Das Herzblut und die Zuchterfolge

Die Familie Birrer züchtet seit Jahrzehnten Freiberger. Erfolgreich. Neulich überzeugte Hengst Lanero am renommierten Stationstest in Avenches. Martina Birrer berichtet über den jüngsten Erfolg, die Faszination Pferd und die speziellen Angebote auf dem Luthertaler Hof Innermoos.

Martina und Willy Birrer mit Hengst Lanero, der am Stationstest in Avenches überzeugte. Am renommierten Wettbewerb belegt er den dritten Platz. Foto zvg
WB Reporter

Es herrscht reger Betrieb, als der Reporter den Hof Innermoos in Luthern betritt. Hier wird einen Schubkarren umhergestossen, dort gemistet und geputzt. Der Wind trägt die Laute eines bellenden Hundes über das Areal. Regelmässig ist Pferdegewieher aus dem Stall zu hören. Aus diesem tritt ein freundlicher Mann hinaus in die Sonne und winkt den Reporter in den mit Pferdebildern ausgeschmückten Aufenthaltsraum. Hier wird er von Martina Birrer erwartet.
Auslöser für den Gesprächstermin mit den Luthertaler Züchtern: der Erfolg von Hengst Lanero in Avenches. Ihr Mann Willy Birrer ist verhindert – er hat kurzfristig Besuch von einem Züchterkollegen erhalten.

In der Ausbildung eines Pferdes steckt
viel Arbeit und Herzblut.
Martina Birrer

Aufs richtige Pferd gesetzt
Dritter Rang mit 117.38 Punkten. Der einzige Deutschweizer mit einer Top-10-Klassierung. Der dreijährige Hengst Lanero überzeugt an der Abschlussprüfung des Stationstest in Avenches. «Es ist der einzige und damit wichtigste Wettbewerb für Freiberger-Züchter in der Schweiz», berichtet Martina Birrer. An diesem werden das Verhalten, die Lernbereitschaft, die Leistungsfähigkeit sowie die einzelnen Gangarten beim Fahren und Reiten bewertet. «Lanero ist unser Züchterstolz», hält Martina Birrer fest. «Das jüngste Glied in einer erfolgreichen Kette.» Denn schon dessen Vater Lionel, Mutter Melina und Grossmutter Mimi sind im Besitz der Familie Birrer. «Eine solche Generationenreihe hat man nur einmal im Leben», sagt Martina Birrer. «Für Züchter ist das ein wunderbarer Moment. Denn in der Ausbildung eines Pferdes steckt viel Arbeit und Herzblut.»

Hengst Lionel beim Ziehen einer Kutsche. Im letzten Jahr wurde das Team Birrer Vize-Schweizer-Meister im Fahrsport. Foto zvg

Einfühlsame Begleiter und Betriebszweig zugleich
Martina und Willy Birrer sind seit 17 Jahren verheiratet. Willy Birrer ist mit Freibergern auf der Gernetalp aufgewachsen, «und mich hats dann ins Haus geschneit», sagt Martina Birrer und lacht. Kennengelernt haben sich die beiden durch ihr gemeinsames Interesse für die Pferde. Die gebürtige Untersiggenthalerin (AG) und der Luthertaler haben drei Kinder zwischen 10 und 17 Jahren. Sie bewirtschaften den Hof Innermoos, der im Besitz der Gemeinde Luthern ist und unmittelbar neben dem Begegnungszentrum St. Ulrich liegt, sowie die Gernetalp. Beide in Pacht. Nebst 25 Swiss Fleckvieh (SF) und Simmentaler Kühen haben die Birrers über ein Dutzend Pferde in den Stallungen. Und nicht irgendwelche. Das Ehepaar züchtet Freiberger. Mit Herzblut. «Wenn andere in die Ferien fliegen, sind wir bei unseren Pferden.»
Die Freiberger sind für Birrers ein wichtiger Betriebszweig. So können Pferdefreunde ihre Stuten von Hengsten auf dem Hof Innermoos decken lassen. Hengst Lionel ist bereits über 100-facher Vater.
Gelegentlich können Martina und Willy Birrer Huftiere aus ihrer Zucht verkaufen. Manchmal gar über die Landesgrenzen hinaus, etwa nach Deutschland, Frankreich oder Chile. Worauf gründet die Faszination für Pferde? «Sie spüren unsere Gefühle und gehen auf diese ein. Pferde sind unser Spiegel», antwortet die 41-Jährige. Deshalb sei es wichtig, die Tiere gezielt zu erziehen. «Ein gutes Pferd wird nicht einfach so geboren. Die Erziehung macht das Pferd schlussendlich zu dem, was es ist. Ein fundierte Ausbildung benötigt Zeit, viel Zeit.» Die Tiere auf diesem Weg zu begleiten und die Fortschritte mitzuverfolgen, sei etwas vom Schönsten.

Pferde spüren unsere Gefühle
und gehen auf diese ein.
Sie sind unser Spiegel.
Martina Birrer

«Wir sind ein Ort der Begegnung»
Nebst der Zucht nutzt die Familie Birrer Pferde für das Kutschenfahren. Ein-, zwei- oder vierspännig kutschieren sie an Wettbewerben in Dressur, Hindernisfahren, Geländefahren oder in der Köngisdisziplin Marathon. Das Ehepaar wurde im letzten Jahr gar Vize-Schweizer-Meister. «Auch beim Fahrsport ist die Disziplin des Pferdes wichtig», sagt Martina Birrer. «Jedoch ist gutes Teamwork zwischen Pferd und Kutscher gefragt.» Denn: Eine falsche Bewegung, und das Gespann kommt ins Schwanken. Momentan arbeiten Martina und Willy Birrer, die beide ausgebildete Sozialarbeiter sind, zudem bei der Durchführung des Wettbewerbs «Special Olympics» mit. «Dabei fahren Menschen mit Behinderungen mit Begleitung die Kutschen», wie Martina Birrer berichtet. Der Familienbetrieb Innermoos hat eine soziale Ader: «Wir sind ein Ort der Begegnung. Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen erhalten bei uns eine Tagesstruktur.» Diese werden in Zusammenarbeit mit dem benachbarten Begegnungszentrum St. Ulrich bei den tägliche Arbeiten auf dem Hof miteinbezogen. «Einige arbeiten schon seit 15 Jahren bei uns mit. Wir können diesen Menschen zeigen, dass sie wertvoll sind», berichtet Martina Birrer. Ergänzend bietet das Team Birrer Fahr- und Reitstunden an.

Wenn andere in die Ferien fliegen,
sind wir bei unseren Pferden.
Martina Birrer

Martina Birrer steckt zudem in der Ausbildung als Lern- und Legasthenie-Trainerin. In diesem Zusammenhang bietet sie das Sprachtraining «Lernen mit Pferden» an. Hier können Menschen mit Legasthenie, Dyskalkulie oder Autismus von Silbentrainings, Worttrainings, Mengenverständnis-Übungen oder Körperwahrnehmungs-Schulung profitieren – bei den Lektionen wird das Pferd miteinbezogen. «Ich will mit diesen Kurs­teilnehmern einen anderen Zugang zum Lernen finden. Die einfühlsamen Tiere helfen dabei.»

Infos und Angebote vom Team Birrer, Luthern: birrers-freiberger.ch

Hubert Stäger

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.