Nachruf

28. November 2019

Othmar Zemp-Bigler

Wolhusen

Am 13. Dezember 1927 kam Othmar Zemp als viertes von fünf Kindern auf die Welt. Zusammen mit den Eltern Ottilia und Werner Zemp und seinen Geschwistern Werner, Valy, Seppi und Adelrich wuchs Othmar in der Wohnung überhalb des Geschäfts in Wolhusen auf.

Gerne erzählte Othmar, wie er früher auf der Strasse Fussball gespielt hat. Zu jener Zeit fuhren pro Tag nur einzelne Autos auf der Hauptstrasse oder er erzählte eine weitere Anekdote: Anstatt in die Kirche zu gehen, hat Othmar zusammen mit seinem Bruder Adelrich beim Gütsch Maienkäfer gesammelt, um ein bisschen Geld zu verdienen. Für einen Liter gab es Fr. 0.80. Dabei fiel Othmar vom Baum und hat sich dabei den Arm ausgerenkt. Die herbeigerufene Ordensschwester hat ihm dann einen Cognac eingeflösst.

Als eine der ersten Familien im Dorf hatten die Eltern von Othmar einen Fernsehapparat gekauft, um eine Beschäftigung für die MS-kranke Mutter zu haben. Das halbe Schmitteli-Quartier war daraufhin gerne bei der Familie Zemp zu Gast.

Nach der Primarschule und der Sekundarschule in Wolhusen verbrachte er ein Jahr im Welschland im Institut in St. Maurice. 

1944 bis 1947 machte Othmar die Lehre als Kaufmännischer Angestellter bei der Firma Eisen + Kohlen AG in Sursee. Den Arbeitsweg von Wolhusen nach Sursee legte er im Sommer jeden Tag mit dem Velo zurück. Im Winter gelangte er mit dem Zug via Luzern nach Sursee. Der Monatslohn im 1. Lehrjahr betrug Fr. 30.00, im 2. Lehrjahr Fr. 40.00 und im 3. Lehrjahr betrug er Fr. 50.00. Die Ferien im 1. Lehrjahr 5 Tage, im 2. Lehrjahr 6 Tage, im 3. Lehrjahr 7 Tage. Die Arbeitszeit pro Woche betrug 60 Stunden. Auch erzählte Othmar, dass er während seiner strengen Lehrzeit jeden Tag zwei Stunden Kohlen schaufelte, bevor er Büroarbeiten machen konnte.

1947 absolvierte Othmar die Rekrutenschule als Füsilier. Nachher kam er ins elterliche Geschäft zur Entlastung seiner Mutter, die an MS erkrankt war.

Othmar hat viel erlebt. Eine seiner Lieblingsepisoden war, dass er mit Hansrudolf Kleeb und einem Arbeiter bei der Firma Geistlich in den Knochenlagerraum gegangen ist, bewaffnet mit einem Besen und zusammengebundenen Hosenstössen. Der Arbeiter hat das Licht auf Kommando eingeschaltet und sie haben auf Tausende von Ratten eingeschlagen. 

Seine Freizeit verbrachte Othmar gerne im Turnverein. Ab dem Gründungsjahr 1954 war Othmar zeitlebens Mitglied der Männerriege KTV und präsidierte diesen während fünf Jahren. Er war auch ein begeistertes Mitglied der Faustballriege. Seit 2011 besuchte er das Seniorenturnen im Rainheimschulhaus und hielt sich dadurch fit. Auch der anschliessende Austausch mit Kollegen bei einem Kaffee oder Bier durfte nicht fehlen. 

Othmar war jahrelang im Vorstand der Baugenossenschaft Wolhusen tätig und hat manches Projekt verwirklicht, unter anderem den Neubau der Einfamilienhäuser im Lätten und des Mehrfamilienhauses Gütsch. Auch war er 29 Jahre lang Mitglied der Feuerwehr Wolhusen.

Ein ganz grosses Hobby von Othmar war Fussball und insbesondere der Fussballklub Luzern. Ab 1962 hatte Othmar die Saisonkarte beim FC Luzern und besuchte die Heimspiele zuerst mit seinem Vater, dann mit Simon Imbach, Walter Erni und Hans Marti. Wenn er gefragt wurde, ob er an das nächste Heimspiel gehe, war ein beliebter Ausspruch: «Der FCL spielt ja nicht, wenn ich nicht da bin.»

Im Jahre 2012 wurde Othmar anlässlich seiner 50-jährigen Treue zum FCL von Walter Stierli, dem Präsidenten des Fussballklubs Luzern, in seine VIP Lounge eingeladen. Stolz durfte er sich zusammen mit seinem Sohn Othmar einen Match auf den bequemen VIP Sesseln anschauen und nachher am Präsidententisch ein feines Essen geniessen. Die Freude stand Othmar ins Gesicht geschrieben. Als er dann in der Halbzeit völlig überraschend von dem Moderator Andy Wolf interviewt wurde und er vom Präsidenten vor allen Sponsoren für seine 50-jährige Treue mit einem FCL-T-Shirt mit dem Aufdruck 50 Zemp geehrt wurde, war Othmar überglücklich und sogar ein bisschen sprachlos.

1951 übernahm Othmar das 1832 gegründete elterliche Geschäft zusammen mit Bruder Werner in 4. Generation. Damals wurden Benzin, Lebensmittel, Fischereiartikel, Jagdartikel, Rauchwaren und Sämereien verkauft. Nach und nach wurde das Sortiment auf Eisenwaren und Haushalt reduziert. Auch die Wolhuser Zeitung gehörte damals der Firma Zemp.

1963 lernte Othmar seine zukünftige Frau Rita Bigler kennen. Am 10. Februar 1965 heirateten Othmar und Rita in der Kirche Blatten.

1966 kam Ursula, 1968 Othmar und 1970 Regula zur Welt. Othmar und Rita haben neun Grosskinder und 3½ Urgrosskinder. Othmar war ein Familienmensch und freute sich sehr, Zeit mit der Familie zu verbringen. Die Grosskinder freuten sich jeweils sehr, ihren Grossbabi zu treffen. Meistens, weil sie Grossbabis Gesellschaft sehr schätzten, manchmal vielleicht aber auch, weil Grossbabi ihnen bei jedem Treffen einen «Füfliber» in die Hand steckte.

Othmar ist gerne Ski gelaufen und fuhr jedes Jahr mit der Familie in die Skiferien. Eine wichtige Ferienbekanntschaft aus Saas Fee war Tante Hanny aus Düsseldorf. Bei jeder Taufe der Kinder war sie mit dabei und hat viele Sommer- und Winterferien mit der Familie Zemp verbracht. Die Sommerferien hat er gerne am Meer und beim Bocciaspielen verbracht. 

Mit der Firma Black + Decker durfte Othmar zusammen mit Rita grosse Reisen nach Brasilien, Amerika, Mexiko, Bali, Thailand, Malaysia, Italien, England, Schottland, Frankreich und Deutschland machen. Auch der Sonderflug mit dem damals schnellsten Verkehrsflugzeug der Welt, der Concorde, im Jahre 1988 war ein riesiges Erlebnis. Ein unvergessliches Erlebnis war auch die Reise mit Georges Dora, Walter Theiler und Josef Bühler nach China. 

Am 15. Oktober 1978 hat Othmar Michael Rogenmoser aus der Emme gerettet und wiederbelebt. Dafür hat er die Ehrenurkunde der Carnegie-Stiftung für Lebensretter inklusive Unterschrift des Bundespräsidenten Hürlimann erhalten. 

Eine schwierige und traurige Zeit erlebte Othmar, als im März 1995 seine Schwester Valy, im Oktober 1995 sein Bruder Seppi und im August 1996 sein Bruder Werner, innerhalb eines Jahres drei seiner Geschwister, gestorben sind.

Othmar hat in seinem Leben gerne und leidenschaftlich gejasst. Die wöchentlichen Jassabende mit seinen Kollegen in der Krone haben Othmar sehr viel Spass gemacht. 1996 übergab Othmar das Geschäft an Othmar Zemp und Uschi Bucher und zügelte mit seiner Frau Rita an die Bahnhofstrasse 8. 

Auch da haben sie mit ihren Nachbarn Irma und Franz Sigrist viel gejasst. Auch mit Martha und Sepp Bienz und Martha und Sepp Bühler wurde gejasst, gewandert und manche fröhliche Stunde verbracht. Mit Walter Theiler verbrachte Othmar viele schöne Stunden beim Wandern bei schönen Wetter oder beim Schwimmen bei schlechtem Wetter. Am Samstagmorgen war der Frühschoppen mit Otto Portmann obligatorisch. Othmar war gerne mit der Familie und mit Freunden zusammen und ist stets offen und interessiert durchs Leben gegangen.

Sein Schalk und seine Sprüche kamen bei Familie, Kollegen, aber auch bei den Kunden sehr gut an. Bis heute erzählen Kunden und ehemalige Lehrlinge im Laden Anekdoten, die sie mit Othmar erlebt haben. Seine spezielle Art, die Kunden anzusprechen, war: «Was hätt är gärn»? Auch Aussprüche wie: «Hemmer ned, geds ned, bim Zämp chonsch alles öber» waren bekannt. Wenn jemand im Laden reklamierte, dass er warten musste, sagte Othmar: «Ech ha ou mösse warte, bes du cho besch!». Wenn ihn jemand mit einem defekten Teil fragte, ob er dieses hätte, sagte er «Nein, das haben wir nicht. Wir haben nur ein neues.» 

Othmar durfte sein Leben bis ins hohe Alter geniessen. In den letzten Jahren machten sich dann einige Gebrechen bemerkbar. Othmar musste sich einige Male operieren lassen. Seine positive Art und sein Lebensmut waren einmalig.

In den letzten Wochen wurde sein Körper immer schwächer, sodass Othmar am 4. Oktober 2019 im Wohn- und Pflegezentrum Wolhusen nach einem erfüllten Leben friedlich eingeschlafen ist.