«Big Thom» brennt fürs Grillieren

Grillieren ist eine Wissenschaft für sich. Das erkennt, wer bei Thom Loosli zu Besuch ist. Über verschiedene Holzkohlen, passende Gar-Temperaturen, Desserts vom Grill: «Big Thom» weiss Bescheid.

Thom Loosli alias «Big Thom» weiss alles rund um den Grill. Foto Thomi Studhalter
Chantal  Bossard

Thom Loosli ist nicht zu übersehen. Gewichtig, dieser Mann. Und zwar nicht nur wegen seines Bauchumfangs. Breitbeinig steht er vor seinem Shop in der Bahnhofstrasse, Tattoos an Armen und Beinen, kurze Hosen, schwarzes Shirt. Scheinbar unnahbar. Doch das Gegenteil ist der Fall: Steht «Big Thom» draussen, dann winken Velofahrer, hupen Autos, bleiben Fussgänger für einen Schwatz mit ihm stehen. Ist er drinnen, stürmen Kunden und Kinder den Laden. Letztere wollen «ihren Thom» besuchen, ihren Schulbusfahrer, mit dem sie stets so einen Spass haben. Erstere lassen sich von ihm beraten: Gas? Keramik? Pellet? Kohle? Smoker? Oder doch lieber ein Elektrogrill? Welche Kohle, welches Messer, welches Gewürz? Mit vielen Fragen entern sie das Grill-Fachgeschäft, und es sei garantiert: mit noch mehr Antworten verlassen sie es wieder. Denn: Thom Loosli weiss Bescheid. Wenn es ums Grillieren geht, ist er der Experte. Seit 2019 führt er zusammen mit seiner Frau Astrid «Big Thom's BAR-B-Q». Der Name ist Programm.

Als hätte er nie etwas anderes gemacht
«Die beste Wahl wäre halt schon Fleisch vom Nacken oder der Schulter. Da hat man was davon, das ist dann richtig geil. Wichtig ist, dass das Stück gut durchwachsen ist und eine feine Fettmarmorierung aufweist, damit es während der langen Garzeit nicht austrocknet. Wichtig ist bei Pulled Beef, dass du das Fleisch ‹impfst›. Ja, ich garantiere dir: Das kommt dann viel besser, das sind Welten!», erklärt Thom Loosli einem Kunden. Und er ist noch lange nicht fertig: Vom Kohlestand bis zum Anzünden, von der Temperatur bis zum Ruhen des Fleisches – «Big Thom» rattert runter, was zu beachten ist. Schliesslich hält er einen Moment inne, nickt zufrieden. «Ja, so sollte dein Pulled Beef gut kommen.» Der Kunde verabschiedet sich dankend und ist schon fast zur Tür raus, da ruft ihm Thom Loosli noch nach: «Und wenn irgendwas ist, ruf an, du hast ja meine Handynummer.»
Dann verschwindet er wieder in den hinteren Teil seines Geschäfts, einem kleinen Büroraum, wo das Interview stattfindet. «Bitte entschuldige die Unterbrechung, aber solche Fragen will ich einfach rasch beantworten», sagt er. Es soll nicht das einzige Mal bleiben – kaum hört er seine Kundinnen und Kunden grilltechnische Fragen stellen, da hält es ihn nicht mehr auf dem Bürostuhl und er stürmt nach vorne in den Laden, um Rede und Antwort zu stehen, Tipps zu geben und Tricks zu verraten. Auch Hintergründe versteht der Willisauer zu erläutern: So erzählt er etwa, wie der «Dutch Oven» im 19. Jahrhundert Amerika eroberte oder dass es am 24. September ein afrikanischer Feiertag zu Ehren des BBQ gäbe – der sogenannte Braai-Feiertag. Thom Loosli weiss so viel, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Was überhaupt nicht der Fall ist.

Ob beim Essen oder Trinken: ein Genussmensch
Nachdem er die obligatorische ­Schule in Willisau abgeschlossen hat, lernt er Ersatzteilverkäufer, wurde mit 25 Jahren bereits Filialleiter. Motiviert durch einen guten Freund, absolviert er Weiterbildung um Weiterbildung bis hin zum diplomierten Technischen Kaufmann. «Schreib einfach ‹war im Detailhandel tätig›, das genügt», sagt «Big Thom». Oder eigentlich: Thomas Loosli. Doch so hat ihn noch nie jemand genannt: In der Schulzeit wurde Thomas bereits zu «Thom», da es in seiner Klasse etliche Namensvetter gab. «Big» kam später dazu. «Lueg mi ah, de ­weisch wieso», sagt er und lacht. «Mir sieht man direkt an, was ich bin: ein Genussmensch.» Ein gutes Mahl, dazu ein feiner Tropfen und zum Schluss einen Gin – solchen hat er heute übrigens auch im Sortiment – all das zusammen mit Familie und Freunden. «Was gibt es Schöneres?» Schon früh interessiert er sich zudem für das Grill-Handwerk. Auf Reisen mit dem Motorrad oder Wohnmobil zusammen mit seiner Frau bereiten sie sich das Essen häufig über dem Feuer zu. «Wir mögen diese urbane, ehrliche Lebensart», sagt er. Doch wie diese Leidenschaft schliesslich zum eigenen Geschäft führte – dazu später mehr.

Die Schlagzeugnoten  «Highway to Hell» von AC/DC tätowiert
Denn erst will noch erwähnt werden, was Thom Loosli sogleich erzählt, fragt man ihn nach seinem Werdegang: die Musik. Seit der Kindheit ist sie ein ständiger Begleiter von ihm. Mit sechs Jahren hat er seinen ersten Auftritt mit dem Handörgeli. Tanzmusik bis zur Volljährigkeit. Was danach kommt, erstaunt kaum, zumal sich Thom Loosli «Rock 'n' Roll» auf den Schenkel und die Schlagzeugnoten von «Highway to Hel» von AC/DC auf den Unterarm tätowiert hat: Der Schlagzeuger gründet, kaum 18-jährig, zusammen mit Freunden die Rockband «Broken Chain», die sich später zu «Neighborhood» wandelte. Nebenbei organisiert er Partys, mischt Bands ab, ging als Veranstaltungstechniker auf Konzerttourneen mit. Hobby und Beruf kommen schlussendlich zusammen: Sechs Jahre arbeitet Thom Loosli als «Key Account Manager» bei der Firma Sennheiser, «eine grosse Nummer in der Veranstaltungstechnik». Angekommen, könnte man meinen. «Doch ich hatte Lust, etwas ganz Eigenes aufzubauen.» Und zwar etwas, was es seiner Meinung nach nur wenig gibt in der Schweiz: ein Grill-Fachgeschäft. Denn: «Grills verkaufen ­viele. Von A bis Z umfassend beraten, Rundum­service, das tun hingegen nur wenige.»

Zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt
Lange vor der Geschäftsidee besucht «Big Thom» schon Grill-Messen in Deutschland, liest Fachbücher, schaut Youtube-Videos. Und spürt immer mehr: «Outdoor zu kochen ist im Aufschwung, ein Trend, ja sogar ein Life­style – doch in der Schweiz fehlen die Fachgeschäfte dazu.» Das ändert Thom Loosli – zusammen mit seiner Frau Astrid, wie er stets betont. 2019 eröffnen die beiden «Big Thom's BAR-B-Q» an der Willisauer Bahnhofstrasse. «Zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt», sagt er mit Verweis auf Corona. Momentan würden sie aufgrund der Pandemie hinter ihrem Businessplan herhinken. Deswegen Trübsal blasen? Nicht Thom Loosli. Kurzerhand meldet er sich als Schulbusfahrer, kutschiert morgens und mittags die Kinder ins Schlossfeld. Der Willisauer ist sicher: «Unser Konzept funktioniert, Geschäfte wie unseres haben Zukunft.» Jeder Grill, den er verkauft, hat er selbst getestet. Unzählige Grills stehen momentan bei ihm zu Hause. «Ich verkaufe nur, von was ich überzeugt bin», sagt er. Nebst dem Verkauf von Grills und Zubehör bietet «Thom's BAR-B-Q» auch Reperatur und Reinigung an, zudem führt ein deutscher Grillmeister im Namen des Geschäfts Grillkurse durch. An Interessierten fehlt es nicht: «Mich freuts, dass auch immer mehr Frauen den Grill für sich entdecken», so Thom Loosli. Sie würden merken, wie vielfältig die Grilliererei ist. «Vom Apéro bis zum Dessert lässt sich alles auf dem Grill zubereiten.» Er betont: «Es muss nicht immer Fleisch sein.»

Von der Nase zur Schwanzspitze
Und falls doch, hat Thom Loosli seine Prinzipien. «Für mich beginnt das Grill-Handwerk nicht erst beim Zubehör dafür», sagt er. Sondern: «Auch die ethischen Aspekte schreibe ich gross.» Woher stammt das Tier? Wie wurde es gehalten? Wie wurde es verarbeitet? «All diese Fragen stelle ich mir.» Wichtig sei ihm zudem, dass das Tier «Nose to Tail», also von Nase zur Schwanzspitze, verwertet werde. «Es soll möglichst wenig weggeschmissen werden.» Sagt einer, der einst eine ganze Kuh am Stück über dem Feuer zubereitete. Aber das ist eine andere Geschichte. Sowieso: Unterhält man sich mit Thom Loosli, bekommt man viele solche verrückten Geschichten zu hören, Anekdoten, Lebensweisheiten, Erlebnisse. Thom Loosli erzählt gerne. Und die Leute hören ihm gerne zu, bleiben stehen, wenn sie sehen, wie er da im Eingang seines Shops steht, Tattoos, kurze Hose: «Big Thom» kennen alle. Er ist aber auch nicht zu übersehen.

Chantal Bossard

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