Sprüchli aus der Region, für die Region

Was Rang und Namen hat, nahmen die sechs Formationen am Sprüchliabend verlässlich auf die Schippe. Am meisten zündeten aber die Verse über regionalen Gesprächsstoff.

Töörscht & Sträggele, eine der einheimischen Gruppen am Sprüchliabend. Foto Thomi Studhalter
Ramon Juchli

Miteinander, aber auch übereinander herzhaft lachen zu können: Das versprach der Sprüchliabend am Montagabend. Dieser fand in sieben Restaurants und dem Rathaus statt. 697 Personen hörten sich die Verse und Witze von sechs Formationen sowie die musikalischen Einlagen an. Besonderen Anklang fand, wenn die Formationen vor der sprichwörtlichen eigenen Türe kehrten. Was in Willisau und Umgebung (schief) läuft, war ihnen gefundenes Fressen.

Das Duo «Töörscht ond Sträggele», alias Tony Steinmann und Hans-Peter Lötscher, widmete sich dem lokalen Geschehen am eingehendsten. Mit Klarinette und Handörgeli traten sie auf die Bühne und verkündeten, was ihnen alles zu Ohren gekommen sei. So sorgten etwa die leeren Ladenlokale in der Willisauer Altstadt für Versli-Material:

 

«Chörzlech hei mer zwei is Städtli Willisau wölle go shoppe,

ond hend üs gfrogt: Esch ächt do s Lädele öppe gli scho ganz verbotte?

Mänge Lade stoht do läär, ond es herrscht unheimlichi Rueh

ganz noch'em Motto à la Chappuis: 100 Johr, das esch jetzt gnueh!»

Töörscht & Sträggele konzentrierten sich auf lokale Geschichten. Foto Thomi Studhalter

Während die Chappuis AG an der Ettiswilerstrasse schliesst und Räume im Städtli ungenutzt bleiben, ist dazwischen, auf dem Wellis-Areal, Grosses geplant. Gar bis in den Vatikan strahle das Vorhaben:

 

«Zur Rettig vo de Chele muess nä Revolution gäh

fertig Papscht ond Rom, mer brächid, tüend die Chele öbernäh

drom bouid Stotz ond Peyer met em Herzog ond em de Meron

bi de Wellis statt es Städtli e' nöie Glanz-Franz-Peters-Dom»

 

In der Folge bekamen die Bauherren und weitere Willisauer Persönlichkeiten ihr Fett weg. Auch der Stadtrat musste dran glauben – das Gremium spiele an seinen Sitzungen «die Person wo zerscht öpis seid, muess go s'Znüni hole». Nicht unerwähnt blieb auch WB-Chefredaktor Stefan Calivers, dessen Kommentar über die Bauernlobby im Bundeshaus im vergangen Dezember für einen Aufschrei sorgte.

Im Unterschied zu anderen Angesprochenen war Calivers an diesem Abend nicht wie gewohnt selbst zugegen. Aufgrund Krankheit fiel sein Auftritt mit Valentin Kunz als Cali & Vali heuer aus.

In die Bresche sprang Elmar Birrer mit seiner Gitarre. Von Alperose bis Vogellisi: Seine Songs brachten das Publikum zum Singen und Schunkeln. Auch die angemeldete musikalische Formation, die Bronzmusig, heizte tüchtig ein. Die zehn Musikantinnen und Musikanten spielten partytaugliche Gassenhauer und verkündeten in den Ansagen humorvoll ihr «drittes Jubiläum innert fünf Jahren».

Handpuppe und Erfindungen: Sprüchlen der anderen Art

Zurück zu den «Sprüchli»: Die beiden Brüder «Flaschensepp» und Jules Rampini hatten sich als einzelne Nummern angemeldet, aber scheinbar gemeinsam das Kostüm ausgesucht. Doch während Flaschensepp als Sparschweinchen noch eine überdimensionierte Münze auf dem Kopf trug, hatte Rampini nebst seinem Schweinekostüm auch noch eine Schweine-Handpuppe dabei. Was die beiden boten, war «Sprüchlen» der anderen Art.

Flaschensepp als Sparschweinchen. Foto Thomi Studhalter

«Flaschensepp» stellte allerhand Erfindungen vor: Etwa einen künstlichen Zeigefinger, der sich ans Steuerrad montieren lässt, sodass man beim Autofahren grüssen kann – aber immer noch zehn Finger am Steuer behält. Die Inspiration dafür lieferte der «freundlichste Willisauer» Jörg Wisler, der in seinem Geschäftsauto stets auf alle Seiten grüsse.

Beide sprachen auch den Jahreskalender an, der jeweils dem WB beiliegt. Dieser enthielt 2023 ganze fünf (!) Adventssonntage. Jules Rampini trug seine «Sprüchli» in der Form der Kinder-TV-Serie über die beiden Schweinchen «Piggeldy und Frederick» vor. Diese machten am ersten Advent einen Ausflug nach Willisau.

 

«Piggeldy staunte über die üppige Weihnachtsbeleuchtung im Städtli. Dann entdeckte er einen Adventskranz und fragte seinen grossen Bruder verwirrt: ‹Frederick, warum brennen denn hier zwei Kerzen?› Frederick staunte und erklärte: ‹Es scheint, dass die Willi-Sauen einen anderen Kalender haben.›»

 

Der Aufforderung Rampinis, statt zu Lachen auch mal zu grunzen oder quieken, kam das Publikum gerne nach.

Jules Rampini adaptierte die Kinder-TV-Serie Piggeldy und Frederick. Foto Thomi Studhalter

Die erfahrenen Kräfte haben (noch nicht) genug

Klassischere Verse lieferten drei Formationen, die seit Jahren ein fixer Bestandteil des Abends sind: urbi@orbi aus Luzern, die Näbufrässer aus Malters und die Rätschwyber aus Zell.

Letztere legten Wert darauf zu erwähnen, dass sie seit 23 Jahren in den gleichen Deux-Pièces und mit der gleichen Melodie auftreten. Neu waren aber selbstverständlich ihre träfen Sprüche: Heuer übers Altern, den neuen Luzerner Regierungsrat, Künstliche Intelligenz oder die Panne beim Bundesamt für Statistik, das im Herbst zunächst falsche Wähleranteile bekanntgab.

 

«Mer empfähle de Stimmezähler, of die nächschte Wahle

Poschtid doch es Rächnigsmaschineli, oder no besser – e Zählrahme!»

 

Als «die drei Päpste» traten urbi@orbi auf. Wie bei den anderen Formationen durften auch bei ihnen die kirchlichen Themen nicht fehlen. Im vergangenen Jahr beschäftigten Missbrauchsskandale und sinkende Mitglied-zahlen die Katholiken. Aber auch den weltlichen Oberen schaute das Trio auf die Finger.

 

«Mir hend üs lang und breit überleit, öb de Regierig ou mou öppis abverheit.

De Reto schwimmt nur so im viele Gäld, die Nöie hend de beschti Job vo de Wält.

De Fäbu het immer es Strahle im Gsicht, das git leider nüt fürs fasnächtliche Gricht.

Mir verrate ihres Gheimnis, liebi Wähler – Wär nüd macht, macht ou kei Fähler!»

Urgesteine: die Rätschwyber.

Auf Abschlusstournee waren die Näbufrässer. Nach 13 Jahren hängt das Duo von Thom Gut und Peter Kempf bald ihre Mönchskutten an den Nagel. Ein letztes Mal lieferten sie «Sprüchli, gruusigi Wetz, ond Schnetzelbänk i Top-Qualität». Etwa über die neugewählte Nationalrätin Vroni Thalmann:

 

«Ds Vroni esch ez doch ou z'Bärn,

ou dank üsere Stimm.

Das z'kritisiere liegt üs fern,

das esch doch ned so schlimm.

Regierigsgschäft si kompliziert,

ond das scho vor em zmörgele.

Esch guet, wenn s'Vroni musiziert,

und dene z'Bärn eis örgelet.»

 

Die Abschiedsvorstellung der Näbu-frässer sorgte für Standing Ovations, gar eine Zugabe wurde verlangt – und auch geliefert. Wie Thom Gut im Vorfeld dem WB schrieb, habe er bereits ein Nachfolgeprojekt im Kopf. So bliebe ihm auch in den kommenden Jahren ein Platz am Sprüchliabend sicher – denn auch heuer wurde klar: Die Erfahrung zählt beim Verseschmieden viel. Und Nachwuchs drängt sich in diesem Metier bislang leider nicht auf.

Eine halbe Stunde vor Mitternacht ging der Abend zu Ende. Die Sprüchli blieben den Anwesenden aber bestimmt noch länger hängen – und die Erinnerungen werden auch am nächsten Morgen noch für ein Schmunzeln sorgen.

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