Gemeinde zieht Einsprachen zurück

Die Gemeinde Reiden hat ihre Einsprachen gegen den Bau des neuen Logistikzentrums der Planzer Transport AG in Wikon zurückgezogen. Bedingung dafür war die Erfüllung verschiedener Forderungen an den Kanton und den Gesuchsteller.

 

Der für Bau und Infrastruktur zuständige Reider Gemeinderat Willi Zürcher beim Knoten Pfaffnauer-/Industriestrasse. Foto pv.
Stefan Bossart

«Drei Frauen verletzt» – «Auffahrunfall – Zeugen gesucht» – «Karambolage von drei Autos»: Die Schlagzeilen ähneln sich. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren in Reiden zu Unfällen, häufig stand jener Knoten am Ursprung, wo die Industrie- und die Friedmattstras­se in die Pfaffnauerstrasse einmünden. Doch damit dürfte hoffentlich bald Schluss sein. Ein Kreisel soll den Knoten entflechten, die langen Wartezeiten und das Unfallrisiko minimieren. Seit 11. Mai liegt das Vorprojekt bei der Gemeindeverwaltung auf (der WB berichtete).


Die Forderungen an die Planzer Transport AG ...
Dass die Kreiselplanung nun Fahrt aufgenommen hat, dafür ist nicht zuletzt die Gemeinde Reiden verantwortlich. Sie hatte gegen das Gestaltungsplan- sowie gegen das Baubewilligungsgesuch der Planzer Transport AG für einen Neubau eines Logistikzentrums in der Wikoner Grossmatte Einsprache erhoben. Diese wurde letzte Woche vom Gemeinderat Reiden «nach intensiven Gesprächen» zurückgezogen, wie der für das Ressort Bau und Infrastruktur zuständige Gemeinderat Willi Zürcher sagt. Woher dieser Sinneswandel? «Unsere Forderungen wurden in den Hauptpunkten erfüllt.» Bei diesen geht es unter anderem um besagten Kreisel an der Industriestrasse. Dieser soll ins nächste Bauprogramm aufgenommen und vom Kanton finanziert werden – sofern dies der Kantonsrat so beschliesst. Dies bestätigte auf Anfrage auch Mario Conca, Abteilungsleiter Bewilligungs- und Koordinationszentrale der Dienststelle Raum und Wirtschaft (rawi): «Reiden wird für den Kreisel nichts zahlen müssen.» Sofern der Kreisel früher realisiert werde, müsse die Planzer Transport AG die Finanzierung übernehmen. Doch wieso sollte sie dies tun? Zürcher: «Es konnte sichergestellt werden, dass der Kreisel zwingend vor Inbetriebnahme des neuen Logistikzentrums erstellt werden muss.»


Nicht die einzige Forderung seitens Gemeinde, die nun erfüllt wird. So hat sich die Planzer Transport AG auch bereit erklärt, die Gemeinde bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, die Industriestrasse von einer Gemeindestrasse 1. Klasse in eine Gemeindestrasse 2. Klasse umzuklassieren. Dadurch müsste die Gemeinde nicht mehr vollumfänglich für den Unterhalt aufkommen; die Anstösser müssten sich neu über einen Kostenperimeter beteiligen. «Last but not least bestätigt die Planzer Transport AG, dass sie am Standort Wikon ausgebildetes Personal einsetzt und den Mindestlohn in jedem Fall einhält», so Zürcher weiter. Hintergrund der Forderung: Reiden hat einen hohen Leerwohnungsbestand, befürchtet, dass «tiefqualifiziertes Personal» angestellt und die «notgedrungen schlechteren Steuerzahler» vor allem in der Gemeinde Wohnsitz nehmen könnten. Die Planzer Transport AG selbst wollte sich auf Nachfrage aufgrund von laufenden Gesprächen nicht zur Thematik äussern.


... jene an den Kanton...
Der Schwerverkehr des neuen Logistikzentrums wird grösstenteils über den Knoten Industrie-/Pfaffnauerstrasse und den Kreisel Mehlsecken zum Autobahnanschluss Reiden führen. Nadelöre, die eng miteinander verbunden sind. Aus diesem Grund wollte sich die Gemeinde vor dem Rückzug der Einsprachen absichern. So hat sie vom Kanton die Zusicherung, dass ein allenfalls notwendiger Ausbau des Kreisels Mehlsecken von ihm finanziert wird. «Das Industriegebiet in Reiden und Wikon ist im kantonalen Richtplan als wichtiger Entwicklungsschwerpunkt aufgeführt. Entsprechend werden wir den Verkehrswegen zwischen Entwicklungsschwerpunkt und Autobahnanschluss künftig mehr Gewicht beimessen», so Mario Conca.
Dass sich die verschiedenen Parteien einigen konnten, dafür sorgte nicht zuletzt die Wirtschaftsförderung Luzern. Seit 2019 hat sie in regelmässigen Abständen an einen runden Tisch gebeten. «Das Gebiet ist ein Entwicklungsschwerpunkt. Entsprechend passt hier ein Logistikzentrum hin», sagt Ivan Buck, Direktor der Wirtschaftsförderung Luzern. Er sei froh, werde das Projekt nun nicht noch länger blockiert, sondern könne weiterlaufen.


... und jene ans Astra
Nicht am runden Tisch mit dabei war das Bundesamt für Strassen (Astra) – obschon ihr als Betreiber der Bundesstrassen eine wichtige Rolle im ganzen Projekt zukommt. Deshalb hat sich die Gemeinde Reiden bei ihr betreffend der Kapazität des Autobahnanschlusses erkundigt. «Zu Stosszeiten kommt dieser bereits heute an den Anschlag», tut Willi Zürcher seine Bedenken kund. Hinzu komme das geplante Logistikzentrum von Lidl in Roggwil, welches ebenfalls Mehrverkehr generieren würde. Das Astra jedoch äusserte keine Bedenken gegenüber dem Projekt von Planzer, hat aber eine Verkehrsstudie in Auftrag gegeben, welche die Strasseninfrastruktur ins Auge fasst. So soll bei künftigem Bedarf gehandelt und Veränderungen an der Infrastruktur vorgenommen werden können.

«Wir haben die für die Gemeinde Reiden wichtigsten Punkte erreicht. Wir wollten nicht später Probleme lösen, sondern diese bereits vor der Realisierung des Projektes angesprochen wissen», sagt Willi Zürcher. Während der Kanton dem Planzer-Projekt den roten Teppich ausrollte, habe die Gemeinde «eher die Steine im Weg gesehen». «Irgendwann war aber klar, dass die Firma Planzer bei dieser Ausgangslage trotzdem ans Ziel kommt», so Zürcher.


Noch 9 Einsprachen hängig
Die Gemeinde Reiden ist eine von insgesamt 14 Parteien, die gegen das Grossprojekt in der Grossmatte Einsprache bei der Gemeinde Wikon erhoben haben. «In den letzten Tagen haben aufgrund des Kreiselvorprojektes auch einige andere ihre Einsprache zurückgezogen», sagt Michaela Tschuor, Gemeindepräsidentin von Wikon. Momentan seien es noch deren neun. Dank der gesicherten Erschliessung können die Einspracheverhandlungen nun beginnen. Die Gemeinde Wikon selber habe keine Einsprache erhoben. «Sofern die Baugesetze eingehalten werden sehen wir keinen Grund dafür», so Michaela Tschuor. So wirklich anfreunden mit dem geplanten Grossprojekt kann sie sich aber trotzdem nicht. «Es wäre sicherlich interessanter gewesen, wenn Planzer das Steuerdomizil nach Wikon verlegt hätte.» Trotzdem zeigt sich Michaela Tschuor diplomatisch: «Klar hätten wir uns etwas anderes gewünscht als ein grosses Logistikzentrum. Aber Planzer ist in Wikon nicht unwillkommen.»

Pascal Vogel

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