Kantonsrat fordert von Regierung mehr Flexibilität

Der Luzerner Kantonsrat hat am Dienstag mehr Spielraum für die Gemeinden gefordert, wenn es um die Unterbringung der Ukraineflüchtlinge geht. Das Bonus-Malus-System, dem die Gemeinden unterworfen sind, wurde kritisiert.

Auch in anderern Kantonen werden für die Flüchtlinge Containersiedlungen erstellt, so im Mai in Bern. (Archivaufnahme)
KEYSTONE/PETER KLAUNZER
 

Der Kanton verlangt von den Gemeinden, dass sie, abhängig von der Bevölkerungszahl, Unterkunftsplätze für die Schutzsuchenden zur Verfügung stellen.  Erfüllt eine Gemeinde die Vorgabe nicht, muss sie eine Strafzahlung leisten. Davon profitieren die Gemeinden, die ihrer Pflicht nachkommen.Bis am 1. September stellten alle Gemeinden zusammen 843 Plätze der bis am 1. Dezember vom Kanton geforderten 3344 Plätze.  64 der 80 Gemeinden müssen eine Maluszahlung leisten, weil sie bei der Bereitstellung der Plätze nicht auf Kurs sind. Wie der Regierungsrat in seiner Antwort auf eine Anfrage von Daniel Gasser (Mitte, Ebikon) schreibt, ist er bereit, die Rechnungsstellung an die Gemeinden aufzuschieben. Falls weniger Flüchtlinge kommen werden als vom Bund prognostiziert, könnten auch die Anforderungen an die Gemeinden heruntergeschraubt werden.

Zufälle entscheiden

Verschiedene Gemeindevertreterinnen und -vertreter kritisierten im Parlament das Regime mit den Bonus-Malus-Zahlungen. Gasser, der Gemeindepräsident von Ebikon ist, sagte, es seien oft glückliche Zufälle, die entscheiden würden, ob eine Gemeinde die geforderten Plätze anbieten könne, oder ob sie zahlen müsse. Sibylle Boos (FDP, Malters), Gemeindepräsidentin von Malters und Präsidentin des Gemeindeverbands VLG, sprach von einer Ernüchterung. Sie forderte, dass die Gemeinden mehr Kompetenzen bei der Wohnungssuche erhalten sollten. Ein effizienteres Verfahren würde alle Beteiligten entlasten. Das Bonus-Malus-System erschwere die Wohnungssuche.Auch Ferdinand Zehnder (Mitte, Luzern) kritisierte, dass die Gemeinden keine Kompetenzen hätten. Sie müssten bei Misserfolg zahlen, könnten aber sonst aber kaum Einfluss nehmen. Die Akteure sollten besser und pragmatischer eingebunden werden. Etliche Votantinnen und Votanten erklärten, dass es kaum freie Wohnungen gebe. Kritisiert wurde teilweise, dass der vom Kanton geforderte Standard der Unterkünfte zu hoch sei, andere störten sich an der Obergrenze für die Mietzinse.

Viele Angebote abgelehnt

Wie der Regierungsrat in seiner Antwort auf eine Anfrage von Jasmin Ursprung (SVP) schrieb, meldeten die Gemeinden der kantonalen Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) 508 Mietobjekte. 185 Mietverträge wurden abgeschlossen, 106 wurden abgelehnt, viele sind noch in Bearbeitung.Der häufigste Ablehnungsgrund war die Überschreitung der Mietzinsrichtlinien. Vielleicht sollten auch teurere Wohnungen als Unterkünfte angemietet werden, sagte Vroni Thalmann (SVP, Flühli), Sozialvorsteherin von Flühli. Ein weiterer Ablehnungsgrund war, dass die Wohnungen nicht den geforderten Mindeststandard hatten. Dies wunderte Monika Schnydrig (SVP, Hochdorf). Diese Wohnräume seien ja vorher auch bewohnt gewesen, sagte sie. Marcel Budmiger (SP, Luzern) sprach sich aber dagegen aus, den Standard der Unterkünfte noch weiter zu senken. Gemäss Regierung müssten bei einem tieferen Standard auch prekäre Wohnverhältnisse akzeptiert werden. Die durch den Kanton definierten Standards orientierten sich an einfachen Wohnverhältnissen. Die Stadtpräsidentin von Kriens, Christine Kaufmann (Mitte, Kriens), erklärte, dass die Errichtung von Containersiedlungen mehrere Monate daure. In dieser Zeit sollten die Gemeinde von den Strafzahlungen befreit sein.

Mehr auf Zivilgesellschaft setzen

Riccarda Schaller (GLP, Malters) betonte den Vorteil von privaten Unterkünften für Flüchtlinge. Urban Frye (Grüne, Luzern) sagte, die Regierung solle die Zivilgesellschaft nicht als Störfaktor sehen, sondern als Teil der Lösung. Der Kanton solle pragmatisch vorgehen, und es solle auch gemeindeübergreifend gearbeitet werden.Der zuständige Regierungsrat Guido Graf (Mitte) nahm seine Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen in Schutz. Diese mache eine sehr gute Arbeit. Auch stehe Luzern im Vergleich mit den anderen Kantonen gut da. (sda/swe)

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.