gedanken sein. Dabei wäre das essenziell, will man den Kontakt zu der eigenen Seele nicht verlieren. Ich bin überhaupt nicht missionarisch unterwegs, doch könnte ich einen Tipp geben, dann wäre es wohl: Zeit. Nehmt euch Zeit für euch. Weg von Bildschirmen. Gerade vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen ist das Tor zur eigenen Seele weit geöffnet. cbo

* Simon Muff, 42, arbeitet als Lehrer an der Kantonsschule Willisau, gibt Seminare zu Persönlichkeitsentwicklung und bietet zusammen mit seiner Frau Schwitzhütten an.

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