Umstrittener Beitritt zum Wärmeverbund

Der Gemeinderat, die Hälfte der Parteien und die IG sprachen sich im Vorfeld der Gemeindeversammlung vom Mittwochabend gegen einen Beitritt zum Wärmeverbund Reiden-Wikon und für die Eigenständigkeit der Gemeinde in Sachen Fernwärme aus. Die Mehrheit der 105 anwesenden Stimmberechtigten sah dies anders.

105 Stimmberechtigte diskutierten am Mittwochabend im «Sonne»-Saal über den Beitritt zum Wärmeverbund – und stimmten diesem schliesslich zu. Foto Pascal Vogel
Pascal Vogel

Die Fernwärme bewegt die Bürgerinnen und Bürger von Reiden. Nicht erst seit Mittwochabend, als 105 von ihnen den Weg in den «Sonne»-Saal fanden. Seit 2002 hat die Gemeinde Reiden ein eigenes Fernwärmenetz, das mittels Holzschnitzelheizung betrieben wird und dem unter anderem gemeindeeigene Gebäude, das Regionale Alters- und Pflegezentrum Feldheim, die Kirche und private Haushalte angeschlossen sind. 2014 schickten die Stimmberechtigten den Verkauf der Fernwärmeanlage an die Korporation Reiden bachab. Drei Jahre später scheiterte auch die Fusion mit der StWZ zur Wärme Reiden AG.

Gemeinderat und Mehrheit der Parteien waren gegen Beitritt
Vor drei Jahren nahm die Korporation Wikon einen neuen Anlauf. Gemeinsam mit den beiden Einwohnergemeinden Reiden und Wikon sowie der Korporation Reiden und der Genossenschaft Wald Wiggertal stiess sie den Wärmeverbund Reiden-Wikon an. Anfangs mit im Boot, verabschiedete sich die Gemeinde Reiden letzten Oktober aus dem Projekt. Grund: Der Gegenwind seitens Parteien (der WB berichtet). An der darauffolgenden Gemeindeversammlung Ende November kam der Wunsch auf, das Projekt mit Wikon noch einmal zu prüfen und vors Volk zu bringen. Die verbliebenen vier Partner gründeten derweil am 1. Januar 2022 die KGW Energie AG.

Nun stand anlässlich der Gemeindeversammlung die Frage im Raum, ob sich die Gemeinde am Wärmeverbund Reiden-Wikon respektive der betreibenden KGW Energie AG doch beteiligen oder eigenständig bleiben soll. Die Vorzeichen, dass auch der dritte Versuch einer Kooperation scheitert, waren vor der Gemeindeversammlung am Mittwochabend gegeben. Zumindest hatten sich sowohl der Gemeinderat als auch die SVP, die FDP und die IG gegen einen Beitritt zum Wärmeverbund Reiden-Wikon und für die weitere Eigenständigkeit in Sachen Fernwärme ausgesprochen. Die Mitte hatte offiziell Stimmfreigabe erteilt.

Restwert vs. Synergien
Dass die Vorlage umstritten sein dürfte, zeigte sich nicht zuletzt in der Botschaft, wo sowohl bei der einen als auch bei der anderen Variante mehrere Vor- und Nachteile aufgeführt waren. Entsprechend ausgeglichen waren die Voten von Gegnern und Befürwortern. Die einen sahen im Zusammenschluss eine Möglichkeit, Synergien zu nutzen und sich einem überregionalen Projekt anzuschliessen, die anderen führten die Fremdbestimmung und die Finanzen ins Feld. Viele störten sich insbesondere am Restwert der bestehenden Anlage, der sich per Ende 2021 auf 118 000 Franken belief und bei einem Zusammenschluss in die AG überführt würde. Die Rede war mehrmals von Geld, das «verschenkt» würde. Dies sah Lisbeth Morgenthaler anders: «Der Reider Bürger hat noch nie auch nur einen Franken an die Fernwärme bezahlen müssen, also kann auch nicht von verschenken die Rede sein.» Hintergrund: Spezialfinanzierungen werden nicht durch Steuergelder, sondern durch Gebühren finanziert. In die gleiche Kerbe wie Morgenthaler schlug Christoph Blättler, Präsident der Korporation Wikon und der KGW Energie AG: «Das ist ein buchhalterischer Wert, der übernommen wird. Das Geld ist nicht verloren.» Vielmehr resultiere daraus ein «extrem cooles» Tarifsystem für Reiden. «Da vom Reider Wärmeverbund rund die Hälfte gemeindeeigene Liegenschaften sind, profitiert ihr schlussendlich alle davon.» Aus Sicht der KGW rechne sich ein Zusammenschluss für die Gemeinde Reiden minimum mittel- und langfristig. Die Mehrheit der Anwesenden schienen die Worte Blättlers und die Voten der anderen Befürworter des Zusammenschlusses zu überzeugen. Schliesslich sprachen sie sich mit 45 zu 31 Stimmen für den Beitritt zum Wärmeverbund Reiden-Wikon und gegen den Vorschlag des Gemeinderates aus.

AG übernimmt Investitionskosten
Aus vier Partnern werden also wieder fünf. Die Gemeinde Reiden beteiligt sich nun mit 225 000 Franken an der KGW Energie AG. Im Gegenzug erhält sie einen Sitz und Mitspracherecht im Verwaltungsrat. Zudem übernimmt die AG die Investitionskosten von 1,5 Millionen Franken, die beim Weiterbetrieb der Reider Fernwärmeanlage nötig sind. Unter anderem muss bei dieser der bestehende Holzschnitzelofen ersetzt und ein zweiter, kleinerer Ofen angeschafft werden. Boden und Gebäude bleiben im Besitz der Gemeinde.

Industrie Reiden soll schneller erschlossen werden als geplant
Aktuell befinden sich der Neubau des Fernwärmeleitungsnetzes sowie die neue Heizzentrale im Bewilligungsprozess. Wie Christoph Blättler verlauten liess, gehe er davon aus, dass mit den Bauarbeiten in einem Jahr begonnen werden könne. Das Projekt wird etappenweise umgesetzt. In einem ersten Schritt soll das komplette Industriegebiet in Wikon an den Wärmeverbund angeschlossen werden. In einer zweiten Phase ist dasselbe im Industriegebiet von Reiden angedacht. «Vorgesehen war, dieses in acht Jahren einzubinden», sagte Christoph Blättler. Da man von der Schweizer Electronic AG aber bereits eine verbindliche Wärmebestellung erhalten habe, hätte sich die KGW Energie AG dazu entschieden, den Bau der rund einen Kilometer langen Leitung vorzuziehen und bis in zwei Jahren ebenfalls umzusetzen. «Dann sind es noch 700 Meter bis zum Zusammenschluss», so Blättler. Aufgrund dieser neuen Ausgangslage werde sich die KGW in den nächsten Monaten überlegen, ob sie die Heizzentrale in Reiden modernisiert oder den Zusammenschluss der beiden Wärmeverbünde vorzieht.

Sonderkredit abgerechnet

Schulhaus An der Urnenabstimmung vom 10. Juni 2018 genehmigten die Stimmberechtigten einen Sonderkredit in Höhe von rund 7,8 Millionen Franken für den Neubau des Schulhauses Reiden Mitte. Der Bezug des neuen Schulhauses erfolgte im Sommer 2020. Nun liegt die Sonderkreditabrechnung vor. Der Kredit wurde mit Bruttokosten von knapp 7,2 Millionen Franken um rund 630 000 Franken unterschritten. Konkrete Gründe für die Kreditunterschreitung konnte Bruno Geiser, Gemeinderat Bildung, Kultur und Freizeit, keine vorbringen. Vielmehr sei sie der guten Zusammenarbeit und der Kostensensibilität zuzuschreiben. Die 105 anwesenden Stimmberechtigten genehmigten die Sonderkreditabrechnung einstimmig. pv

Sonderbauzone genehmigt

Ortsplanung Traktandiert war am Mittwochabend eine Teilrevision der Ortsplanung. Konkret ging es um die Parzelle 215 im Langnauer Gebiet Lupfen. Diese wird heute teilweise landwirtschaftlich genutzt. Zusätzlich bestehen auf dem Areal ein bewilligter Umschlag und Aufbereitungsplatz für mineralische Bauabfälle sowie ein nicht landwirtschaftliches Wohngebäude. Bei der Abstimmung ging es darum, rund 12 800 Quadratmeter, die seit Jahren nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wurden, in die neue Sonderbauzone Lupfen mit Gestaltungsplanpflicht einzuzonen. Knapp 8500 Quadratmeter sollten von der Landwirtschaftszone in die Naturschutzzone eingezont werden. Ohne Gegenstimme hiessen die 105 anwesenden Stimmberechtigten die Umzonung gut. pv

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