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Leitartikel im Willisauer Bote vom 20.11.20 zur Konzernverantwortungs-Initiative

Jürg K. Schertenleib

Im Artikel sind zwei Aspekte interessant:

a) wie kam es zu diesem Gegenvorschlag?

Der Nationalrat hat mehrmals einem griffigen Gegenvorschlag zugestimmt, der zwar nicht so weit ging wie die Initiative, aber zu deren Rückzug geführt hätte. In der letzten Parlamentsphase hat Bundesrätin Karin Keller-Sutter – entgegen aller Usanz - den nun noch zur Diskussion stehenden Gegenvorschlag eingebracht, der die Handschrift von Economiesuisse trägt. Damit kam es zum Hin du Her zwischen den beiden Räten. Es wäre für die Konzernvertreter natürlich wesentlich schwieriger gewesen, einen vom Parlament ausgearbeiteten Gegenvorschlag zu bekämpfen. Bei einem allfälligen Referendum hätte zudem das Ständemehr keine Rolle gespielt – bei der Initiative könnte das matchentscheidend sein. Alles in allem ein genialer Schachzug von Ständerat Noser, der bei vielen Gegnern der Initiative an vorderster Front mitmischt.

b) Inwiefern sind auch KMU betroffen?

Die Abstimmungsbotschaft sagt dazu (S. 12): „… daher ist auch unklar, wie viele Schweizer Unternehmen von den Folgen der Initiative betroffen wären.“ Trotzdem formuliert succèsSuisse munter: Die Konzernverantwortungs-Initiative trifft über 80‘000 Schweizer Firmen.

Diese Aussage von succèsSuisse basiert auf einer Studie von Sotomo. Diese Studie bezieht sich aber auf den Gegenvorschlag des Nationalrats, der gar nicht mehr zur Diskussion steht und nicht auf den Initiativtext. Zudem geht es um eine Schätzung von potentiell betroffenen Firmen und nicht von tatsächlich betroffenen Firmen.

Im genannten Gegenvorschlag bildet vor allem das Kriterium der Risikosektoren Grund für die hohe Zahl von betroffenen Unternehmen. Hier wird auf eine OECD-Definition Bezug genommen, da der Gesetzesentwurf die Risikotätigkeit und auch die Einschränkung „grosse Risiken“ nicht definiert. Gemäss OECD fallen unter diesen Begriff 4 Wirtschaftssektoren:

Wertschöpfungskette des Agrarsektors, des Rohstoffsektors, des Textilsektors sowie der Finanzsektor.

Sotomo schreibt im Gutachten dazu: Ob die potentiell betroffenen Firmen tatsächlich darunterfallen, hängt vom Grad des Einflusses auf ausländische Wertschöpfungsketten ab, die jedoch nur im Einzelfall geprüft werden kann. Sotomo hätte da auch annehmen können, dass Mikrounternehmen keinen Einfluss auf ausländische Wertschöpfungsketten haben, bzw. keine grossen Risiken beinhalten, was sofort ein anderes Bild ergeben würde.

Von den genannten potentiell betroffenen Unternehmen sind nämlich 80% (64‘391) solche Mikrounternehmen mit 1 bis 9 Beschäftigten, weitere 15 Prozent sind kleine Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten. Konkret fallen darunter zum Beispiel 1701 Mikrobetriebe im Bereich Herstellung von Bekleidung. Die meisten Betriebe haben 3 oder weniger Vollzeitbeschäftigte. Ist das nun der Schneider oder die Schneiderin um die Ecke, der als Teil des Risikosektors betreffend Menschenrechte und Umweltrisiken mitgezählt wird? Doch diese Argumentation verfängt: Der Schweiz. Bäcker-Confiseurmeister-Verband, auch ein Bereich mit vielen Kleinbetrieben, spricht sich wie viele andere Gewerbetreibende aus Angst vor Einbezug gegen die Initiative aus.

Hier wird deshalb mit sehr fragwürdigen Zahlen operiert. Sogar unsere Bundesrätin hat damit argumentiert. Wie im Leitartikel erwähnt können die KMU deshalb der Umsetzung der KVI gelassen entgegenblicken. Die grossen Firmen dagegen werden mit der Initiative verstärkt in die Pflicht genommen

 


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