Dicke Post: Der Trostpreis

Als 12-Jähriger gehörte WB-Reporter Norbert Bossart unter Tausenden von Wettbewerbsteilnehmenden zu den Gewinnern. Doch seither nimmt er an keiner Verlosung oder Lotterie mehr teil. Warum?

Foto WB
Norbert Bossart

Es lockte ein Rekordgewinn. 230 Millionen Franken lagen vor Wochenfrist im Euromillions-Jackpot. Und siehe da: Ein Engländer hat die richtigen 5 aus 50 Zahlen samt 2 von 12 Sternen richtig getippt. Welch Glückspilz! Zumal die Wahrscheinlichkeit eines Volltreffers bei rund 1 zu 140 Millionen lag.

Nun, ich gehörte weder zu den Gewinnern noch zu den Verlierern der grossen Ziehung. Ich habe nicht mitgespielt. Dabei fehlt es mir keineswegs an Träumen, die sich mit einem Geldsegen erfüllen liessen. Etwa der Kauf eines E-Bikes, eine Reise quer durch Madagaskar oder ein Musikfestival vor meiner Haustür. Ich habe die Rekord-Ziehung links liegen lassen, weil ich mich grundsätzlich an keinen Lotterien und Wettbewerben beteilige. Zumindest seit mehr als 40 Jahren. Denn ich bin ein gebranntes Kind.

Erinnere ich mich korrekt, so war es anno 1977, als das damalige Fachblatt «Sport» einen Wettbewerb lancierte. Gefordert war, jene Schweizer Fussball-Elf zu nominieren, die bei der Leserschaft für die WM-Quali auf die grösste Zustimmung stiess. Elf Personen konnten Tickets für ein Freundschaftsspiel zwischen England und der Schweiz im Wembley-Stadion gewinnen. Samt Flug und Hotelübernachtung.

Und siehe da: Meine damaligen Fussballgötter Burgener, Barberis, Botteron und Co. bildeten die Traum-Elf. Ich traf als vermeintlicher Nati-Trainer den Nerv der Leserschaft, wie eine Auflistung der Sieger-Elf im Blatt verriet. So freute ich mich auf das Spiel in England und bluffte damit bereits bei meinen Schulkollegen. Aber oha lätz! Statt einem Ticket im Couvert erhielt ich dicke Post. Eine runde Rolle samt Gratulationsschreiben. Ich sei unter Tausenden von Wettbewerbsteilnehmenden einer jener 17 gewesen, die einen Volltreffer erzielt hätten. «Leider ist Ihnen bei der Verlosung der 11 Tickets das Glück verwehrt geblieben. Doch gerne überreichen wir Ihnen als Trostpreis eine Dose Rasierschaum.» Welch Schaumschlägerei. Ich, 12, Jüngling ohne Flaum im Gesicht, war untröstlich.

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