Schnitzelbänkler schwangen oben aus

Sechs Schnitzelbankgruppen stiegen am Güdismontag in die Hosen. Sie luden zum verbalen Hosenlupf und schwangen mit träfen Sprüchen oben aus. Als Sieger verliess das Publikum den Platz. Es genoss einen kurzweiligen Abend. 

Sie luden zum verbalen Hosenlupf: (von links) Cali & Vali (Stefan Calivers und Valentin Kunz). Foto Thomi Studhalter
Norbert Bossart

Der eine breit wie Stucki, der andere hager und klein. Optisch sind Cali & Vali (Stefan Calivers und Valentin Kunz) ein ungleiches Paar. Dennoch stiegen sie am Spröchliabend der Karnöffelzunft Willisau gemeinsam in den Ring. Cali in Schwingerhose und Edelweisshemd, Vali in weisser Nationalturnermontur. Die beiden legten sich nicht gegenseitig auf den Rücken, sondern schwangen mit ihren Sprüchen oben aus und wirbelten ordentlich Sägemehl auf. Apropos Sägemehl. Dieses sei nicht mehr wie einst, sondern «biologisch abbaubar, ausgezeichnet mit der giftgrünen Greta-Knospe». Wenn das so weitergehe, gäbe es auf der Tribüne bald «laktosefreies Bier», «fleischlose Landjäger» und «alkoholfreien Speck», befürchten die beiden. Doch nicht nur die grüne Welle bereitet den beiden Bösen Sorgen, sondern auch die deutsche Welle. Sie erobere Willisau im Sturm. Damit spielten Cali & Vali auf den katholischen Gemeindeleiter aus Bayern und den reformierten Pfarrer aus dem Ostfriesland an. 

«Wenn eine e tütschi Zunge hett
und isch er no so schlau –
de chann är predige wiener wott
s verstoht ihn bloss kei Sau.»

Nun fehle nur noch ein deutscher Stadtpräsident. «Oder noch schlimmer: ein Gettnauer». Darauf sangen Cali & Vali ein Lied. Statt um Sidi Abdel Assar von El Hama gings darin um «Hodu Wändi vo Willisauau». 

«Ar Stadtrots-Sitzig seit är denn:
Oh, Erna.
Das schöne Gättnou muess mer
eifach gärn ha.
E Ziegelei tüends biete.
Au d Läufer sind keine Niete.
Und super Guugge tüend dör
d City schränza.»

Rätsch­wyber (Lisbeth Thürig, links, und Romy Müller). Foto Thomi Studhalter

Die geplante Fusion von Willisau und Gettnau beschäftigte auch die Rätschwyber (Lisbeth Thürig und Romy Müller). Sie haben Erbarmen mit den Gettnauer, die durch die Fusion zum einen die «Allüren der Willisauer Hohheit» übernehmen müssten, zum andern  das Parkplatzreglement.

«S Wichtigschte esch d Ifüherig
vo de Parkplatzgebühre – 
die bringe schints meh Chöle
als sämtlechi Hunde-Stüüre.»

Über eine zusätzliche Einnahmequelle würde sich bestimmt auch der FCL freuen. 

«Wie alli andere Clüb esch ou de FCL defizitär –
die Witsche ond Watsche hend vöu z höchi Salär.»

Nicht nur die Geschehnisse im Fussball, sondern auch jene in der Politik haben die Rätschwyber analysiert. Sie wissen, warum die Grüne Regula Rytz nicht in den Bundesrat gewählt wurde: Sie sei schlichtweg eine «schräge Trulla», eine Gesundbeterin wie früher «Uriella». Auch der Ausgang  der Luzerner Regierungsratswahlen im vergangenen Herbst hat die beiden Wyber nicht erstaunt. Mit Fabian Peter habe den Sprung in den Regierungsrat ein «anständiger Schwarzer» geschafft, sie seien einfach zu kratzbürstig, die «lingge Chatze». Damit bleibt die Regierung ein «Männergremiom», irgendetwas laufe «chrom». 

Am Spröchliabend trieben die Rätschwyber die Frauenquote in die Höhe. Sie gehören zu den Urgesteinen in der Spröchliszene. Ihr Auftritt ist unverkennbar. Sie tragen seit über zwanzig Jahren dieselben Deuxpièces und singen die eine Melodie. Und dennoch vermögen sie Jahr für Jahr zu überraschen und vielleicht auch den einen oder anderen Politiker von ihren Ideen zu überzeugen. Als Nachfolge für den abtretenden SVP-Präsident  Albert Rösti haben die Rätschwyber gleich zwei Kandidaten im Visier.

«Be de SVP gsächte mer es Co-
Präsidium usem Kanton Lozärn –
Vroni Thalmann ond Felix Müri,
beide hei d Brotwörscht gärn.»

urbi@orbi (Herbert Gut, Franz Zemp, Urban Schwegler). Foto Thomi Studhalter

Nicht die kulinarischen Vorlieben, sondern die Familie verbindet  «Gmür und Gmür». Die Gruppe urbi@orbi (Herbert Gut, Franz Zemp, Urban Schwegler) wies auf die Verschwägerung des Bischofs und der CVP-Ständerätin hin. Die Spröchler lobten das Engagement von Andrea und tadelten Felix Gmür.

«Hätti de Felix de Biss vo sinere Schwägeri übernoh –
wär er viellicht scho zur Kardinalswürdi cho.»

urbi@orbi kennt die kirchlichen Strukturen aus dem Effeff. Hinter der vatikanischen E-Mail-Adresse stehen zwei Pfarreileiter und ein kirchlicher Kommunikationsprofi aus der Stadt Luzern. Sie treten in weissen Gewändern als Päpste auf. So heilig sie auch aussehen, ihre Sprüche sind bissig, frech und kritisch. Da bekommt auch schon mal die Kirche ihr Fett weg.

«Wieso schlot sech Rom s Zölibat ned ähndlech usem Grind?
Mer sie doch agwese of jedes katholische Chend.»
Während die drei Männer in diesem Punkt die Kirche hinterfragen, loben sie bei der Digitalisierung deren Fortschritt. Wer noch analog unterwegs sei, der spinnt. Sogar in der Kirche spende man jetzt schon mit Twint. Vorausschauend wollen urbi@orbi etwas fürs Klima tun und fahren wieder mehr mit dem «Göppel» und verzichten noch so gerne auf Leute wie «Köppel». Die SVP meine, unser Einfluss aufs Klima sei nicht extrem und der Klimawandel sei kein Problem. 

Duo Sparflamme (Flaschensepp und Christine Demel). Foto Thomi Studhalter

Das sieht das Duo Sparflamme (Flaschensepp und Christine Demel) anders. Flaschensepp stellte sich dem Publikum als Energieberater der Stadt Willisau vor. Seinem scharfen Blick ist keine Sparaktion entgangen. So hat er festgestellt, dass der «Mohren» bei den Schweinen spart. Hier stünden neuerdings «Schweins-Sparer Rips» auf der Karte. In Faustos ehemaliger Beiz sollen sich die Gäste in der Küche aufwärmen. Das Restaurant sei nicht mehr geheizt, dafür werbe der Wirt mit einer durchgehenden «warme Küche». Jede der Aktionen hat Flaschensepp fotografisch festgehalten. Er rechnet seiner Bühnenpartnerin Christine Demel vor, warum die CKW in Willisau die grösste Energiesparerin sei. Anscheinend kann diese in der Käppelimatt den Stromverbrauch der zwölf Strassenlampen um 50 Prozent reduzieren, ohne dass es jemand merkt.

Päuli (Urs Mahnig). Foto Thomi Studhalter

Auch Päuli (Urs Mahnig) achtet akribisch auf ihre Energiebilanz. Sie schaltet nachts das Licht beim Autofahren nur bei Gegenverkehr ein und hat bei Kühlschrank, Gefriertruhe und Abwaschmaschine sämtliche Lämpli rausgeschraubt. Ihre Energie setzt Päuli beim Putzen ein. Sie habe eine gute Stelle gehabt, erzählt sie dem Publikum. Sie sei Feuer und Flamme gewesen für ihren Job im Restaurant Untertor. Die Beiz sei brandneu, ohne Beizer und Gäste, die bei der Arbeit stören. Dank ihrer Erfahrung habe sie die Hand ins Feuer legen können, dass sie nichts anbrennen liesse. Doch dann unterlief ihr ein folgenschwerer Fehler. Sie verwechselte ein B mit einem P, bestellte Pürro- statt Büromaterial. Dies der Polizei zu erklären sei unmöglich gewesen. So habe sie ihren Job verloren. 

Näbufrässer (Thomas Gut und Peter Kempf). Foto Thomi Studhalter

Auf verlorenem Posten werde sich wohl die eine oder der andere im Alter vorkommen. Daraus machten die Näbufrässer aus Malters (Thomas Gut und Peter Kempf) kein Geheimnis. Sie erzählten von Lisis Brusttattoo, das nun unter dem Busen hängt oder von Fritz’s Zungenpiercing, das sich im Gebiss verfängt.

«D Schwöschter hängt e Chetti ah,
am Nasering vom Sepp
Will dä nie allei wott gah,
is Zimmer ond is Bett.»

Die Nabüfrässer widmeten sich auch dem aktuellen Geschehen, sangen von Greta’s Knall und ihrem Segelboot sowie von Max, der jeden Freitag demonstriert um die Welt zu retten. Leider könne er nur bis drei Uhr bleiben, damit er den Flieger an den Ballermann nicht verpasse.Apropos verpassen: Dem Publikum entging am Spröchliabend keine Pointe. Der Abend verging im Flug. Die 1000 Zuschauerinnen und Zuschauer genossen in fünf Willisauer Beizen sowie in der «Schlossschüür» und im Rathaus viel Witz, Wortspielereien und Wahnsinn. Sie waren die eigentlichen Gewinner des Abends.

Wäpfuzescher. Foto Thomi Studhalter
Bronzmusig. Foto Thomi Studhalter

Doch auch die sechs Schnitzelbankgruppen und die beiden Kleinformationen Wäpfuzescher und Bronzmusig gingen nicht leer aus. Sie ernteten für ihre brandaktuellen, bissigen Verse und schrägen Töne viel Lob. Wie die anderen Gruppen verliessen auch die beiden Schwinger Cali & Vali die Lokale nicht mit einem Kranz, aber zumindest mit einem Kränzchen.  Dieses wand ihnen das Publikum mit einem kräftigen Applaus.

Irene Zemp-Bisang

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