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Denkmal ist auf dem Weg zur Denkfabrik

Das barocke Kloster St. Urban befindet sich im Wandel. Die langjährige Nutzung durch die Luzerner Psychiatrie wird nach und nach verlagert, was eine Neuausrichtung der historischen Anlage ermöglicht. «denkMal» heisst das Projekt, welches nun gestartet wird.

Bereit, um die Umnutzung der Klostergebäulichkeiten voranzutreiben: Raymond Studer (Projektleiter), Franz Wüest (Präsident der IG denkMal Kloster St. Urban) und Viktor Baumeler (Beiratsvorsitzender) wollen mithelfen, das barocke Juwel im Bereich Kultur und Innovation zu positionieren. Foto Stefan Bossart
Stefan Bossart

Ein Hotel mit 68 Zimmern, 25 Seminar- und sieben Banketträumen, jährlich über 130 000 Besuchern, die den eigenen Wein, das eigene Bier und den eigenen Klosterkäse probieren: Diese Zahlen stehen nicht für das ehemalige St. Urbaner Zisterzienser-Kloster, sondern für das Pendant der einstigen kartausischen Ordensbrüder im thurgauischen Ittingen. Obwohl man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen sollte: «Die Kartause in Ittingen zeigt, was an geschichtsträchtigen Orten entstehen kann und dient uns als Vorbild, ohne es kopieren zu wollen», sagt Franz Wüest. Der ehemalige Ettiswiler Kantonsrat und Unternehmer ist Vorsitzender der «IG denkMal Kloster St.Urban». Diese bildet gemeinsam mit dem Kanton als Besitzerin der Klostergebäude die Trägerschaft des lancierten Projekts «denkMal». Wie es der Name sagt: St.Urban soll zur Denkfabrik mit nationaler Ausstrahlung werden, zu einer Destination für Kultur und Innovation.

Die Besinnung auf die alten Kräfte

Was passiert mit den frei stehenden Räumlichkeiten auf dem Klosterareal? Diese Frage beschäftigte den Kanton Luzern seit Jahren und verlangt dringender denn je eine Antwort. Ende 2023 ist das neue Wohnheim «Sonnegarte» der Luzerner Psychiatrie bezugsbereit, werden 2250 Quadratmeter im Konventgebäude frei. Raum, der nicht unbenutzt bleiben soll – im Gegenteil. «Wir wollen dem barocken Juwel neues Leben einhauchen, indem wir seine Geschichte aufnehmen», sagt der hinzugezogene Projektleiter Raymond Studer, der sich mit seinem Luzerner Unternehmen «Projektfabrik» auf die Ausarbeitung solcher Konzepte spezialisiert hat. Ob in der Bildung oder in Landwirtschaftsfragen, in Kultur und Wissenschaft: Die Zisterziensermönche waren ihrer Zeit voraus. «Diesen Aspekt wollen wir aufnehmen und uns damit klar positionieren», so Studer weiter. Unternehmen, Verbände und anderen Organisationen sollen die kreative und spirituelle Kraft des Klosters St. Urban nutzen, um an Zukunftsthemen zu forschen und Innovationen zu entwickeln. «Eine eigentliche Denkfabrik in einem Denkmal ist unser Ziel», sagt Studer. Die künftigen Seminar- und Workshopteilnehmer sollen dabei mehrere Tage vor Ort bleiben können, indem die derzeit als temporäre Asylunterkunft genutzten ehemaligen Patientenhäuser P1 und P2 zu Hotelzimmer umfunktioniert werden. «Punkto Gastronomie können bestehende Synergien mit der Luzerner Psychiatrie und dem Klostergasthaus Löwen genutzt werden», sagt Franz Wüest. Dies auch im Rahmen der kulturellen Events, welche dem Kloster bislang einen wichtigen Stempel aufgedrückt haben. «Die Luzerner Psychiatrie hat im Bereich Veranstaltungen und Konzerte gute Vorarbeit geleistet. Im gegenseitigen Einvernehmen will ‹denkMal› diese Aufgabe weiterführen und zusätzlich ausbauen.»   

 

Mit Herkunft in die Zukunft

Rückzugsorte, um Seminare zu halten. Sie sind ein Bedürfnis und gleichzeitig schon reichlich vorhanden. Bei der «IG denkMal Kloster St. Urban» mit Franz Wüest (Präsident) Peter Schwegler (CEO Luzerner Psychiatrie), Thomas Grüter (Berghof Erlebnis AG) Walter Schär (schaerraum AG) und Marco Negri (Kultur und Freizeit Kloster St. Urban AG) sorgt dies nicht für Kopfweh. «St.Urban hat viele Trümpfe, die nirgends anderswo ausgespielt werden können», sagt Franz Wüest. St.Urban mit seinem barocken Juwel sei seit jeher ein Kraftort, biete Ruhe und Abgeschiedenheit und besteche mit seiner Lage mitten im Herzen der Schweiz und in unmittelbarer Nähe von Zentren wie Langenthal oder Zofingen. «Diese Region hat viele Asse im Ärmel», sagt auch Projektleiter Raymond Studer. Sei dies direkt vor Ort mit der historischen Klosterziegelei, dem einzigartigen und für kulturelle Anlässe nutzbaren Festsaal oder die im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgenommenen Wässermatten. Gleichzeitig biete das Rottal der drei Kantone auch kulinarisch zahlreiche Spezialitäten. «DenkMal sieht sich als Kleber, der aus Herkunft Zukunft macht. Wir wollen die verschiedenen Player zusammenbringen», sagt Studer. Diese sollen von Anfang an mit ins Projekt einbezogen werden. Gemeinsam mit spezifischen Experten können sie in einem Beirat Einsitz nehmen, der vom ehemaligen Luzerner Staatsschreiber Viktor Baumeler geleitet wird und als «Echo-Raum» dient.

Kanton und Bund

geben gehörig Anschubhilfe

Vom Projekt überzeugt. Dies sind sowohl der Kanton Luzern als auch der Bund. Sie sehen in «denkMal» ein regionales Vorhaben, welches zur Steigerung der Wertschöpfung im ländlichen Raum sowie zum Erhalt und der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen beiträgt. Dies ist auch der Grund, wieso aus dem Topf der Neuen Regionalplanung 440 000 Franken fliessen. Geld, welches ausschliesslich der konzeptionellen Ausarbeitung des Vorhabens dient und nicht für bauliche Massnahmen verwendet werden darf. Die Trägerschaft selbst muss mit Eigenleistungen und Eigenmitteln 50 Prozent an die Kosten beitragen. In einem ersten Schritt wird nun der Businessplan inklusive Raum-, Erlebnis-, Gastro- und Hotelkonzept erarbeitet. «Wir stehen noch ganz am Anfang. Dies aber mit einer Idee, die erstmals in den jahrelangen Überlegungen rund um die Klostergebäulichkeiten ganz konkret ist», sagt Franz Wüest. Um in einem zweiten Schritt für die Umsetzung auf die restlichen NRP-Gelder von rund 280 000 Franken zugreifen zu können, muss es der Trägerschaft gelingen, weitere Geldgeber von den Plänen zu überzeugen. Neben den mit insgesamt 183 000 Franken aufgeführten Eigenleistungen bis zur geplanten Markteinführung im Jahr 2024 braucht es letztlich rund 250 000 Franken Eigenkapital. «In Betracht gezogen wird die Gründung einer Stiftung», so Franz Wüest. Ob diese letztlich auch die operative Führung übernimmt, liesse sich erst im Verlaufe des Projekts endgültig beantworten.

Ein Grundstock, auf dem sich aufbauen lässt

Ein gewichtiges Wort mitzureden hat der Kanton als Besitzer der Immobilien. «Dieser hat in den vergangenen Jahrzehnten die Anlagen im Schuss gehalten. Somit starten wir ein Projekt, bei dem wir auf Bestehendem aufbauen können», sagt Franz Wüest. Insbesondere bei den vom Wohnheim «Sonnengarte» genutzten Räumlichkeiten ständen so oder so Sanierungen an. Diese seien im Finanz- und Aufgabenplan des Kantons vermerkt. Franz Wüest: «Dank konkreten Ideen können die Mittel zielgerichtet und damit richtig eingesetzt werden.»

Jetzt wird angepackt

Momentan schwebe vieles noch auf «Wolke sieben», so Wüest. «Doch wir wollen Nägel mit Köpfen machen und ein spannendes und innovatives Projekt in den kommenden Monaten auf den Boden bringen.»

 

Stefan Bossart

Nachgefragt bei lups-Direktor Peter Schwegler

Peter Schwegler, als Direktor der Luzerner Psychiatrie (lups) haben Sie Einsitz in der Trägerschaft des Projekts «denkMal». Weil Sie davon überzeugt sind, oder weil Sie die Anliegen der lups einbringen wollen?

Beides. Ziemlich genau nachdem der Kanton Luzern vor 150 Jahren die Klosteranlage für die Psychiatrie umnutzte, ziehen 2023 die letzten Patientinnen und Patienten aus. Das ist richtig so, weil die historischen Bauten unserem Leistungsauftrag nicht mehr gerecht wurden. Gleichzeitig gilt es die wunderschönen Räume mit Leben zu füllen. Das nun angestossene Projekt macht dies möglich. Gleichzeitig spielt das Vorhaben vom wirtschaftliche Aspekt her für die Luzerner Psychiatrie eine wichtige Rolle.

Wie meinen Sie das?

Die Klinik und das Kloster sind eine feste Einheit. Dies gilt sowohl im Gastro- und Cateringbereich als auch bei der Pflege des Parkes oder bei der Sicherheit- und Haustechnik. Daran rüttelt die angedachte Nutzung nichts. Im Gegenteil. Es ergeben sich neue Synergien. Diese bereichern den Alltag unserer Angestellten.

Das kulturelle Angebot soll jedoch von der lups entflechtet werden.

Neue Impulse brauchen sehr viel Energie, welche die Trägerschaft aufbringen will. Die Entflechtung ist mit Blick auf das Wachstum der Luzerner Psychiatrie und deren Kernaufgaben sinnvoll. Mittlerweile versorgen wir mit Luzern, Ob- und Nidwalden drei Kantone, sind an 17 Standorten präsent und beschäftigen 1300 Angestellte.

Workshops und Seminare finden unmittelbar in der Nähe der Psychiatrie statt. Eine gute Symbiose?

Davon bin ich überzeugt. St.Urban hat im Bereich Gesundheit viele Fachleute vor Ort, die allenfalls bei Themen wie Resilienz oder Burnout gar zu Dozenten werden könnten.

Und die Patienten? Könnten sie sich nicht gestört fühlen?

Psychische Probleme und ein damit verbundener Aufenthalt im Campus St.Urban kann jeden und jede treffen. Was ich damit sagen will: Der Mensch bleibt Mensch, soll auch in schwierigen Lebensphasen ein Stück weit Normalität leben können. «denkMal» trägt dazu bei. Stefan Bossart

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