«Ohne Steuererhöhung ist 2027 fertig»

Steuern rauf und sparen, wo’s nur geht: Der Gemeinderat präsentierte Zahlen, die an der Gemeindeversammlung die Gemüter erhitzten. 50 von 70 Anwesenden stimmten Ja zum Budget.

Trotz Diskussionen fanden die Anträge des Gemeinderats an der Gemeindeversammlung grosse Mehrheiten. Foto Ramon Juchli
Ramon Juchli

«Jedes Hunderter-Nötli doppelt umgedreht» habe der Altbürer Gemeinderat im Budgetprozess, so Finanzvorsteherin Gisela Müller-Frischknecht. An der Gemeindeversammlung vom Dienstagabend in der Hiltbrunnenhalle führte sie aus: Die Gemeinde verteile «keine Goodies», könne «nichts vergolden.» Dennoch: Unter dem Strich bleibe 2024 ein Minus von 382 801 Franken.

Auch in den kommenden Jahren sind Defizite budgetiert, die Pro-Kopf-Verschuldung wächst weiter. Von heute 2425 auf 4357 Franken in 2026. Den Finanzhaushalt retten soll eine Steuererhöhung – um gleich 0.20 Einheiten auf 2.40. Harter Tobak für die 70 anwesenden Stimmberechtigten.

Zahlreiche aufgebrachte Voten stellten das Budget und die Steuererhöhung in Frage. Ist der Gemeinderat genug zu sparen gewillt? Konkret: Muss für einen neuen Traktor für Gemeindearbeiten wirklich 100 000 Franken investiert werden? Könnte sich die finanzielle Lage auch bei einer Steuererhöhung um 0.10 Einheiten schon entspannen? Ist bei diesen Zahlen die Eigenständigkeit der Gemeinde noch gewährleistet?

Und wahlweise: Malt der Gemeinderat schwarz? Oder betreibt er Schönfärberei, wenn er sagt, mit der Steuererhöhung komme es dann schon gut?

 

«Schlaflose Nächte» und notwendige Massnahmen

Gemeindepräsidentin Heidy Koffel-Bieri hatte eine «interessante Versammlung» angekündigt. Die Diskussionen sorgten für eine ebensolche.

Gemeinderätin Gisela Müller, von Beruf Fachfrau Finanzen bei der Gemeinde Roggliswil, verteidigte das Budget des Gemeinderats. «Wir haben Ausgaben von 200 000 Franken aus dem ersten Budget-Entwurf rausgestrichen», berichtete sie. «Schlaflose Nächte» habe der Prozess bei ihr ausgelöst. Der Spielraum für die Gemeindebehörden sei klein. Gut 80 Prozent des Gemeindeaufwands entfalle auf sogenannt «gebundene Ausgaben» – Beträge, die von Gesetzes wegen vorgeschrieben sind. Dies gelte besonders für die Bereiche Bildung und Freizeit sowie Gesundheit und Soziales. Diese belasten das Budget stark – schon mit den Ausgaben in diesen Bereichen seien die Einnahmen aufgebraucht.

Die Steuererhöhung sei eine erste Massnahme, um die Finanzen wieder ins Lot zu bringen. Damit könne das Defizit im kommenden Jahr um gut 243 000 Franken vermindert werden. Natürlich wolle auch der Gemeinderat die Steuern nicht anheben nicht – aber dies sei dringend notwendig geworden. «Ohne Steuererhöhung ist 2027 fertig. Dann ist unser Eigenkapital aufgebraucht.» Dieses steht, ohne Spezialfinanzierungen, momentan bei gut 2,2 Millionen Franken.

Während in der angrenzenden Turnhalle Kinder und Jugendliche sich bei Spiel und Sport vergnügten, standen die Erwachsenen vor einer wegweisenden Entscheidung. Ein Votum brachte es womöglich auf den Punkt: Noch schlimmer als die Steuererhöhung wäre für die Bevölkerung und die Gemeinde, ohne Budget weitermachen zu müssen. Schliesslich stimmten 50 von 70 Anwesenden für den Antrag des Gemeinderats.

Heidy Koffel dankte für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, das augenscheinlich doch recht angekratzt war. Koffel versicherte, man nehme die Lage äusserst ernst und werde alles daran setzen, die Finanzen in Ordnung zu bringen. «In den letzten Jahren sind Fehler passiert. Wir geben uns alle Mühe, diese aufzuarbeiten.»

Holt Vergangenes die Gemeinde ein?

An der Gemeindeversammlung stachen zwei «Altlasten» besonders heraus, welche die Gemeinde nun beschäftigen.

Für die Aufarbeitung des Gemeindearchivs durch eine externe Firma budgetiert Altbüron 2024 eine Investition von satten 98 000 Franken. «Über Jahre wurde das Archiv unübersichtlich geführt», erklärte Gisela Müller. «Das holt die Gemeinde nun wieder ein.» Die eingeholten Offerten für das Projekt seien nun höher ausgefallen als erwartet. Aber auch bei dieser Ausgabe gebe es für den Gemeinderat wenig Spielraum. Die Arbeiten müssen gemacht werden: Momentan entspreche das Archiv den gesetzlichen Vorgaben nicht.

«Erschrocken» sei der Gemeinderat bei der Besprechung bisheriger Pläne für eine neue Gemeindeverwaltung. Diese beschrieb Gisela Müller als «vielleicht etwas grössenwahnsinnig». Der Gemeinderat fasst nun eine Sanierung am aktuellen Standort ins Auge. Vorgesehen ist dafür eine Investition von 350 000 Franken – aber erst 2025. Damit verkommt das Projekt vom Prestigevorhaben zu einer Sanierung von vielen.

Für eine mögliche Erweiterung der Verwaltung hatte der damalige Gemeinderat 2021 ein Nachbargrundstück mit dreigeschossigem Bau gekauft. Kostenpunkt: 770 000 Franken. Auch der bereits 2019 getätigte Landkauf eines Grundstücks im Gebiet Hiltbrunnen für 1,115 Millionen Franken wurde mit Blick auf den jetzigen Spardruck in einigen Voten kritisiert.

Nach den Informationen aus den Ressorts, die einen spontanen Antrag hervorbrachten, (siehe Kasten), wünschte Gemeindepräsidentin Heidy Koffel eine «besinnliche und ruhige Adventszeit». Wie ruhig es in Altbüron in den kommenden Jahren bleiben wird, muss sich nun zeigen – wie Koffel sagte, sei die Gemeinde nun «stark gefordert».

Zu vergangenem Antrag berichtet, neuen entgegengenommen

Informationen Aus ihren Ressorts berichteten die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte von Altbüron über laufende Projekte. Dabei kam es zu einem Antrag aus der Bevölkerung zum Thema Glasfaser – jener zur Gastronomie wurde ausführlich beantwortet.

 

Zusammenarbeit mit Swisscom

Bauvorsteher Andreas Meyer äusserte sich zunächst zu «Prioris». Das regionale Glasfaser-Projekt scheint sich momentan nicht weiter zu konkretisieren, der im Herbst ausgerufene «Marschhalt» besteht nach wie vor (der WB berichtete mehrmals). Im Budget 2024 hat Altbüron keinen Betrag für das Projekt bereitgestellt.

Die Swisscom möchte in Altbüron im Gebiet Kreuzmatte einen Sendemast aufstellen. Dieser soll 25 Meter hoch werden – etwa doppelt so hoch wie das Nachbargebäude. Der Gemeinderat hat der Swisscom einen Alternativstandort im Raum Blatten vorgeschlagen. Dort störe der Mast das Sichtfeld weniger. Zudem müsste die Swisscom dadurch Leerrohre bis Blatten ziehen, was der Infrastruktur noch zu Gute kommen könnte.

Nach diesen beiden Informationen kam es zu einem Antrag aus der Versammlung: Der Gemeinderat soll mit der Swisscom abklären, ob sich in einer Kooperation die Glasfasererschliessung realisieren lassen würde. Der Antrag wurde von einer grossen Mehrheit angenommen.

Im Hochwasserschutzprojekt Meichten-Sonnenbühl-Gass bis Rotbach sind noch zwei Einsprachen beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hängig. Es könnte «noch Anpassungen geben», aber das Projekt werde umgesetzt.

 

Bauen und Schule

Andreas Meyer informierte weiter zu privaten Bautätigkeiten. Für das Projekt «Wohnen am Büelbach» liegt ein Gestaltungsplan vor. Die geplante Überbauung bewegt die Bevölkerung: Die Gebäude werden viel höher als die umlegenden Einfamilienhäuser sein. Der Gemeinderat verwies darauf, dass er keine Handhabe hat, Bauprojekte zu beeinflussen, welche die gesetzlichen Auflagen erfüllen. Mit Blick auf die klammen Finanzen sei es wünschenswert, neue Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Gemeinde zu gewinnen.

Die Schule Altbüron führt eine neue Kommunikationsapp ein. «Klapp» heisst sie und soll Whatsapp und Mail ersetzen. Die Eltern erhalten auf diesem Weg alle Informationen, die ihr Kind betreffen.

In diesem Schuljahr steht in der Schule Altbüron zudem die externe Evaluation an.

 

Zukunft der Gastronomie

Zum Schluss besprachen Gemeinderat und Versammlung einen Antrag von Livia Meyer, den sie an der letztjährigen Budgetversammlung vorbrachte. Der Gemeinderat solle prüfen, inwiefern Altbüron die Gastronomie aktiv fördern könnte. Die ehemaligen Restaurants Kreuz und Linde sind seit Längerem nicht mehr in Betrieb. Das «Café Chäppeli»  hat zwei Mal in der Woche geöffnet.

Heidy Koffel und Faik Fetahi führten im vergangenen Jahr diverse Abklärungen durch, wie das Gastronomie-Angebot ausgebaut und eventuell unterstützt werden könnte. So ging der Gemeinderat etwa auf den Fussballclub Algro zu, der eine Clubbeiz betreibt. Könnte diese ein Lokal für die ganze Bevölkerung werden? Der FC Algro sagte ab, da er selbst bald auf der Suche nach einer neuen Wirtin oder einem neuen Wirten ist. Hoffnung setzt der Gemeinderat in die bereits angesprochene Überbauung Büelbach. Dort sei Stand heute ein Restaurant, Bistro oder Treffpunkt ähnlicher Art geplant. Wann dieser eröffnet werden könnte, steht jedoch noch in den Sternen.

Der Gemeinderat forderte die Bevölkerung dazu auf, den bestehenden Betrieb im Café Chäppeli fleissig zu besuchen. Momentan könne die Gemeinde in der Entwicklug der Gastronomie unterstützen, vermitteln, aber nichts finanzieren. «Uns liegt viel an einem Treffpunkt für Altbüron, aber wir können diesen nicht hinzaubern», so Heidy Koffel.

Ramon Juchli

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