Es gibt immer mehr Straffälle zu behandeln

Über 9300 Fälle erreichten die erstinstanzlichen Gerichte des Kantons Luzern im letzten Jahr. Massiv zugenommen hat die Zahl der Straffälle. Bei den Konkurseröffnungen waren es so viele wie noch nie.

Das Kantonsgericht hatte 2021 massiv mehr zu tun. Foto Keystone
Stephan Weber

Am Mittwochmorgen hat das Kantonsgericht über das Geschäftsjahr 2021 der Luzerner Justiz informiert. Zum ersten Mal war es Peter Schumacher vorbehalten, den Medienschaffenden den Jahresbericht vorzustellen. Der Luzerner übernahm das Präsidium des Kantonsgerichts per 1. Juni 2021 von Andreas Galli.

638 Fälle mehr als 2020
Nachdem coronabedingt die Fallzahlen im Jahr 2020 zurückgingen, stiegen sie 2021 wieder stark an. So gingen bei den erstinstanzlichen Gerichten im Jahr 2021 insgesamt 9306 Fälle ein. Zum Vergleich: 2020 waren es 8668 Fälle. Die Richter an den erstinstanzlichen Gerichten, zu denen die vier Bezirksgerichte in Luzern, Kriens, Willisau und Hochdorf, das Zwangsmassnahmengericht, das Kriminalgericht und das Arbeitsgericht zählen, konnten dabei 9213 Dossiers erledigen. 4,8 Prozent der Entscheide wurde angefochten. Heisst: Diese Dossiers wurden ans Kantonsgericht, die oberste gerichtliche Behörde des Kantons, weitergezogen.

Was auffällt: Die Zahl der Strafprozesse nimmt laufend zu. Gingen im Jahr 2016 noch 423 Fälle ein, stieg diese Zahl fortan Jahr für Jahr. 2021 wurde ein neuer Rekordstand erreicht. 621 Fälle weist die Statistik für das letzte Jahr aus. «Unsere Mitarbeitenden waren stark gefordert», sagte Kantonsgerichtspräsident Schumacher. Die Zunahme der Strafprozesse mache «Sorgen». Nur 78 Prozent der Strafprozesse konnten innert einem Jahr erledigt werden. Das Ziel wären 80 Prozent.

Schlichtungsbehörde: weniger Fälle
Ein ruhigeres Jahr im Vergleich zum Vorjahr gab es für die Schlichtungsbehörden, zu welchem die Friedensrichterämter Luzern, Kriens, Hochdorf und Willisau und die Schlichtungsbehörde Miete und Pacht zählen. Sie hatten 2021 über 837 Fälle zu entscheiden, ein Jahr zuvor waren es über 25 Prozent mehr. Grund? «Weil der Referenzzinssatz unverändert blieb, gingen bei der Schlichtungsbehörde weniger Fälle ein», sagte Schumacher. Auch habe die Pandemie auch das Geschäftsjahr 2021 kaum Einfluss gehabt.

Über 1000 Fälle noch hängig
Beim Kantonsgericht, das in vier Abteilungen unterteilt ist und rund 108 Mitarbeitende beschäftigt, zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den erstinstanzlichen Gerichten: Die Fälle nehmen zu, und zwar sowohl beim Zivilrecht und dem öffentlichen Recht als auch dem Strafrecht. Über 90 Prozent der Fälle konnten innert Jahresfrist erledigt werden. Auf der Pendenzenbeige liegen jetzt noch 1018 Fälle.

Rekord bei den Grundbuchämtern
Peter Schumacher stellte die Jahresrechnung 2021 vor. Diese schliesst mit einem Aufwand von 62,5 Millionen Franken bei einem Ertrag von 33,8 Millionen Franken. Höher waren die Kosten unter anderem bei der amtlichen Verteidigung, der unentgeltlichen Rechtspflege und Anwaltsentschädigungen. Tiefer als budgetiert waren die Aufwände beim Personalaufwand. Mit ein Grund, warum die Gerichte im vergangenen Jahr mit knapp 29 Millionen Franken Staatsgeldern weniger Mittel als budgetiert benötigten, waren die Erträge bei den Grundbuchämtern. Mit 21,5 Millionen waren diese so hoch wie noch nie. Verantwortlich für diesen Rekordwert sind die Preisanstiege auf dem Immobilienmarkt.
Ein positive Fazit zog Kantonsgerichtspräsident Schumacher bei der Akzeptanz der Entscheide. Das ist jener Wert, der zeigt, ob die Fälle abgeschlossen sind oder an die nächste Stufe weitergezogen werden. So konnten die Schlichtungsbehörden knapp 72 Prozent ihrer Verfahren auf ihrer Stufe abschliessen, die erstinstanzlichen Gerichte wie bereits erwähnt über 95 Prozent. Beim Kantonsgericht wurden 271 Fälle beim Bundesgericht angefochten, das sind rund 13 Prozent. In 35 Fällen hiess das Bundesgericht die Beschwerde ganz oder teilweise gut. «Diese Zahlen beweisen die hohe Akzeptanz unserer Entscheide», sagte Peter Schumacher.

Stephan Weber

 

Zahl der Konkurse auf Rekordhoch

Im Jahr 2021 eröffneten die vier Bezirksgerichte im Kanton Luzern 670 Mal einen Konkurs. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine massive Zunahme. Im Jahr 2020 waren lediglich 553 Konkurseröffnungen eingeleitet worden. Die Zunahme von 117 Konkursfällen sei aus verschiedenen Gründen erfolgt, hiess es an der Medienkonferenz. Die Coronakrise habe aber kaum eine Rolle gespielt. Dank staatlichen Unterstützungsmassnahmen habe die Pandemie die Konkurse von Unternehmen nur leicht ansteigen lassen.

Vielmehr liege der Grund darin, dass die Konkursämter seit Anfang 2021 Gesellschaften liquidieren müssen, die kein rechtsgültiges Domizil haben. Vor dieser Regelung war es das Handelsregisteramt, welches das Auflösungsverfahren jeweils einleitete. Ein fehlender Firmensitz gilt neu als Organisationsmangel, der zum Konkurs führt. Diese neue Vorschrift, die in anderen Kantonen der Schweiz schon seit Längerem praktiziert wird, soll laut Patrick Müggler (Leiter der Luzerner Konkursämter) kriminelle Machenschaften verhindern. Müggler geht davon aus, dass die Zahl der Konkurseröffnungen wegen eines Organisationsmangels künftig zunehmen. «Es ist wohl nur die Spitze des Eisberges», sagte er.

Von allen 670 Konkurse, die 2021 anfielen, entfielen fast genau gleich viele auf Gesellschaften und Einzelfirmen, wie auf ausgeschlagenen Erbschaften. In 143 Fällen kam es zum Konkurs wegen eins Organisationsmangels, 70 Mal zu einem Privatkonkurs. Die Verluste der Konkursämter beliefen sich 62,7 Millionen Franken, 11,5 Millionen Franken betrafen das Konkursamt Luzern West. (swe)

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