Mit einem Schiffscontainer nach Senegal

Der gebürtige Schötzer Kurt Bucher – bekannt als Clown Jeanloup – reiste Anfang Jahr als Mitglied des Vereins Plume nach Senegal, um in Dakar den lokalen Sozialzirkus «Sencirk» zu unterstützen. Nun ist er zurück – mit vielen Eindrücken im Gepäck.

Kurt Bucher reiste Mitte Januar als Mitglied des Vereins Plume nach Senegal, um dort den Sozialzirkus Sencirk zu unterstützen. Fotos Claudia Gschwend
Chantal  Bossard

Die Lebensfreude. Das ist es, was Kurt Bucher in Senegal besonders beeindruckt hat. «Die Leute haben so wenig – aber viel Herzlichkeit!» Zurück in der Schweiz wird er oft demütig, wenn er an seine drei Wochen in Afrika denkt. «Mir wurde einmal mehr bewusst, wie wenig selbstverständlich doch unser Lebensstandard hier ist», sagt er. Doch: alles der Reihe nach.

Zirkus für Obdachlose
Kurt Bucher ist Mitglied des Vereins Plume. Der Sozialverein aus Sirnach im Kanton Thurgau setzt sich für Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt ein und ermöglicht es ihnen, im Zirkusspiel mitzuwirken. «Wir sind eine selbstständige Organisation und unterstützen direkt vor Ort Zirkusprojekte und Zirkusschulen», heisst es auf der Website des Vereins. «Plume» gibt es bereits seit 2018, der Verein ist aus dem «Circus Balloni» entsprungen. Das neuste Projekt des Vereins: dem Sozialzirkus Sencirk in Dakar, der obdachlose Kinder und Jugendliche in verschiedenen Zirkusateliers unterrichtet, mit Materialspenden unter die Arme zu greifen. Dafür organisierten die Mitglieder von «Plume» einen Schiffscontainer, füllten diesen mit Zirkusmaterial, welches sie dank Spendengeldern ergattern konnten, und schickten ihn auf die lange Reise von der Schweiz nach Senegal. «Vom STV Willisau zum Beispiel haben wir etwa eine grosse Bodenturnmatte gespendet bekommen», erinnert sich Kurt Bucher.

Um den Container rechtzeitig vor Ort abzufangen, reisten er und sein Vereinskollege Gian Cadonau Mitte Januar in die senegalesische Hauptstadt. «Dort angekommen, war ich anfangs völlig überfordert», sagt Kurt Bucher. Die Lichter, die Autos, die Hitze, die Menschenmassen, die Strassenkinder, das Marktgeschehen – kurz: «Ramba­zamba überall!» Doch der Kulturschock währte nur kurz, denn beim Zirkus Sencirk angekommen, wurden sie von den Animatoren mit offenen Armen empfangen. «Es war eine Freude, zu spüren, wie schnell durch eine Gemeinsamkeit – dem Thema Zirkus – alle Grenzen überwunden waren. Gemeinsam lachen und spielen ist doch die wunderbarste Verbindung zwischen Menschen und Kulturen.» Selbst die Sprachbarriere war dadurch kaum relevant – denn Französisch ist zwar die Amtssprache, doch die Leute in Dakar sprechen Wolof, eine von mehr als 30 Sprachen im Land. Einziger Wermutstropfen in all der freudigen Aufregung: Der Con­tainer aus der Schweiz hatte Verspätung. Der Transport dauerte auf dem Seeweg länger als vorgesehen. Ein sehr grosses Ärgernis? «Ach was – wir hatten auch so genügend zu tun», sagt Kurt Bucher.

Einige Stunden Kindheit
Die beiden Schweizer gingen mit den Zirkusleuten auf Tour durch ganz Dakar, um benachteiligten, missbrauchten und obdachlosen Kindern Zirkuskunststücke beizubringen und gemeinsam zu spielen. «Viele dieser Kinder sind Einzelkämpfer, müssen sich auf der Stras­se durchschlagen. Durch den Zirkus lernen sie zu zweit oder in Gruppen zusammenzuarbeiten.» Es wird ihnen Selbstvertrauen vermittelt – und einen Moment Unbeschwertheit. «Wir durften ihnen für einen kleinen Moment etwas Kindheit zurückgeben.» Kurt Bucher betont: «Ich habe höchsten Respekt vor der Arbeit dieses sozialen Zirkus, die Angestellten leisten seit Jahren Tag für Tag Grossartiges!» Trampoline, Schwedenkästen, Einräder, Jongliermaterial und vieles mehr: Die Containerladung mit Zirkusequipment soll dazu beitragen, dass der Zirkus seine Arbeit noch lange fortführen kann. Kurt Bucher und Gian Cadonau konnten das Material leider kaum mehr mit dem Animatoren zum Spiel nutzen, da der Container erst kurz vor Abreise ankam. Allerdings hatten sie noch Zeit, um – unter Aufsicht der Zollbehörde – den Container zu öffnen und das Material auszuladen. «Die Freude darüber war riesig», sagt Kurt Bucher. Und nicht nur die der Empfänger. «Denn die schönste Freude ist, anderen eine Freude zu bereiten.»

Chantal Bossard

Über den Verein Plume

Der Verein Plume – grenzenloses Zirkusspiel – wurde im November 2018 gegründet. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Zirkusprojekte und Zirkusschulen für benachteiligte Kinder und  Jugendliche auf der ganzen Welt zu unterstützen. Diese Unterstützung beinhaltet finanzielle Hilfe, das Bereitstellen von Material, personelle Ressourcen für das Zirkusspiel sowie die Vermittlung von Fachwissen. «Plume» ist aus dem «Circus Balloni» entsprungen, welcher vor der Vereinsgründung bereits Zirkusprojekte in Transnistrien und in der Südtürkei unterstützt hat.

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Ruth Isenschmid

Mi 10.03.2021 - 14:12

Ich freue mich, diesen Artikel zu lesen. Ich durfte hier in Dakar ein wenig dabei sein. Vor allem am Tag, als der Container ankam. Alle Beteiligten haben grossen Einsatz gezeigt und bin sehr dankbar, dass es dieses Projekt, den Sencirk, im Senegal gibt.
Die Beteiligten verrichten eine sehr wichtige Arbeit! Ich freue mich, dass sie vom Verein Plume dabei Unterstützung bekamen.
Ich wünsche Kurt und Gian weiterhin viel Erfolg und Gelingen für ihre wichtige Arbeit.
Es war mir eine Ehre, sie kennen gelernt zu haben.
Mme. Ruth, Dakar

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