Ein Priester zieht um

Hinterland Thatheu Selvamoni wird innerhalb dem Pastoralraum Luzerner Hinterland den Wohnsitz wechseln: Der Priester zügelt von Grossdietwil nach Luthern. Wieso?

Die Grossdietwiler Pfarrkirche.
WB-Archiv

Seit August 2021 wirkt Thatheu Selvamoni im Pastoralraum Luzerner Hinterland. «In dieser Zeit hat er stark an seiner sprachlichen Kompetenz gearbeitet und sich auch mit dem Schweizer Strassenverkehr auseinandergesetzt», schreibt Hanspeter Wasmer, Bischofsvikar des Bistums Basel, im aktuellen Pfarreiblatt. Nun soll sich Thatheu Selvamoni «noch mehr in die pastorale Situation der Schweiz vertiefen», so Wasmer weiter. Um dem Priester hier weitere Schritte zu ermöglichen, habe er in Rücksprache mit den Anstellungsbehörden festgelegt, dass Thatheu Selvamoni vom Bistum einen Coach erhalte, «der ihn in seinen pastoralen Aufgaben begleitet und vertieft einführt». Zudem werde Selvamoni im Februar ins leer stehende Pfarrhaus nach Luthern umziehen, das zurzeit keine andere Nutzung zulasse. «Dadurch kann Thatheu Selvamoni neue Erfahrungen sammeln und ist näher am Begegnungszentrum St. Ulrich, welches er ab Februar betreuen wird», hält der Bischofsvikar fest.

Stimmen aus der Bevölkerung

Nach diesen Zeilen im Pfarreiblatt des Pastoralraums Luzerner Hinterland trafen auf der WB-Redaktion Stimmen aus der Bevölkerung ein: die Versetzung von Thatheu Selvamoni sei nicht planmässig verlaufen, sondern es habe «Zwist» innerhalb des Pastoralraums gegeben, monieren diese. So sei etwa der Vorwurf laut geworden, die Grossdietwilerinnen und Grossdietwiler hätten den Kaplan «für sich beansprucht». Dabei habe man bloss versucht, Integrationsarbeit zu leisten, schliesslich hätte aus Indien stammende Priester Selvamoni weder richtig Deutsch gesprochen, noch hätte er sich im Schweizer Strassenverkehr ausgekannt, so Stimmen aus der Bevölkerung gegenüber dem WB. Beiden «Mängeln» hätten sich Mitglieder der Pfarrei Grossdietwil angenommen, man habe Herr Selvamoni die Sprache beigebracht und ihn hier das Autofahren gelernt. Und nun heisse es, man habe ihn «beeinflusst» und «überbetreut».

Stimmen diese Aussagen? Stimmen diese anonymen Aussagen? Der WB hat hierzu sowohl beim Grossdietwiler Kirchenratspräsident Pius Lingg als auch bei Pastoralraumleiterin Anna Engel nachgefragt. Der Kirchenratspräsident will keine Stellung nehmen. Die Pastoralraumleiterin bestätigt den Artikel im Pfarreiblatt von Hanspeter Wasmer. Sowohl Lingg als auch Engel verweisen für weitere Auskünfte an den Bischofsvikar.

Kein dorfeigener Pfarrer

Wasmer bestätigt den Umstand, dass Thatheu Selvamoni in Grossdietwil zunehmend in einer falschen Rolle wahrgenommen worden sei: in jener des dorfeigenen Pfarrers. «Das ist verständlich, schliesslich hatte die Gemeinde jahrelang ihren eigenen Pfarrer.» Jedoch sei dies seit der Bildung des Pastoralraums nicht mehr der Fall. «Herr Selvamoni sollte als Priester den gesamten Pastoralraum vertreten», sagt Hanspeter Wasmer. Nebst den im Pfarreiblatt genannten Gründen habe sich das Bistum also auch wegen dieser Entwicklung zu besagtem Umzug des Priesters nach Luthern beschlossen. «So lernt er eine weitere Gemeinde des Pastoralraums kennen.» Hanspeter Wasmer betont: «Thatheu Selvamoni ist genau wie zuvor im gesamten Pastoralraum unterwegs, alles, was wechselt, ist sein Wohnsitz.»

Lobenswertes Engagement

Den Mitgliedern der Kirchgemeinde vor Ort spricht der Bischofsvikar ein Lob aus: «Sie haben ihre Verantwortung wahrgenommen und sich stark für den neuen Kirchenvertreter eingesetzt. So haben sie ihm den Start in eine fremde Kultur erleichtert.» Wäre dies nicht eigentlich die Aufgabe des Bistums? «Die Einführung in praktische Dinge ist grundsätzlich Aufgabe vor Ort.» Das nehme mal mehr, mal weniger Zeit in Anspruch. «Wir haben mit anderen Priestern andere Erfahrungen gemacht – die Integration von ausländischen Priestern verläuft stets unterschiedlich», so Wasmer. Im Fall von Selvamoni sei man nun nach gut einem halben Jahr zum Schluss gekommen, dass man ihm den weiteren Einstieg in die hiesigen kirchlichen Gepflogenheiten mit einem Coach erleichtern wolle. Denn: «Hier läuft es doch um einiges anders als in Indien.» Dass die katholische Kirche ausländische Mitarbeiter einstellt, geschehe übrigens nicht ohne Grund: «Uns fehlt in der Schweiz schlicht das Personal», sagt Hanspeter Wasmer. Priester werde in der Schweiz schon lange nicht mehr als Traumjob wahrgenommen. «Gerade mal zwei Schweizer lassen sich jährlich im Durchschnitt für das Bistum Basel zum Priester weihen.»

von  Chantal Bossard

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