60 Asylbewerber in der Bisangmatte

«In der heutigen Notlage im Asylwesen sind auch die Gemeinden in der Pflicht», sagt Stadtpräsidentin Erna Bieri-Hunkeler. Deshalb stelle Willisau seine Zivilschutzanlage in der Bisang­matte als Notunterkunft zur Verfügung.

Stadtpräsidentin Erna Bieri-Hunkeler und Stadtrat Pius Oggier vor der Zivilschutzanlage. Foto Norbert Bossart
Monika Wüest
«Tagtäglich sehen wir Schreckensbilder vom Flüchtlingselend», sagt Erna Bieri-Hunkeler, Stadtpräsidentin von Willis­au. Von überfüllten Booten, angeschwemmten Leichen oder von Verfolgten, die kein Dach über dem Kopf haben und unter Hunger leiden. «Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren noch nie so viele Menschen auf der Flucht.» Schnelle Hilfe sei ein Gebot der Stunde. Erst recht in einem Land, das die Humanität hochhalte. «Wir können die heisse Kartoffel nicht einfach weiterreichen. Jetzt sind Lösungen gefragt.»

Die Unterbringung von Asylsuchenden sei «eine Verbundaufgabe» von Bund, Kanton und Gemeinden, sagt die Stadtpräsidentin. «Deshalb bietet Willis­au Hand.» So stellt die Stadt ihre Zivilschutzanlage in der Bisangmatte ab Anfang März ein Jahr lang als temporäre Notunterkunft zur Verfügung.

Bereits 60 Schutzsuchende vor Ort

Die WB-Leserschaft weiss: Gemäss dem kantonalen Verteilschlüssel von Ende August müsste Willis­au rund 30 Asylbewerbern Obdach bieten. Doch die damalige kantonale Statistik wies nur deren vier Personen aus. Willisau muss daher für 26 zusätzliche Unterkünfte besorgt sein.

Zahlen, die bei der Stadtbehörde vorerst für Irritation sorgten. Vor allem, weil im Alltag augenscheinlich ist: In Willisau wohnen mehrere Dutzend Personen, die als Asylsuchende vor Ort kamen. Gemäss Auskunft der Willisauer Einwohnerkontrolle leben aktuell in Willisau neun Asylsuchende, 31 vorläufig Aufgenommene und 21 Personen mit Flüchtlingsstatus. Der kantonale Verteilschlüssel berücksichtigte aber anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene nicht.

Kein günstiger Wohnraum frei

Die Caritas hat in den vergangenen Monaten in Willisau für die erwähnten Schutzsuchenden etliche günstige Wohnungen gemietet. Die Folge: «Der Markt an preiswerten, privaten Unterkünften ist jetzt ausgetrocknet», sagt Stadtpräsidentin Erna Bieri-Hunkeler. Aufgrund der fehlenden privaten Unterkunftsmöglichkeiten brachte der Kanton auch in Willisau die Zivilschutzanlagen ins Spiel. Zur Auswahl als Notunterkünfte standen die stadteigenen Sanitätshilfsstelle im Schlossfeld und die Zivilschutzanlage in der Bisangmatte.

Am Rande des Geschehens

«Die Anlage Schlossfeld können wir nicht zur Verfügung stellen», hält Pius Oggier fest. Er vertritt den Stadtrat in der Kommission der Zivilschutzorganisation (ZSO) Napf. «Wir benötigen sie oft als Massenlager. Für Kurse und Lager, die im Sportzentrum stattfinden.» Über 10 000 Übernachtungen ergeben sich jährlich im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten. «Die Anlage Schlossfeld trägt zu einer guten Auslastung der Sportanlagen bei. Wichtige Einnahmen lassen sich generieren», sagt Stadtrat Oggier. Zudem sei die Bisangmatte für eine Asyl­unterkunft weit besser gelegen. «Sie liegt am Rande der Wohn- und Gewerbezone und dennoch zentral.» Der Bahnhof ist nah.

Zwischenstation für 60 Männer

Ab März 2015 dient daher die Zivilschutzanlage Bisangmatte ein Jahr lang als Asylnotunterkunft. Für 60 Männer, wie der Kanton mitteilt. Diese Zahl gründet auf dem kantonalen Verteilschlüssel vom Herbst. Konkreter: Auf den fehlenden Plätzen im Verbandsgebiet der ZSO Napf, dem zwölf Gemeinden angehören. Laut dem kantonalen Verteilschlüssel von Ende August müsste die ZSO Napf-Region total 74 zusätzliche Plätze anbieten. Neun Verbandsgemeinden wurden konkret angewiesen, für folgende Anzahl Asylsuchende Unterkünfte zur Verfügung zu stellen: Altbüron 4, Ettiswil 5, Gettnau 4, Grossdietwil 3, Hergiswil 7, Luthern 5, Ufhusen 3, Willisau 26, Zell 3.

Anlage wird angepasst

In der Anlage Bisangmatte stehen heute 100 Betten. Deren zwanzig werden laut Pius Oggier abgebaut. Grund: So lässt sich garantieren, dass es zu jedem Bett einen Einstieg gibt. Als Eingang zur Asylunterkunft dient nicht der heutige Haupteingang, sondern der bergseitige Notausgang. «Dies aus Rücksicht auf die Nachbarschaft.» Zudem werden die sanitären Anlagen ausgebaut, das heisst, es gibt zusätzliche Duschen. Ebenfalls erweitert wird die Küche. Neu eingebaut wird eine kleine Wäscherei.

Übungslokal dient Tagesstrukturen

Als Aufenthaltsraum zum Spielen, Lesen, Diskutieren dient den Asylsuchenden das grosszügige Theorielokal mit Tageslicht im Obergeschoss. Hier üben derzeit die Stadtmusik, die Veteranenmusik und die Guuggenmusigen Let's Fetz und Napfruugger. «Wir finden Lösungen für ihren Probenbetrieb», sagt die Stadtpräsidentin. So habe etwa der Kanton der Stadtmusik zwischenzeitliches Gastrecht in Lokalitäten der Kantonsschule angeboten. Sie ist zuversichtlich, dass sich auch für den Probenbetrieb der Veteranenmusik und Guuggerformationen rechtzeitig Übungsräume finden. Arrangieren müssen sich die Verkehrskadetten mit der Zentrumsleitung. Stehen keine Vereinsaktivitäten an, wird das Kadetten-Theorielokal für den Zent­rumsbetrieb genutzt.

Der Appell

«Willisau hat nun zur Soforthilfe Ja gesagt», bemerkt Erna Bieri-Hunkeler. «Wir erwarten, dass bei weiteren Engpässen andere Gemeinden ihre Hilfe anbieten und Zivilschutzanlagen zur Verfügung stellen.» (Norbert Bossart)

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.