Wo sich Tradition und Technik treffen

In den Regalen von Coop und den Salatsaucen von Brunos Best befindet sich Öl, gepresst in der Mühle Briseck. Mitten in der Saison war der WB für ein Augenschein vor Ort und liess sich von Geschäftsführer Peter Ulrich der Weg vom Korn zum Speiseöl erklären.

Peter Ulrich, Geschäftsführer der Mühle Briseck, mit einer Hand voll Rapssamen. Foto Chantal Bossard
Chantal  Bossard

Sie ist nicht zu übersehen, wie sie da am Zeller Wegesrand steht, mit ihrem Turm und einer Reihe Silos, die dem Himmel entgegenstreben: die Mühle Briseck. In der Einfahrt stehen «Big Bags», grosse Säcke, in Plastikbehältern. Sie sind gefüllt mit dem Futterkuchen, der als Abfallprodukt entsteht, wenn Samen zu Öl gepresst werden. Als sich eine Tür seitlich des Gebäudes öffnet, bahnt sich das Dröhnen der Maschinen seinen Weg nach draussen. «Ich bin gleich da», ruft Peter Ulrich, um darauf wieder im Lärm unterzutauchen. Es herrscht Hochbetrieb. Nicht von ungefähr: Ab Mitte Juli fahren die Mähdräscher über die Rapsfelder der Region. Einen Teil der Ernte landet schliesslich in der Mühle Briseck. Hier werden die Samen zu Speiseöl.

Kein Platz für Nostalgie
Wer die Produktionsräume betritt, es  rattern und knattern hört, blinken und drehen sieht, der weiss: Hier bleibt kein Platz für Nostalgie. «Das Müllerhandwerk wurde weitgehend technisiert», sagt Peter Ulrich mit Blick auf die Maschinen. In der Produktion teilen sich drei Leute um die 200 Stellenprozent. Trotz des automatisierten Ablaufs ist Fachwissen gefragt: «Vor allem bei der Wahrenannahme muss man die Qualität der gelieferten Saat einzuschätzen wissen.» Das sei entscheidend für das Endprodukt. Nach Annahme der Ware übernehmen die Maschinen: Sie reinigen die Samen vom Schrot, sie trocknen, pressen, filtern. Der Mensch wartet die Maschinen, er überwacht, kontrolliert, flickt, er behält den Überblick. Und: Zapft das Öl schlussendlich in den Tank – für Brunos Best und Regiofair. Oder in Flaschen für Coop und den Laden vor Ort.

450 Tonnen Raps
Von klein bis gross, von gelb bis rot, stehen die Flaschen im Regal des Mühleladens: Rapsöl, Sonnenblumenöl, Chiliöl, Leinöl und Hanföl. «Hauptsächlich verarbeiten wir hier jedoch drei Sorten», sagt Ulrich: Raps mit rund 450 Tonnen, Sonnenblumen mit 40 Tonnen und Lein mit zehn Tonnen jährlich. Rund ein Drittel davon wird zu Öl. Was zu zwei Drittel übrigbleibt, nennt sich nicht von ungefähr «Futterkuchen»: Es geht wieder an die Bauern zurück und wird den Tieren verfüttert. «So haben wir praktisch kein Abfallprodukt.»

Öl gemischt mit Diesel
Nachhaltigkeit: ein Stichwort, welches bei dem Besuch in der Mühle Briseck immer wieder fällt. So weist Peter Ulrich beim Rundgang auf das eigene Wasserkraftwerk und die Sonnenkollektoren hin, womit der Strom- und Wärmebedarf der Mühle gedeckt werde. Von hier, für hier: Das gilt auch bei Ware und Abnehmer. «Wir denken in regionales Kreisläufen – vom Bauern bis zum Kunden.» Vor 15 Jahren wurde die Weizen- und Futtermühle zur Ölmühle umgebaut. «Eigentlich nicht mit dem Ziel, Speiseöl zu produzieren», stellt der Agronom gleich zu Beginn des Gesprächs klar. Das Öl mischte er nämlich mit Kerosin oder Diesel – es entstand ein Biokraftstoff. «Fossile Treibstoffe sind endlich und müssen früher oder später ersetzt werden, zudem wollen EU-Ländern und die Schweiz den CO2-Ausstoss senken», erklärt Ulrich. «Also fragte ich mich: Warum nicht auf Biokraftstoffe setzen?»

Der Pioniergeist lebt weiter
Biokraftstoff lässt sich nicht nur aus Raps herstellen. Aber: «Raps ist die Ölpflanze, die sich in Mitteleuropa am wohlsten fühlt. Als Dünger genügen Mist und Gülle.» Zudem sei die Kaltpressung von Pflanzenölen ein einfaches und ökologisches Verfahren, so Ulrich. Kurz: Im Rapsanbau für Treibstoffzwecke sah er die Zukunft. «Und das tu ich auch heute noch», hält der Unternehmer fest. «Aber die Politik hat die Bedingungen bedauerlicherweise so festgelegt, dass die Produktion von Biokraftstoff aus Raps für einen Unternehmer nicht lohnenswert ist.» Obwohl Peter Ulrich das Projekt Biokraftstoff aus Zell 2013 beerdigt hat, gerät er noch immer ins Gestikulieren, kommt das Thema zur Sprache. «Ich bin nach wie vor total davon überzeugt.» Zu sagen hätte er das nicht gebraucht: Die Art und Weise, wie er Zahlen nennt, Zusammenhänge knüpft und sich über die Vorgehensweise gewisser Interessensgruppen stört, sprechen für sich.
Das Projekt Biokraftstoff mag auf Eis gelegt sein, der Pioniergeist allerdings, der lebt in Zell weiter. Das Resultat landet bei uns auf den Tellern: kaltgepresste Öle, «die in Sache Geschmack, Gesundheit und Ökologie höchste Ansprüche erfüllen».

Chantal Bossard

Kaltgepresst – was heisst das?

Es gibt zwei Verfahren, wie Speiseöl gewonnen werden kann: die Kalt- und die Heisspressung. Bei Letzterem pressen die Hersteller die Ölsamen und Ölfrüchte unter grosser Wärmezufuhr (gegen 100 Grad Celsius) und erreichen so einen höheren Ertrag als mit einer Kaltpressung. Danach wird das gewonnene Öl raffiniert, um unerwünschte Stoffe wie Schleim und Bitterstoffe zu entfernen. Dadurch verlieren diese Öle ihren Geschmack – im Gegensatz zur Kaltpressung sind sie geschmacksneutral. Kleinere Betriebe – wie etwa die Zeller Mühle – setzen eher auf eine Kaltpressung, welche als schonender gilt, jedoch weniger Ölausbeute gibt.  Dafür wird der Samen nicht erhitzt. «Wir pressen nur unter 50, meist sogar unter 40 Grad Celsius», sagt Peter Ulrich. «Die Kaltpressung ist besser für die Ölqualität, da kaum Vitamine und Fettbegleitstoffe verloren gehen – anders als bei der Heisspressung», so Ulrich. bos/pd

Der ehrlose Müller

Der Müller gehörte zu jenen Berufen, die von der Gesellschaft des Mittelalters verachtet wurden. Ein Müller galt als «ehrlos» und «verrufen». Wieso? Zum einen unterlag der Müller wegen der ständigen Anwesenheitspflicht in der Mühle keiner Wehrpflicht. Das galt in der damaligen Zeit als «gegen die Ehre». Aufgrund des jahreszeitlich unterschiedlichen Wasseraufkommens wurde ihm eine Entbindung vom Feierabend- und Feiertagsgebot zugestanden. Das wiederum galt als «unchristliches Verhalten». Wenn der Bauer mit seinem Korn zur Mühle ging und immer mit zu wenig Mehl nach Hause kam, dann richtete sich seine Wut nicht gegen die Obrigkeit, der eigentlich den Müller schröpfte, sondern gegen den Müller. Sogar die Tatsache, dass Störche wegen des Lärms nicht auf Mühlen nisten, wurde den Müllern angelastet: Die klugen Vögel hätten Angst, dass der Müller ihnen die Eier stiehlt, spottete das Volk. Die Niedrigstellung ging so weit, dass der Müller nicht in die Ehrenämter der Gemeinde gewählt werden konnte. Und: Keine achtbare Zunft oder Gilde nahm ihn auf. bos

Quellen: Jonas und Holger Belzer «Die Mühlen von Köppern», Dr. Herbert Zimmermann «Suleburc Chronic», 1981.

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