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Wiggertal

Ein kleiner Schacht mit grosser Wirkung

Wer sich nicht achtet, wird den Metall­deckel an der Kantons­strasse zwischen Reiden und Dagmersellen leicht übersehen. Unter ihm befindet sich jedoch eine Anlage, die mitunter der ganzen Region eine schier unerschöpfliche Wasserquelle erschliesst.

Stefan Bossart, Redaktor

Deckel auf: Durch die rund ein Meter grosse Öffnung gehts via Leiter vier Meter unter Tage. Hier, im 12 Quadratmeter grossen Raum, kommen sie zusammen: Die drei Rohre, dank denen sich die Brunnengenossenschaften Reiden, die Dorfbrunnengenossenschaft Dagmersellen sowie die Wasserversorgung Langnau-Richenthal die Schieber öffnen und sich in Notfällen mit kostbarem Nass aushelfen können. Mehr noch. Mit dem Schacht unweit der Kantonsstrasse zwischen Dagmersellen und Reiden ist die letzte Lücke geschlossen, sind die Wasserversorgungen von Alberswil bis hinunter nach Wikon miteinander verbunden (siehe Karte unten). «Ein historischer Moment», wie Wasserversorgungsingenieur Michael Kurmann von der Dagmerseller Tagmar AG  an der Einweihungsfeier des fertiggestellten Bauwerks am Freitagabend sagte. Mitunter auch, weil es sich bei «diesem Puzzleteil» um ein sehr Gewichtiges handelt. Letztlich ermöglicht der Verbundsschacht die bessere Nutzung eines Quellgebietes, das in unserer Region seinesgleichen sucht.

 

Eine Brunnenstube, die das Wasser sprudeln lässt

 

An der vollen Brunnenstube bei den Quellfassungen zwischen dem ehemaligen Richenthaler Kurhaus und der Sägerei von Roman Morgenthaler – daran konnten selbst die sehr trockenen Sommer 2003, 2008 oder 2022 nichts ändern.  Unermüdlich sprudeln hier pro Minute 600 Liter und damit umgerechnet vier bis fünf Badewannen Wasser aus dem Hang. Bis anhin fliesst ein grosser Teil davon in den Huebbach ab. «Mit dem neuen Verbund lässt sich das Wasser nun nicht mehr nur in Richenthal und Langnau nutzen, sondern es kann auch nach Reiden und Dagmersellen geliefert werden», sagt der Präsident der Brunnengenossenschaft Reiden, Daniel Wälchli. Wie bis anhin hätten die einzelnen Wasserversorgungen dabei das Heft fest in den  Händen. «Von eigenen Wasser gespiesene Reservoire und eigene Leitungsnetze – sie sorgen für jene Krisenresistenz, die dank regionalen Verbünden zusätzlich erhöht wird.» Ob bei einem technischen Defekt eines Pumpwerks, der Verunreinigung einer Quelle, einem Grossbrand oder anhaltender Trockenheit – insbesondere in Notfällen kann einander über die Gemeindegrenzen hinweg ausgeholfen werden.

 

Dem Regierungsrat einen Schritt voraus

 

Michael Kurmann blickte an der Eröffnung des neuen Verbundsschachtes auf dessen Entstehungsgeschichte zurück. Im Frühling begannen die Arbeiten, für die insgesamt 1270 Meter Leitungsrohre verlegt und deren 510 Meter ersetzt wurden. Dafür mussten unter anderem das SBB-Bahntrassee und Kantonsstrasse unterstossen werden. Mit der CKW konnten die drei Wasserversorgungen für das 550 000 Franken-Projekt eine weitere Partnerin hinzugewinnen, welche die Grabarbeiten für den Ausbau ihres Leitungsnetzes nutzte.

 

Während andere Regionen von einem solch weitläufigen Wasserverbund noch träumen, ist er im Wiggertal bereits Tatsache. So wie es die Regionalverbände Luzern West, zofingenregio und Sursee-Mittelland sich zum Ziel gesetzt und im regionalen Teilrichtplan Wasserversorgung festgelegt haben. «Unsere Region ist sehr gut aufgestellt. Dies haben wir insbesondere der Weitsicht der einzelnen Versorger zu verdanken, die proaktiv unterwegs sind», sagt Michael Kurmann gegenüber dem «Willisauer Bote» und fügt an: «Obwohl der Teilrichtplan erst nach der im Sommer zu erwarteten Genehmigung durch den Regierungsrat behördenverbindlich wird, sind viele der Ziele bereits umgesetzt oder in Planung»

Es wird weiter in die Hände gespuckt

 

Sich auf den Lorbeeren ausruhen liegt laut Kurmann mit Blick auf die klimatischen Veränderungen und das anhaltende Bevölkerungswachstum jedoch nicht drin. Auch im unteren Wiggertal stehen weitere Projekte an, um die Versorgungssicherheit künftiger Generationen langfristig gewährleisten zu können und die dafür nötige Zusammenarbeit zu optimieren. Das wohl gewichtigste ist der geplante Bau eines neuen Hochzonenreservoirs auf der Huebäbni zwischen Richenthal und Altishofen, über dessen Baukredit die Reider Stimmberechtigten voraussichtlich im kommenden Frühling an der Urne entscheiden werden – sofern sich die letzten Unklarheiten mit den involvierten Dienststellen des Kantons bereinigt werden können. Klappt alles nach Plan, soll es Ende 2026/Anfang 2027  in Betrieb gehen. Einerseits würde es die in die Jahre gekommenen Reservoirs der Wasserversorgung Langnau-Richenthal im Gugger, Altental und Elbach ersetzten. Andererseits liesse sich mittels des ebenfalls geplanten Pumpwerks das Quellwasser aus dem bereits erwähnten Richenthaler Gebiet Sagi auf jene Höhenlage bringen, um es mit optimalen Druckverhältnissen sowohl ins Leitungsnetz von Langnau und Richenthal als auch in jenes von Reiden, Dagmersellen und neu auch Altishofen einspeisen zu können.

Grundwasser hat sich erholt

 

Er ist die «Lebensversicherung» vieler Wasserversorgungen: Mit wenigen Ausnahmen können Gemeinden im gesamten Lesergebiet

 

via eigenes Pumpwerk oder via Verbund auf den Grundwasserstrom zurückgreifen. Zwischen Dagmersellen und Reiden weist dieser beispielsweise eine Breite von 1000 bis 1500 Meter auf und ist 10 bis 20 Meter mächtig.

 

Dem nach wie vor als beinahe unerschöpflich geltenden Wasservorkommen im Boden zugesetzt haben die immer häufiger auftretenden Trockenperioden. So sank der Grundwasserstrom im vergangenen Sommer um rund drei Meter. Ein Defizit, welches dank des regenreichen Frühlings nun wieder wettgemacht ist. «Der Speicher ist voll, die Sommertage dürfen kommen», sagt Michael Kurmann von der Dagmerseller Planungsfirma Tagmar AG und betont im gleichen Atemzug: «Es gilt sowohl quantitativ als auch qualitativ Sorge zu unseren Ressourcen zu tragen.» bo.

 


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