KMU-Verband erklärt seine Wahlstrategie

Am Mittwoch hat sich der kantonale KMU- und Gewerbeverband zur Delegiertenversammlung in Altbüron getroffen. Neben den statutarischen Geschäften drehte sich vieles um die bevorstehenden Regierungsratswahlen.

An der 129. DV des KGL in Altbüron: Links Präsident Peter With, am Rednerpult Direktor Gaudenz Zemp. Foto Lionel Strahm
Stephan Weber

Wenn der grösste Wirtschaftsverband des Kantons zur Delegiertenversammlung lädt, kommen die Politiker in Scharen. Neben den Bundesparlamentariern Andrea Gmür, Damian Müller, Leo Müller und Regierungsrat Paul Winiker waren auch rund zwei Dutzend Kantonsrätinnen und Kantonsräte in der Hiltbrunnenstube in Altbüron. Dazu neben den Ehrengästen 172 Delegierte.

Organisiert wurde die DV von der Sektion Hinterland, mit 175 Mitgliedern aus sieben Gemeinden eine von total 48 Gewerbevereinen, die dem KMU- und Gewerbeverband des Kantons Luzern (KGL) angeschlossen sind. André Müller, Präsident des Gewerbes Hinterland, verzichtete auf lange Worte und liess stattdessen seine Sektion in einem sympathisch daherkommenden Video vorstellen.

«SP auf der Zielgeraden überholen»

Neben statutarischem «Pflichtstoff», der an einer DV immer auf der Traktandenliste steht, interessierten am Mittwoch die Ausführungen des KGL zu den Regierungsratswahlen. Der Wirtschaftsverband unterstützt im zweiten Wahlgang der Regierungsratswahlen bekanntlich ein Duo: Armin Hartmann von der SVP und Claudia Huser von den Grünliberalen. Zur Kandidatin der GLP sagte KGL-Direktor Gaudenz Zemp: «Claudia Huser hat wirtschaftspolitisch ein bürgerliches Profil. Sie stimmt im Kantonsrat in gewerberelevanten Geschäften in der Regel auf der Linie des KGL ab.» In seinen Erklärungen kam Gaudenz Zemp zudem auf das Inserat des Komitees «Starkes Luzern» zu sprechen, das SP-Kandidatin Ylfete Fanaj angriff und in der Folge für einigen Wirbel sorgte. «Wir haben einzig die von ihnen selber erstellten Profile der Kandidatinnen aus wirtschaftspolitischem Aspekt einander gegenübergestellt und die Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht», verteidigte sich Zemp. Die Kampagne sei faktenbasiert, legitim, nie seien Privatmenschen angegriffen worden. «Zudem», so der KGL-Direktor, «sind die Smartspider öffentlich zugänglich.» Weiter habe man das Profil von Ylfete Fanaj mit dem Smartspider der SP Schweiz verglichen und gesehen, dass Fanaj linker stehe und im Vergleich etwa zur einstigen SP-Nationalratspräsidentin Pascale Bruderer aus dem Aargau «sehr stark links». Mit Blick auf den Wahlsonntag glaubt Gaudenz Zemp, dass es möglich sei, SP-Kandidatin Fanaj auf der Zielgeraden noch zu überholen. Weiter rief er dazu auf, im persönlichen Umfeld zu mobilisieren. «Es wird eine wohl erschütternd tiefe Stimmbeteiligung geben.»

«Krisen sind Chancen für uns»

Zum geschäftlichen Teil: Seit längerer Zeit beschäftige der Fachkräftemangel die Luzerner Wirtschaft, sagte Direktor Gaudenz Zemp. Der Verband wolle jedoch nicht nur darüber klagen, sondern Lösungen suchen und erarbeiten. Der KGL habe dazu verschiedene Massnahmen erarbeitet. Eine davon ist der Lehrstellenparcours, in dem die Jugendlichen einen Einblick in die verschiedenen Lehrberufe erhalten, die vor Ort angeboten werden. Mittlerweile könnten rund die Hälfte der Lernenden aus der Sekundarschule von diesem Angebot profitieren, so Zemp. Ein anderes Beispiel ist die Lehrstellenbörse, die das Ziel hat, dass möglichst viele Lehrverträge abgeschlossen werden. Zudem soll diese Online-Plattform helfen, die Lehrstellensuchenden mit den Ausbildungsbetrieben zusammenzubringen. «Die Lehrstellenbörse ist weniger erfolgreich unterwegs», sagte Zemp. «Die Kommunikation mit den Schulen ist teils schwierig. Es ist nicht einfach, an die Lehrpersonen heranzukommen.» So erfreulich die Aufhebung der Corona-Massnahmen im Frühjahr auch war, so herausfordernd blieb das Jahr 2022 für den KGL. Eine Woche nach den Massnahme-Lockerungen begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, es folgte eine Strom-, Gas- und Ölkrise. «Aber Krisen sind auch Chancen für einen Wirtschaftsverband», sagte Zemp.

Die Jahresrechnung 2022 schliesst bei einem Aufwand von 1,633 Millionen Franken mit einem Plus von 854 Franken ab. Gaudenz Zemp sprach von einem «normalen» Jahr, der KGL sei «sehr gut und solide finanziert». Grosse Unterschiede zwischen Budget 2023 und Budget 2022 sind ausser einer Position kaum auszumachen. Ausnahme: der Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Dieser Betrag ist im Budget 2023 mit 298 000 Franken einiges höher als noch 2022 mit 145 000 Franken. Gaudenz Zemp sagte dazu: «Der KGL stellt jährlich einen definierten Betrag zurück, so dass er jeweils im Wahljahr einen wirkungsvollen Mix von Massnahmen umsetzen kann. Diese unterstützen KMU-geprüfte Kandidierende, sie dienen aber auch zu Profilierung des Verbandes in der Öffentlichkeit.»

KGL will Berufsbildungsfonds

Beim Ausblick auf bevorstehende Projekte und Themen, welche den Verband mit seinen über 14 400 Mitgliedschaften beschäftigen, sprach Gaudenz Zemp über die Fachkräftesicherung («das Wort habe ich lieber als Fachkräftemangel»), den der KGL unter anderem mit der Einführung eines Berufsbildungsfonds sichern will. Der Kanton Zürich kenne dieses Mittel bereits und habe es erfolgreich eingeführt. Der KGL will das auch im Kanton Luzern tun und im Juni dazu eine parlamentarische Motion einreichen.

Des Weiteren sprach Zemp über die kantonale Steuergesetzrevision. «Wir wollen die Unternehmen bei uns behalten und die Steuern bei uns im Kanton einkassieren», sagte Zemp. Im Vergleich zu anderen Zentralschweizer Kantonen falle Luzern in vielerlei Hinsicht «brutal ab». So sei etwa die Kapitalsteuer viel zu hoch. Mittels Diagramm unterstrich er seine Ausführungen. So zahlten ein Prozent aller Unternehmen 48 Prozent dieser Steuer und 1.5 Prozent der juristischen Personen 63 Prozent der Gewinnsteuern. Die Steuergesetzrevision rette nicht die Welt, man müsse sich jedoch der Realität stellen. «Ich hoffe, dass die Gemeinden und der Kanton zu einer Lösung finden.»

«Die Berufslehre ist ein Erfolgsmodell»

Als Gastreferentin war Barbara Bader an der DV eingeladen. Die gebürtige Bernerin ist seit 1. Dezember 2022 Rektorin der Hochschule Luzern (HSLU) und damit Nachfolgerin des Buttisholzers Markus Hodel. Bader ist verantwortlich für über 8000 Studierende und annähernd 2000 Mitarbeitende. In ihrem Referat sprach sie über die Attraktivität der Berufslehre, über die Gymnasienquote, über die Arbeitsmarktfähigkeit und den Bedarf von Fachkräften. Dabei verglich sie die Aussagen von mehreren Experten, die sich zum Teil widersprachen. Und sie ging Zahlen und Statistiken auf den Grund. «Die Berufslehre ist ein Erfolgsmodell», sagte die Professorin. «In einer wichtigen Phase des Lebens begleitet ihr die Menschen und formt sie», sagte sie zu den Delegierten. «Die vielen KMUs übernehmen im Bildungssystem eine Schlüsselrolle.» Die Hochschule Luzern wolle auch in Zukunft Weiterbildungen anbieten, in welchem der Fachkräftemangel am grössten sei: in der Architektur/Planung, in der Umwelttechnik, Informatik und in der Maschinen- und Elektrotechnik, so Barbara Bader, die laut eigenen Angaben aus einer Gewerbefamilie stammt und deren Bruder im Raum Thun einen KMU-Betrieb der Holzbranche führt. Stolz sei sie, dass die HSLU die schweizweit am stärksten wachsende Fachhochschule sei. «Ein Verdienst meines Vorgängers Markus Hodel», sagte sie. (swe)

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