Nachruf

05. Dezember 2019

Josy Achermann-Roos

Rohrmatt

Du siehst den Garten nicht mehr grünen,
du siehst die Blumen nicht mehr blühen,
hast stets geschafft, manchmal gar über deine Kraft. Alles hast du gern gegeben, Liebe, Glaube, Arbeit war dein Leben.
Du hast ein gutes Herz besessen, nun ruhe still und unvergessen.

Dieser Spruch beschreibt ganz schön das gesamte Leben von Mueti. Jedoch gehen wir gerne noch näher auf ihr erfülltes Leben ein.

Geboren wurde Josy Achermann- Roos am 2. Juli 1932 in der Rothen­egglen, Rohrmatt. Ihre einfache und bescheidene Kindheit verbrachte sie zusammen mit ihren fünf Brüdern. Der Schulweg in die Rohrmatt und der Weg in die «Chendulehr» auf dem Menzberg war steil und lang, was dem kleinen Josely viel abverlangte. 

Nach der obligatorischen Schulzeit arbeitete Josy in verschiedenen Stellen im Haushalt. Mit ihrem ersten Lohn konnte sie sich ein Velo kaufen, was für sie ein grosses Stück Freiheit bedeutete. 

Josy war 17 Jahre alt, als ihr Vater verstarb und nur vier Jahre später musste sie bereits von ihrer Mutter Abschied nehmen. Diese schweren Schicksalsschläge waren für sie und ihre fünf Brüder sehr prägend und schweisste die Geschwister ein Leben lang zusammen. So gab Josy ihre Stelle auf und ging mit 21 Jahren wieder zurück in die Rothen­egglen, um für ihre zum Teil noch minderjährigen Brüder die Mutterrolle zu übernehmen. Wie man sich vorstellen kann, war das keine einfache Zeit. Ganze sieben Jahre führte sie den Haushalt in der Rothenegglen. 

Während dieser Zeit lernte die den jungen, gutaussehenden Sepp Achermann vom Grossbuchli kennen. Im Frühling 1960 heirateten Josy und Sepp in der Pfarrkirche in Sachseln. 

In den Jahren 1961–1964 wurden unseren Eltern die ersten vier Kinder, Sepp, Franz, Beat und Rita, geschenkt. Später folgte Pius und im Alter von 40 Jahren durfte sie mit Regina nochmals Mutter werden. Die Familie war nun komplett.

Auf dem Grossbuchli wartete viel Arbeit auf Mueti. Neben dem Haushalt und den Kindern war ihre tatkräftige Mithilfe auf dem Hof gefragt. Besonders viele Stunden hat sie sich im Schweinestall aufgehalten. War eine Muttersau am Ferkeln, so verbrachte sie fast die ganze Nacht im Stall. Die Schnapsbrennerei war für Mueti eine Leidenschaft. Über mehrere Tage musste immer das richtige Feuer unter dem Brandhäfeli sein. Nachdem dann Beat einen neuen Brennofen zusammengebaut hatte, musste sie viel weniger Holz nachlegen. Wenn dann das Gebrannte gelungen war, machte dies unser Mue­ti zufrieden. Im Grossbuchli durfte jeder Gast ein Kafischnaps geniessen oder auch zwei. Vor allem von der Samichlausgesellschaft Schülen wurde dies geschätzt. Es kam vor, dass einige Mitglieder der Chlauser das Haus auf wackligen Beinen verliessen.

Viel Freude bereitete Mueti der Garten und die Blumen. Sie war sehr stolz, wenn im Garten das Gemüse reiche Ernte brachte und der üppige Gemüseblätz gut gedieh. Jährlich mussten schöne Grani am Haus blühen und die Fuchsien liebte sie über alles.

Sie liebte es eine grosse Gästeschar um sich herum zu haben und diese auch zu verköstigen. Kein Besuch durfte das Grossbuchli verlassen ohne etwas Währschaftes zu essen und zu trinken. Wollte jemand kein 2. Mal von ihrem feinen Essen schöpfen, so übernahm sie das für den Gast. Wurde dann auch noch ein zünftiger Jass geklopft, war der Anlass perfekt.

Gerne ging Josy an Klassenzusammenkünfte, um alte Erinnerungen aufleben zu lassen. Etwas Abwechslung in ihren Alltag brachten die Anlässe des Schülenchränzli oder ein Ausflug mit dem Frauenbund oder der Käserei­genossenschaft. Ferien gönnten sich Josy und Sepp erst mit bald 50 Jahren. Das Wandern in Sedrun fand Josy aber nicht so erholsam, zu Hause musste sie genug «i de Högere omechragsle». Für Ferien auf den Kanaren stieg Josy sogar einmal in ein Flugzeug, was sie sehr viel Überwindung kostete. In den späteren Lebensjahren gönnten sie sich dann jährlich Ferien in Wilen oder Eich. Zusammen genossen sie einige Tage am See. Dies war nun die ersehnte Erholung.

Mueti bedauerte ihr Leben lang, dass sie die Autoprüfung nie machte. So blieb ihr nichts anderes übrig, als ihre Kommissionen in Willisau mit dem Töffli zu erledigen.

Der Sonntag war für Mueti heilig. Es durften ja keine unnötigen Feldarbeiten verrichtet werden. Der sonntägliche Kirchgang und die täglichen Tischgebete mit Sepp und Schwager Hans waren ihr wichtig. Gerne wäre Mueti mal nach Lourdes gepilgert, doch mit zunehmendem Alter traute sie sich eine solche Reise nicht mehr zu. Besonders viel Wert legte Mueti auf das Weihwasser. Passierte den Kindern mal ein kleinerer Unfall, fragte sie sofort vorwurfsvoll: «Hesch weder kei Weihwasser gnoh?»

Als sie und Sepp im Jahre 1993 den Hof an Franz und Schwiegertochter Dorli übergaben, konnte Mueti endlich etwas kürzertreten. Ihre Kinder gründeten mit der Zeit alle ihre eigenen Familien und im Verlauf der Jahre kamen 19 Grosskinder und in den letzten 3 Jahren 4 Urenkel dazu. 

An besonderen Geburtstagen von ihr oder Sepp genoss es Grosi, die ganze Familie um sich zu haben und mit ihnen in einem Restaurant fein essen zu gehen. Weihnachtsfeiern oder Sommerbräteln im Grossbuchli waren für alle Kinder samt eigener Familie obligatorisch.

Äusserst gerne nahm sie an Familienfesten ihrer Nachkommen teil. Die Einladungen zu Hochzeiten, Taufen, Weisser Sonntag, Firmungen oder runden Geburtstagen wollte unser Grosi auf keinen Fall verpassen. Gerne kaufte sie sich zu diesen Anlässen eine schöne neue Bluse.

In ihrem Leben musste sie sich vielen harten Prüfungen stellen. Das Schicksal und der Tod ihres ältesten Sohns Sepp war für Mueti fast nicht zu ertragen. Erstaunlicherweise erholte sie sich wieder, bis die Diagnose einer schweren Krankheit ihres jüngsten Sohnes Pius kam. Nach fast 57 Jahren Ehe mit Sepp verstarb ihr Ehemann im Januar 2017 etwas überraschend. So war sie nun ganz allein in ihrem alten Haus im Grossbuchli und wurde immer ein bisschen einsamer. Noch immer führte sie aber den Haushalt und den Garten selbständig. Als nur ein halbes Jahr später auch noch Pius starb, brach es Mueti nochmals das Herz. Auch ihre fünf Brüder sind ihr im Tode vorausgegangen.  Nach einem längeren Spitalaufenthalt im Winter 2018 war es Mueti leider nicht mehr möglich, in ihre eigene Wohnung zurückzukehren. Franz und besonders Dorli erfüllten ihr jedoch den Wunsch, nochmals ins Grossbuchli nach Hause zu kommen. Schmerzlich musste sie aber selber feststellen, dass sie immer mehr Hilfe benötigte und auf dauernde Pflege angewiesen war. Nochmals blitzte ihre bestimmende Art auf und Mueti entschloss sich, ins Heim St. Johann, Hergiswil, einzutreten. Erfreulicherweise erholte sich ihre Gesundheit ein weiteres Mal und sie durfte im St. Johann einen wunderbaren Herbst geniessen. Nach vier Monaten im Rollstuhl brachte Mueti mit viel Wille sogar die Kraft auf wieder selbständig zu laufen. Ihre Aussage dazu: «Ich bin in die Freiheit zurückgekommen.» Die Tage waren nun plötzlich recht ausgefüllt mit Jassen, Lesen, Stricken, Radio hören und Fernsehen. Ihre Lieblingssendung «Mini Beiz dini Beiz» verpasste sie nur ungerne. Der Glaube und das Gebet waren für Mueti auch im Heim ein hilfreicher Begleiter. Überwältigt und sehr dankbar war sie über die vielen Besuche von Verwandten, Freunden und Bekannten im Heim.

In den letzten Monaten nahmen ihre Beschwerden leider wieder zu und Mue­ti äusserte immer öfter den Wunsch, nun auch sterben zu dürfen. Wenige Tage vor ihrem Tod zauberte der Besuch ihres jüngsten Urenkels Fynn ihr nochmals ein Lächeln ins Gesicht. Am Sonntag des Heilig-Blut-Ablassfests in Willisau gab Mueti uns allen die Gelegenheit, von ihr Abschied zu nehmen. Bei vollem Bewusstsein durfte sie am Montagabend, 24. Juni 2019, friedlich einschlafen.

Du hast ein gutes Herz besessen, nun ruhe still und unvergessen.