Nachruf

27. April 2023

Klara Hodel-Fischer

Klara Hodel-Fischer
Egolzwil

Mueti hat folgenden «handschriftlichen Lebenslauf» in der uns Kindern bestens bekannten grünen Kassette auf dem Schrankboden deponiert. Wir zitieren:

«Am 29. Dezember 1934 kam Mueti als 5. Kind der Familie Fischer-Hunkeler im Gibel in Ebersecken zur Welt. Sie hatte eine einfache, aber glückliche Jugend. Die Schule besuchte sie in Eppenwil. Nach einem Zwischenjahr in Ingenbohl besuchte Mueti die Haushaltungs-Schule im Kloster Seedorf. Nach verschiedenen Aushilfsstellen kam Mue­ti 1952 zur Familie Hochstras­ser mit 5 Kindern in Sursee. Es war eine schöne und intensive Zeit. Als ihre Schwester 1955 ins Kloster Seedorf eintrat, kam Mueti wieder heim. Die Arbeit in Haus und Garten mit vielen guten Tipps von ihrer Mutter war auch schön. Während dieser Zeit lernte sie Jakob Hodel von Egolzwil kennen. Im Januar 1959 heirateten sie und zogen auf den Hof Moos in Egolzwil … Von da weg wart ihr ja dabei.»

Diese Zeilen liessen uns alle ein wenig schmunzeln. Aber es ist ja tatsächlich so, von da weg waren Mueti und Vati nicht mehr lange allein. Zwischen 1959 und 1969 wurden Kläri und ihrem Mann Kobi 6 gesunde Kinder geschenkt. Traditionellerweise wurden die ersten 2 Kinder gleich wie die Eltern getauft, also Klara und Jakob. Dann kam Rosmarie auf die Welt, welche nach der Schwester von Mueti, die im Kloster Seedorf war, benannt wurde. Es folgten noch Josef, Andreas und Cornelia. Mue­ti war sehr dankbar und stolz auf ihre Kinder. Oft sagte sie, 6 Kinder …und «Us jedem esch öppis worde».

Die Zeit auf dem Bauernhof im Moos war streng. Nebst dem Grossziehen der Kinder sorgte sich Mueti um Haus und Garten. Auch das Füttern der Säuli übernahm vielfach Mueti. Sie half auch immer bei Arbeiten auf dem Feld oder mit dem Obst. Übrigens wurden wir Kinder da auch immer vorbildlich mit- einbezogen. «Händ no chli Fiduz», hiess es dann manchmal, wenn uns die Lust aufs Mostbirnen- oder Kartoffelauflesen oder Bohnenablesen schon ziemlich vergangen war. Die Familie lebte vor allem in den ersten Jahren sehr bescheiden. Manchmal reichte das Geld nicht aus, um Brot zu kaufen. Uns fehlte es aber an nichts. Unsere Privatbadi waren dann halt zwei «Blächzeber». Statt ins Restaurant essen zu gehen, machten wir jeweils am Samstag Backbleche voll Pommes frites vor, damit wir am Sonntag ein Festessen hatten.

Mueti war eine fleissige, häusliche und liebe Mutter. Gerne sang sie in der Küche während dem Kochen zu einem Jodellied mit. Kläri war eine leidenschaftliche Gärtnerin und steuerte viel zur Selbstversorgung bei. Sie hegte und pflegte Gemüse und Beeren, aber auch die geliebten Dahlien und Geranien liebevoll. Sie konnte wundervolle Blumensträusse aus ihren eigenen Blumen binden, die sie dann gerne verschenkte. Vati sagte oft: «Mueti kann einen Besenstiel einstecken, und der fängt an zu blühen». Weniger beliebt waren bei Mueti folglich die Schnecken, welche sich hinter ihr Gemüse und die Blumen machten. Es gibt so einige Geschichten, mit welchen Mitteln Mueti diesen rigoros zu Leibe rückte.

Kläri und ihr Mann Kobi waren gläubig. Familienausflüge fanden vielfach im Zusammenhang mit dem lieben Gott statt. Einmal pro Jahr wurde das «Klostertanti», also Muetis einzige Schwester, im Kloster Seedorf besucht, regelmässig gings ins Luternbad, zum Chrüzberg, vereinzelt nach Einsiedeln zum Beten. Im Opel Rekord, mit Egerländer-Musik und einem dicken Rio-6-Stumpen in Vatis Mund wurde losgefahren, nur um abzuwarten, wem es zuerst schlecht werden würde vom Stumpenrauch. Unvergessen sind auch die Skifahr-Ausflüge in die Gfellen, zwischen den Morgen- und Abend-Stall­arbeiten, den Kofferraum voller Sandwiches, Kaffee und Tee. Wir Kinder fragen uns oft, wie das unsere Eltern alles schafften.

Die Zeit auf dem Bauernhof im Moos war eine gute Zeit, eingebunden in einer wohlwollenden Nachbarschaft. Im Speziellen mit der Familie Kaufmann pflegte man ein familiäres Verhältnis. Die Kinder der Familien wuchsen zusammen auf und produzierten so einige «Räubergeschichten».

Mueti war auch eine mutige Frau: Mit etwa 40 Jahren lernte sie noch Autofahren. Auch Vati war darüber glücklich, konnte er doch dann ab und zu mal vom Entlebuch nach Hause als Beifahrer amten.  

Als Andreas eine Familie gründete und den Bauernhof übernahm, machten Mueti und Vati einen Schritt in eine neue Etappe ihres Lebens. Sie bauten 1987 ein Zweifamilienhaus im Gehrenweg. Der Gehrenweg entwickelte sich dann zum Zentrum der Hodel-Familien. 4 der 6 Geschwister wohnten nun mit ihren Familien «nodisnoo» im Moos, Gehrenweg oder der Gehrenmatt. Zwischen 1983 und 2005 erblickten 15 Grosskinder das Licht der Welt. Viele davon waren also ganz in der Nähe zuhause, und Mueti durfte die Grosskinder hautnah miterleben, hüten oder einfach nur mal etwas verwöhnen. Auch die 8 Urgrosskinder konnte Mueti alle noch miterleben.

Mueti liebte den Ausblick von ihrem Balkon auf die Berge und die Spaziergänge im Moos. Eine rote Jacke und graue Haare – der Fall war klar: Mueti ist unterwegs. Dieser Weg führte oft auch an den Gärten ihrer Kinder vorbei, und Mueti hatte (gefragt oder ungefragt,) immer gute Tipps auf Lager, was grade aktuell zu tun wäre …oder sie riss das Unkraut kurzerhand selbst aus.

Mueti liebte ausser ihrem Mann Kobi noch einen anderen Mann: … Roger Federer! Sie war ein ausgesprochener Tennis-Fan, aber vor allem Roger Federer-Fan. Nächteweise war sie am Mitfiebern, wenn er spielte, glücklich wenn er gegen Djokovic und Co. gewann und traurig bei seinen Niederlagen. Ein signiertes Bild von Roger Federer schaffte es sogar vom Gehrenweg zu Mueti ins Altersheim an die Wand.

2011 verstarb Muetis Ehemann Kobi. Zwar war Kobi gesundheitlich etwas angeschlagen, aber dennoch kam sein Tod überraschend.

Bis im Jahr 2022 lebte Mueti weiterhin in der Wohnung im Gehrenweg im nahen Umkreis ihrer grossen Familie. Die letzten Jahre, als ihre gesundheitlichen Probleme immer grösser wurden, kümmerten sich Schwiegertochter Bernadette, Sohn Kobi sowie auch Tochter Romy fürsorglich um Mueti. Als die Beschwerden aufgrund der Parkinson-Krankheit immer ausgeprägter wurden, ging Mueti ins Feldheim Reiden, wo sie liebevoll betreut wurde.

Der Fortschritt der Krankheit war rasant, und Mueti verlor immer mehr an Lebensqualität. Am 20. Februar 2023 trat Mueti die letzte Reise an und wurde von ihren Beschwerden erlöst. Sie ist jetzt wieder vereint mit Kobi, ihren vorangegangenen Verwandten und mit Schwiegersohn Willi, welchen sie sehr gerne hatte, und welcher ihr so oft ein feines «Sösseli» zum Sonntagsmenü gekocht hatte.

Liebes Mueti, wir danken dir herzlich und respektvoll für alles, was du uns mitgegeben und gelehrt hast.

Deine Kinder