Gericht gibt grünes Licht für Asylzentrum

Ein weiteres Urteil zum geplanten Asylzent­rum Mettmenegg liegt vor: Das Kantonsgericht bestätigt die Baubewilligung, welche die Umnutzung des einstigen Altersheims möglich macht.

Die Mettmenegg. Foto Mathias Bühler
Monika Wüest

Aus dem ehemaligen Bürgerheim Mettmenegg kann ein Asylzentrum für maximal 35 Personen werden. Die Baubewilligung zur Umnutzung ist rechtskonform: Dieses Urteil hat das Kantonsgericht Luzern gefällt. Es hat die Beschwerde der Gemeinde Fischbach gegen die kommunale Baubewilligung und die kantonale Ausnahmebewilligung zur Umnutzung der Mettmenegg abgewiesen. In derselben Sache wies das Kantonsgericht drei Beschwerden von Privatpersonen ab. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Sie können ans Bundesgericht weitergezogen werden. Ob dies Fischbach macht, wird der Gemeinderat nach umfassender Analyse des Urteils mit ihrem Anwalt entscheiden, wie Sozialvorsteher Markus Maurer auf WB-Anfrage festhielt (siehe Kasten unten).

 

Ein Heim beschäftigt Gerichte

Blicken wir zurück: Das geplante Asylzentrum auf der Mettmenegg sorgt bereits seit fast dreieinhalb Jahren für Rechtsstreitigkeiten. Die Umnutzungsidee beschäftigt(e) viele Juristen, das Kantons- und das Bundesgericht.

Auslöser des jüngsten Gerichtsurteils ist die kommunale Baubewilligung, die eine Umnutzung möglich macht. Mit einer grotesken Ausgangslage: Im März 2014 sagte der Fischbacher Gemeinderat zuerst Ja zur Baubewilligung – aber erst, nachdem er vom Bundesgericht einen Rüffel erhalten hatte. Wenige Wochen danach reichte der Rat gegen die selbst erteilte Baubewilligung beim Kantonsgericht wieder eine Beschwerde ein. Ein Asylzentrum auf Mettmenegg, so argumentierte die Fischbacher Behörde einmal mehr, sei nicht zonenkonform. Diese Haltung teilt das Kantonsgericht nicht. Schwarz auf weiss, in einem 37-seitigen Urteil, das seit gestern Montag den involvierten Parteien vorliegt.

 

Das Gerichtsurteil

Das Kantonsgericht verglich die Auswirkungen der geplanten Nutzung als Heim für Asylbewerber mit jener des ehemaligen Bürgerheimbetriebs. Zwar wird das Altersheim schon seit längerer Zeit nicht mehr betrieben. Dieser Umstand begründe aber noch keinen neuen Nutzungs- und Vergleichszustand für das ganze Gebäude. Das Kantonsgericht kam zu folgendem Schluss: Die geplante Nutzung als Heim für Asylbewerber mit einer Belegung von maximal 35 Personen unterscheidet sich aus raumplanerischer Sicht nicht wesentlich von der ursprünglichen Altersheimnutzung. Bei beiden handle es sich «um eine Form des betreuten Wohnens», ist auf Seite 18 des Urteils zu lesen. Beide Nutzungen seien von ihrer Art und Intensität her insgesamt vergleichbar und ähnlich.

Der Gemeinderat argumentierte weiter, ein Asylzentrum führe zu mehr Lärm, Verkehr und anderen Begleiterscheinungen. Üblicher Alltagslärm, der das vertretbare Ausmass nicht übersteige, sei hinzunehmen, hält dagegen das Gericht fest. Es weist darauf hin, dass in der Mettmenegg vor allem auch Familien und Kinder untergebracht werden sollen, «die sich vermutungsweise eher im Gebäude und auf dem Areal aufhalten und dieses weniger verlassen werden». Auch die 24-Stunden-Betreuung mit Beschäftigungsprogramm könne zu einem geordneten Heimbetrieb beitragen. Verglichen mit der Altersheimnutzung sei nicht mit wesentlich mehr Verkehr zu rechnen. Dies auch aufgrund «der Tatsache, dass die Asylbewerber nicht motorisiert sind und auch nicht mit regem Besucherverkehr zu rechnen ist». Die Grundstruktur bleibe mit den geplanten baulichen Massnahmen unverändert. Die Umnutzung habe insgesamt auch keine raumplanerisch wesentliche Mehrbeanspruchung der Infrastruktur zur Folge.

Weiter berief sich die Gemeinde Fischbach als Beschwerdeführerin auf den Grundsatz der Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet. Von erheblicher Bedeutung sei, dass keine zusätzlichen Bauten erstellt und auch kein zusätzliches Kulturland beansprucht werde, schreibt das Kantonsgericht. «Vielmehr scheint es raumplanerisch sinnvoll und entspricht einem haushälterischen Umgang mit dem verfügbaren Boden, wenn bereits bestehendes Gebäudevolumen besser genutzt wird.»

Zu beachten gelte es auch «das erheblich öffentliche Interesse» an der Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern. Das Asylwesen sei «eine Verbundaufgabe, bei der auch Kantone und Einwohnergemeinden in der Pflicht stehen, indem sie Unterkünfte bereitzustellen haben». Das Fazit des Kantonsgerichts: «In Abwägung aller relevanten Interessen ist festzustellen, dass der geplanten Umnutzung keine wichtigen Anliegen der Raumplanung entgegenstehen.»

 

Wie weiter?

Mit der Abweisung der Beschwerden haben Bau- und Ausnahmebewilligung «im Ergebnis grundsätzlich Bestand». Werden die Entscheide nicht angefochten, steht der Verwirklichung des Asylzentrums nichts mehr im Wege. Der Kanton kann dann die baulichen Massnahmen in Auftrag geben, um die Mettmenegg als Heim für maximal 35 Asylbewerber zu nutzen.

 

Erneuter Gang ans Bundesgericht?

«Wir nehmen den Gerichtsentscheid mit grosser Enttäuschung zur Kenntnis», sagt Sozialvorsteher Markus Maurer. Der Rat werde das Urteil mit dem Anwalt analysieren. «Gut möglich, dass wir erneut das Bundesgericht anrufen. Erst recht, weil sich dessen erstes Urteil nur zum Baubewilligungsverfahren äusserte, nicht aber zur Umnutzung des Heims und zur Zonenkonformität.» Entschieden weist er den Vorwurf zurück, Fischbach sorge für teures Juristenfutter. «Der Gemeinde sind aus dem Urteil keine amtlichen Kosten erwachsen. Dies belegt: An der Abklärung der Streitfrage besteht ein öffentliches Interesse.» Fischbach sei weder fremdenfeindlich noch schiebe es «die heisse Kartoffel» einfach weiter, sagt Maurer. «Wir beteiligen uns seit Jahren an der Verbundaufgabe. Derzeit wohnen vier Asylbewerber bei uns, gemäss kantonalem Verteilschlüssel müssten wir nur drei beherbergen.» Seine Schlussfolgerung: «Zeigen sich alle Gemeinden gemäss ihrer Einwohnerzahl solidarisch, braucht es kein Zentrum Mettmenegg.» 35 Asylsuchende seien für ein kleines Dorf wie Fischbach mit 720 Einwohnern «schlicht nicht verkraftbar». Bereits heute sei der Schulraum zu knapp, für weitere Asylkinder habe es keinen Platz. Zudem würden allfällige vormundschaftliche Massnahmen wie Beistand oder Fremdplatzierung die Gemeindekasse belasten. «Fischbach hat schon mit mehreren Zehntausend Franken Asylsuchende unterstützt.»

 

Auf der Suche nach neuen Asylplätzen

Was sagt der Luzerner Sozialdirektor Guido Graf zum jüngsten Kantonsgerichtsentscheid? «Ich nehme ihn zur Kenntnis. Zum Inhalt beziehe ich keine Stellung, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.» Der Kanton Luzern ist gemäss der eidgenössischen Asylverordnung verpflichtet, 4,9 Prozent aller Asylsuchenden vom Bund zu übernehmen. Aufgrund der aktuellen Lage müssen monatlich zwischen 60 bis 80 neue Unterkunftsplätze geschaffen werden. Mittelfristig braucht der Kanton laut Guido Graf rund 400 Zentrumsplätze. «Die Situation im Kanton Luzern hat sich etwas beruhigt. Im Vergleich mit anderen Kantonen stehen wir gut da», sagt Graf. Trotzdem: Die Situation im Asylwesen bleibt angespannt. «Die Suche nach neuen Plätzen dauert unvermindert an.» Etwas Entlastung bringe die Nutzung dreier Zivilschutzanlagen als Notunterkünfte. Deren zwei eröffnete der Kanton Anfang Jahr in Dagmersellen (50 Plätze) und Luzern (50 Plätze), in Willisau wird die Zivilschutzanlage Bisangmatte ab März für 60 Asylbewerber genutzt. «Die erste Bilanz zu diesen Notunterkünften fällt positiv aus. Wichtig ist, dass es vermehrt Beschäftigungsmöglichkeiten gibt», sagt Graf. Die Situation im Asylwesen entschärft habe zudem die Möglichkeit, die Gemeinden zur Schaffung von Wohnraum für Asylsuchende zu verpflichten. 67 Gemeinden erhielten danach einen Zuweisungsentscheid. Gesamthaft liessen sich so bisher 460 neue Asylplätze schaffen.

 

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