Wird Gettnau Ortsteil von Willisau?

Am 29. März entscheiden die zwei Nachbargemeinden, ob sie fusionieren. CVP, FDP, Grüne und SP sprechen sich für den Zusammenschluss aus. Gegen die Heirat votiert einzig die Willisauer SVP-Ortspartei.

Gettnau (links die Gemeindefahne) und Willisau stimmen am 29. März ab, ob sie fusionieren wollen. Foto Norbert Bossart
Norbert Bossart

Gettnau und Willisau: Aus zwei mache eins? Die Stimmberechtigten werden diese Frage am 29. März an der Urne beantworten. Der Zusammenschluss bedingt eine Ja-Mehrheit in beiden Gemeinden. Ist dies der Fall, erfolgt die Fusion auf den 1. Januar 2021. Die vereinte Gemeinde würde Willisau heis­sen. Der Kanton Luzern ist bereit, das Fusions­projekt mit 7 Millionen Franken zu unterstützen. Dies vor allem, weil ohne Zusammenschluss höchste Gefahr besteht, dass Gettnau seine Handlungsfähigkeit einbüssen wird. Denn die finanziellen Perspektiven der 1100-Seelen-Gemeinde sind düster und ohne Aussicht auf Besserung.
 

Überparteiliches Ja-Komitee gegen SVP-Nein

«Beide gewinnen – Ja zur Fusion Gettnau-Willisau»: Mit diesem Slogan zieht das überparteiliche Pro-Komitee in den Abstimmungskampf, das auch von  den Ortsparteien FDP und CVP in Gettnau sowie CVP, FDP, Grüne und SP in Willisau unterstützt wird. Die Befürworter argumentieren: Der spätere Willis­auer Ortsteil Gettnau habe weitaus bessere Entwicklungsmöglichkeiten als bei einem Alleingang. Willisau werde gleichzeitig als Regionalzentrum gestärkt. Gegen das Fusionsvorhaben opponiert als einzige Ortspartei die Willisauer SVP. Deren Begründung: Willis­au sei bei einer Fusion die Verlierer­gemeinde.

Welche Argumente führen die Befürworter und Gegner ins Feld? Der WB liess sie zu Wort kommen.

 

PRO: Win-win-Situation – beide Gemeinden profitieren

Charles Bossert, Co-Präsident überparteiliches Komitee «Beide gewinnen – Ja zur Fusion Gettnau-Willisau» schreibt:
 

Bessere Entwicklungsmöglichkeiten für Gettnau

Aufgrund der Grösse, Bevölkerungsstruktur und Lage ist ein Alleingang für Gettnau je länger desto schwieriger. So bekundet die Gemeinde seit Längerem grosse Mühe, ihre Ämter und Chargen zu besetzen. Ein kantonaler Entschuldungsbeitrag würde Gettnau zudem zwingen, den Steuerfuss auf mindestens 2.6 Einheiten anzusetzen. Diese Alternative muss bei nüchterner Betrachtung als schlecht abgetan werden. So besteht nämlich die Gefahr, dass Gettnau in eine Negativspirale hineingerät und dies darf weder im Interesse von Gettnau noch von Willisau sein. 

Nach einer Fusion kann Gettnau als Ortsteil von Willisau vielmehr von einem attraktiveren Steuerfuss und von besseren raumplanerischen Möglichkeiten profitieren, was Gettnaus Entwicklungschancen deutlich verbessert und eine dynamische Entwicklung ermöglicht. Trotzdem wird Gettnau weiterhin eine eigene und selbstbewusste Dorfgemeinschaft bleiben können und wollen.
 

Regionalzentrum Willisau wird weiter gestärkt

Für das Regionalzentrum Willisau bedeutet die Fusion eine weitere Stärkung. Die Stadt Willisau wird durch die Fusion zur achtgrössten Gemeinde des Kantons. Diese Stellung gibt der Stadt Willisau als wichtiges Zentrum auf der Luzerner Landschaft kantonsweit mehr Gewicht und Einfluss. Mit ihrem umfassenden Bildungs-, Sport- und Kulturangebot, gepaart mit einem guten Wohnangebot und einer guten Verkehrsanbindung wird Willisau damit noch attraktiver, so auch steuerlich. Das Regionalzentrum bekommt auch raumplanerisch mehr Möglichkeiten und damit auch bessere Wachstumschancen. Dies ist wiederum für die regionale Wirtschaft und das Gewerbe sehr wichtig, welches übrigens bereits heute eng miteinander verzahnt ist.
 

Strategische Fusion mit «Win-win-Situation» 

Willisau nimmt also keinen «armen Bettler» auf, der dann aufs Portemonnaie von Willisau drückt! Die Fusion verbessert vielmehr die Entwicklungschancen von Gettnau und hebt damit auch diejenigen des Regionalzentrums Willisau. 

Die Fusion verbessert die Entwicklungschancen von Gettnau und stärkt Willisau als Regionalzentrum.
Charles Bossert
Co-Präsident des überparteilichen Pro-Komitees

Zusammen mit dem grosszügigen Kantonsbeitrag kann damit die Finanzkraft von Willisau erhöht werden. Der gemeinsame Finanzplan liegt bekanntlich im grünen Bereich und die Pro-Kopf-Verschuldung von Willisau geht sogar zurück. 

Deshalb sind da und dort geäusserte Bedenken bei den Finanzen völlig unglaubwürdig und unbegründet. Eine Fusion ist zudem ein dynamischer Prozess, das hat der Zusammenschluss der beiden Willisau eindrücklich gezeigt.

Als Unternehmer und Gewerbetreibender mit Wurzeln und Tätigkeitsfeldern in Gettnau und Willisau empfehle ich Ihnen daher im Namen des überparteilichen Komitees ein überzeugtes Ja am 29. März 2020!

 

KONTRA: Willisau ist die Verlierergemeinde

Marcel Merz, Präsident der SVP Willisau, schreibt:

Grundsätzlich ist auch die SVP dafür, dass wir einer Nachbargemeinde helfen. Aber wie der Stadtrat in der Einleitung der Botschaft geschrieben hat, nicht zum finanziellen Nachteil von Willisau.

Der Stadtrat hat wesentliche finanzielle Auswirkungen für Willisau nicht ausreichend dargelegt. Vor allem die wichtigste Frage: Wie weit reichen die 7 Millionen Kantonsbeitrag? Aus unserer Kalkulation reicht dieser Kantonsbeitrag nur ganz wenige Jahre. Danach zahlt Willisau jedes Jahr die Kosten aus dieser Fusion. Wohl deshalb ist bereits eine Steuererhöhung mit der Fusion geplant. Das Argument, dass eine Steuererhöhung nötig ist, weil Willis­au eine Verlierergemeinde aus dem neuen Kostenteiler ist, glauben wir nicht. Dazu wurden auch keine Details aufgezeigt.

Für eine Fusion spricht die jährliche Kosteneinsparung von 100 000 Franken. Gegen eine Fusion spricht:

> Mit der Fusion sind höhere Steuern unumgänglich. Die erste Steuererhöhung ist bereits geplant. 

> Die Fusion kostet Willisau bis zu einer Million Franken pro Jahr.

> Gettnau hat pro Einwohner mehr Schulden als Willisau.

> Grosse Fusionskosten von 600 000 Franken.

> Grosse Investitionen in Gettnau in den nächsten zwei bis drei Jahren von zwei Millionen Franken.

> Risiko, dass gute Steuerzahler abziehen oder gar nicht nach Willisau kommen.

> Risiko für Leerstände bei Wohnungen.

> Risiko für Steuererhöhungen.

> Risiko wichtige Projekte in der Zukunft nicht rea­lisieren zu können.

Finanziell ist Willisau mit dieser Fusion die Verlierergemeinde.
Marcel Merz
Präsident der SVP Willisau

Es gibt Argumente, welche für uns nicht zählen, da diese finanziell nicht beziffert werden können oder hauptsächlich auf «Gefühl» basieren:

> Dass die beiden Gemeinden schon gut zusammenarbeiten. Das können beide auch weiterhin als einzelne Gemeinden.  

> Dass Willisau mit der Fusion gute Entwicklungschancen hat: Wir sind der Meinung, dass Willisau die besseren Entwicklungschancen ohne eine Fusion mit Gettnau hat. 

> Die Stärkung des Regionalzentrums ist für uns nicht so wichtig, dass dafür die Steuern erhöht werden müssen. Der Stadtrat hat uns Bürgern nie die Kosten und den Nutzen für das Regionalzentrum aufgezeigt. Auch als fusionierte Gemeinde bleibt Willisau weiterhin die achtgrösste Gemeinde im Kanton Luzern. 

> Der Nordanschluss kann ebenso als getrennte Gemeinden realisiert werden.

Der Stadtrat hat nicht erklärt, wie das Grundproblem von zu wenig Steuereinnahmen in Gettnau gelöst wird. Zudem zahlen alle Gettnauer mit der Fusion weniger Steuern, denn der tiefere Steuerfuss von Willisau gilt für alle Gettnauer. Das bedeutet Mindereinnahmen von ca. 600 000 Franken pro Jahr.

Zum Thema Schulden: Die Aussage des Stadtrates «die Schulden sinken» ist eine Falschaussage. Wenn Willisau eine verschuldete Gemeinde übernimmt, steigen ganz einfach die Schulden. Der Kantonsbeitrag soll nicht für Schuldenrückzahlung verwendet werden. Er ist frei verfügbar.

Fazit: Finanziell ist Willisau mit dieser Fusion die Verlierergemeinde.

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