Soll die produzierende Landwirtschaft einen Platz haben? Replik auf den „Brief aus dem Kantonsrat“ von Toni Graber
In seinem „Brief aus dem Kantonsrat“ äussert Herr Graber die Befürchtung, dass eine produzierende Landwirtschaft wegen der „Ökologie“ keinen Platz mehr finde. Ich kann Herrn Graber versichern, dass auch wir Naturschützer hinter dem Anliegen stehen, die produzierende Landwirtschaft zu erhalten. Unsere Landwirte sollen gesunde Lebensmittel aus einheimischer Produktion bereitstellen und zu fairen Preisen verkaufen können. Allerdings haben wir auch das Anliegen, dass dies auf nachhaltige Weise geschieht.
Noch in den 1990er-Jahre wurde von vielen Luzerner Landwirten jeder Quadratmeter intensivst genutzt. Pflanzenarten wie Wiesensalbei oder Margeriten fand man in weitem Umkreis nur noch in Restbeständen. Das Zirpen der Feldgrillen war in der Wauwiler Ebene weitgehend verstummt. Seither haben die meisten Landwirte und auch einige Landwirtschaftspolitiker gelernt: Eine nachhaltige Bewirtschaftungsweise und eine angemessene Menge an Biodiversitätsförderfläche sind einer nachhaltig produzierenden Landwirtschaft nicht hinderlich, sondern eine Voraussetzung dafür. Gerade die sensiblen Torfböden der Wauwiler Ebene fordern eine schonende Wirtschaftsweise, sonst bauen sie sich weiter ab und können von kommenden Generationen nicht mehr genutzt werden. Biodiversitätsförderflächen wie Extensivwiesen sind äusserst bodenschonend.
Als Projektleiter des Vernetzungsprojekts Wauwiler Ebene kann ich viele der von Herrn Graber aufgeworfenenen Fragen beantworten und einige seiner Aussagen mit Fakten oder Erläuterungen ergänzen:
Das Naturschutzgebiet Wauwilermos wurde seit den 1960er-Jahren schrittweise vergrössert, von anfänglich 6 ha auf heute 16 ha. Dazu muss man wissen, dass das Naturschutzgebiet grösstenteils Flächen umfasst, welche selbst von den tüchtigen Kulturingenieuren der 1960er-Jahre als „kaum meliorierbar“ eingestuft wurden, weil sie einfach zu tief liegen.
Alle ausserhalb des Naturschutzgebiets (Reservat) getätigten Massnahmen erfolgen freiwillig im Rahmen des Vernetzungsprojekts, welches von den umliegenden Gemeinden getragen wird. In der Wauwiler Ebene (zwischen Sursee und Schötz) existieren, 63 ha extensiv genutzte Wiesen (davon wurden 26 ha als standortgerechte Blumenwiesen neu angesät). Zusammen mit den anderen Typen von Biodiversitätsförderflächen haben diese Wiesen einen Anteil von 12.1% an der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Viele Flächen erreichen Qualitätsstufe II womit die Landwirte von höheren Direktzahlungen profitieren. Aus den bekannten Flächenzahlen kann man leicht die Summe der Biodiversitätsbeiträge errechnen, welche pro Jahr an die Gesamtheit der Landwirte der Wauwiler Ebene ausbezahlt wurde. Im Jahr 2018 waren dies 506‘057 Franken. Die Schweizerische Vogelwarte, welche sich seit Jahrzehnten für die Verbesserung der ökologischen Situation einsetzt, erhält von den Gemeinden einen Beitrag, welcher etwa 30% der Unkosten deckt, vom Bund gar nichts.
Durch die Schaffung von Kleingewässern und Weihern wurden nirgends Drainagen zerstört. In einigen Fällen wurden Schieber in Drainageschächte eingebaut, damit der Wasserstand in den Kleingewässern reguliert werden kann.
Die Vogelwarte verwaltet Pachtland in der Wauwiler Ebene. Es handelt sich um insgesamt 10 ha im Schötzer Moos, die im Rahmen der Neuzuteilung des ehemaligen „Raffinerielandes“ im Jahr 1999 zugeteilt wurden. Als Auflage wurde damals formuliert, dass ansässige Landwirte dieses Land zur nachhaltigen und biodiversitätsfördernden Nutzung zur überlassen wird. Dafür zahlt die Vogelwarte dem Kanton einen Pachtzins. Genau gleich hoch ist der Pachtzins, den die Vogelwarte von den Unterpächtern verlangt. Für die Vogelwarte ist dies somit finanziell ein Nullsummenspiel.
Newsletter
Melden Sie sich hier kostenlos für unseren Newsletter an und erhalten Sie die neusten Nachrichten aus der Region Willisau, dem Wiggertal, dem Kanton Luzern und Sport regelmässig am Morgen in Ihr E-Mail-Postfach.
Anmelden
Kommentieren & mitreden
Sie wollen diesen Artikel kommentieren? Kommentieren Sie sachlich, respektvoll. Wir freuen uns.
Hier registrieren und vollen Zugang erhaltenSie haben bereits ein Konto ?
Zur Anmeldung