Jetzt ist der Wahlkampf definitiv eröffnet

Es kommt Bewegung in die Regierungsratswahlen, die in knapp neun Monaten anstehen: Marcel Schwerzmann wird nicht mehr für eine fünfte Legislatur kandidieren. Das teilte der Bildungsdirektor heute Montagnachmittag an einem Medientalk überraschend mit.  

Marcel Schwerzmann wird nächstes Jahr nicht mehr zu den Gesamterneuerungswahlen antreten. Sein Amt stellt er am 30. Juni 2023 zur Verfügung. Foto Keystone
Stephan Weber

Neugierig macht sie ja schon, die Einladung zum «ungezwungenen Talk im Turm», welche das Bildungs- und Kulturdepartement vor ein paar Tagen verschickt hat: am 4. Juli, ab 13 Uhr, im Wasserturm bei der Kapellbrücke. Regierungsrat Marcel Schwerzmann lädt an diesem Montag die Medienschaffenden auf einen Rückblick und einen Ausblick in seinem Departement ein. Es locken «aktuelle Informationen rund um Bildung und Kultur aus erster Hand». Eine halbe Stunde vor dem «besonderen Anlass» gibt es Getränke und Sandwiches für die acht Medienschaffenden, die sich um den runden Holztisch im Wasserturm scharen. Der Raum ist verpachtet an den Luzerner Artillerieverein, auf dem Tisch sind Familienwappen eingraviert: Stofer, Rogger, Schleiss und viele andere.

Aus dem Nichts
Knapp eine Stunde ist seit der Begrüssung vergangen. Marcel Schwerzmann hat über die Planungsberichte informiert, über die Maturitätsquote, den Lehrkräftemangel, die Schulverwaltungssoftware und Personelles. Spannende Informationen, gewiss, aber wenig Neues, noch nie Gehörtes. Das ändert sich um 13.58 Uhr. Die unverdächtig verdächtige Medieneinladung hat es also doch in sich. Marcel Schwerzmann wird an diesem Montagnachmittag doch nicht nur über die Vergangenheit, sondern auch über die Zukunft reden. Vor der eigentlichen Fragerunde teilt er mit, dass er nach 16 Jahren Regierungsratstätigkeit und insgesamt 20 Jahren in der kantonalen Verwaltung nicht mehr zur Wiederwahl antritt. «Ich will einer jüngeren Person Platz machen, die für Konsens, Themenvielfalt und Verlässlichkeit in der Politik einsteht», sagt Marcel Schwerzmann. Jetzt sei der Zeitpunkt dafür ideal. «Ich sehe, was erreicht wurde und was noch ansteht. Ein Wechsel macht jetzt Sinn.»

Erstmals ein Parteiloser
Blicken wir kurz ein paar Jahre zurück: Am 13. Mai 2007 wird Marcel Schwerzmann im zweiten Wahlgang in die Luzerner Regierung gewählt. 39 900 geben ihm die Stimme. Mit dem damals 42-jährigen Finanzfachmann zieht erstmals ein Parteiloser und ein Quereinsteiger ohne politische Erfahrung in die Luzerner Regierung ein. Schwerzmann wird Nachfolger von SVP-Regierungsrat Daniel Bühlmann, der wegen unbezahlter privater Rechnungen in die Kritik geriet und von seiner Partei nach dem ersten Wahlgang ausgewechselt wird. Der neue Kandidat, Amtsstatthalter und Grossrat Peter Unternährer vereinigt über 9000 Stimmen weniger als Schwerzmann. Während der einstige kantonale Steuerverwalter die Regierung um Anton Schwingruber (CVP), Markus Dürr (CVP), Max Pfister (FDP) und Yvonne Schärli-Gerig (SP) komplettiert, wird die SVP zwei Jahre nach der Wahl von Bühlmann wieder in die Opposition geschickt. «Ich möchte eine konstruktive Sachpolitik für Stadt und Land machen und möglichst viel Gutes für den Kanton Luzern erreichen», sagte Schwerzmann damals gegenüber dem «Willisauer Boten», welches im Leitartikel das Kollegium aufforderte, das neue Mitglied «möglichst schnell zu integrieren, um eine professionelle und konstruktive Regierungsarbeit zu garantieren.» Für parteipolitische Ränkespiele sein kein Platz - auch nicht bei der Departementsverteilung.

Schuldenabbau und Sparmassnahmen
Zurück in die Gegenwart: Marcel Schwerzmann machte sich vor allem als Finanzdirektor einen Namen. Dieses Amt führte er von 2007 bis 2019 aus. Er sei mit dem Anspruch angetreten, eine nachhaltige Finanzpolitik zu betreiben, um den Kanton Luzern als «finanziell gesundes, handlungs- und wettbewerbsfähiges Staatswesen neu zu positionieren», heisst es in der gestrigen Medienmitteilung. Der Prozess habe sich für alle Luzernerinnen und Luzerner gelohnt, es sei dem Kanton in den letzten Jahren finanziell noch nie besser gegangen. Dieser Erfolg, so Schwerzmann in seinem Resümee, sei dem Kanton nicht in den Schoss gefallen. «Er musste mit teils unpopulären Sparmassnahmen verdient werden.»

Mit Lob wird nicht gespart in der Medienmitteilung. Schwerzmann habe den Aufschwung des Kantons entscheidend mitgeprägt, ist zu lesen. «Tausende neue Stellen» seien geschaffen und «zahlreiche Unternehmen» neu angesiedelt worden. Die Steuerbelastung für natürliche Personen seien gesunken, die Steuererträge stark angestiegen, die Steuerausfälle mehr als kompensiert. Als Folge dessen habe der Kanton Luzern «eine neue Handlungs- und Gestaltungsfreiheit gewonnen.»

Der Departementswechsel
2019 folgte der überraschende und wohl nicht freiwillige Wechsel von Schwerzmann ins Bildungs- und Kulturdepartement. Er habe sich schnell in das Aufgabengebiet eingearbeitet, «als Gestalter» engagiert, heisst es in der Mitteilung. Statt (weitere) Reformen anzugehen, habe er sich insbesondere für die «Förderung der Kernkompetenzen und der Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler verschrieben». Und: Als Kulturdirektor sei ihm der Zusammenschluss des Historischen und des Naturmuseums zum Luzerner Museum ein wichtiges Anliegen gewesen.

Der Blick in die Zukunft
Noch dauert es knapp neun Monate bis zu den Gesamterneuerungswahlen und knapp ein Jahr, bis der parteilose Bildungsdirektor sein Amt einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger übergibt. Bis zu diesem Zeitpunkt wolle er noch wichtige Geschäfte erfolgreich zu Ende führen, liess der Regierungsrat die Medienschaffenden wissen. Dabei erwähnte er die Erweiterung der Universität Luzern um zwei neue Fakultäten (Gesundheitswissenschaften/Medizin und Verhaltenswissenschaften/Psychologie), die Planungsberichte Volksschulbildung, Gymnasialbildung und Berufsbildung oder die Immobilienstrategie mit den Grossprojekten Campus Horw und dem zentralen Verwaltungsgebäude am Seetalplatz in Emmenbrücke.

Die private Zukunft von Marcel Schwerzmann, der in seiner Amtszeit insgesamt dreimal als Regierungspräsident amtete, ist offen. Er habe noch keine konkrete Stelle in Aussicht, antwortete der begeisterte Segler, der nächstes Jahr 58 Jahre alt wird. «Ich habe mehr Ideen als Zeit», sagte er. Er werde sich in nächster Zeit Gedanken machen und verschiedene Optionen prüfen. «Noch bin ich Regierungsrat und sehr motiviert. Es gibt noch viel zu tun im letzten Jahr.»

Was machen Graf und Winiker?
Die Erneuerungswahlen finden am 2. April 2023 statt. Offiziell ihre Kandidaturen bereits bekannt gegeben haben FDP-Wirtschaftsdirektor Fabian Peter und Mitte-Finanzdirektor Reto Wyss. Offen ist, ob Gesundheits- und Sozialdirektor Guido Graf sowie Sicherheits- und Justizdirektor Paul Winiker (SVP) nochmals antreten. Die GLP tritt mit Kantonsrätin Claudia Huser zur Wahl an, die Grünen mit Grossstadträtin Christa Wenger. Die SP wird aus den drei Kandidatinnen Ylfete Fanaj, Yvonne Zemp Baumgartner und Melanie Setz im September eine Kandidatin nominieren, um ihren Sitz, den sie 2015 verloren hatte, wieder zurückzuerobern.

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