Nachruf

22. Februar 2021

Hildegard Rölli-Häfliger

Hildegard Rölli-Häfliger
Altbüron

Liebs Muetti, schon länger als drei Monate ist es her, dass du deine gütigen Augen für immer geschlossen hast, dein liebevolles Lächeln ist erloschen, deine Stimme bleibt stumm. Es ist für uns bis heute kaum fassbar, dass du nicht mehr bei uns bist. Du fehlst uns unendlich.

Du wurdest am 6. März 1942 deinen Eltern Emma und Hans Häfliger in die Wiege gelegt. Ihr seid eine grosse Kinderschar gewesen, insgesamt 12 Kinder. Aufgewachsen bist du in der Schürmatt in Fischbach, bevor ihr dann in die Schlempen gezogen seid.

Nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit in Fischbach und Zell hast du zuerst ein Jahr in einem Privathaushalt in Schönenwerd verbracht. Nach diesem Jahr hast du dich dazu entschieden, auch noch ein Bäuerinnenlehrjahr im Kloster Fahr in Unterengstringen zu absolvieren. Es war dir, wie den meisten anderen jungen Frauen in dieser Zeit, leider vergönnt, eine Berufsausbildung zu machen.

Zu diesem Zeitpunkt hast du unseren Baba bereits kennen und lieben gelernt. Ihr habt euch an einem Bellevue-Fest zum ersten Mal getroffen.
Am 6. Mai 1963, im Alter von 21 Jahren, habt ihr einander an einer Doppelhochzeit (zusammen mit deiner Schwester) das Ja-Wort gegeben. Aus der jungen Ehe wuchs bald eine grosse Familie heran. Sieben Kinder wurden euch geschenkt, drei Buben und vier Mädchen. Das zweitälteste Mädchen verstarb leider nach der Geburt. Deine strengen Tage waren ausgefüllt mit viel Arbeit, im Haushalt und auch draussen auf dem Betrieb. Erst spät abends konntest du dich ein wenig hinsetzen und vielleicht eine Zeitung lesen oder eine deiner geliebten Glaces geniessen.

Für Baba warst du in allen Jahren der Fels in der Brandung. Trotz harter Arbeit und vieler Probleme, die auf euch zukamen, hast du ihm immer den Rücken freigehalten und ihn in allem gestärkt. Am Anfang eurer jungen Ehe und mit Kleinkindern habt ihr den Mühlehof noch mit deinen Schwiegereltern und Schwager teilen müssen. Dieser Umstand und die engen Platzverhältnisse waren für dich keine einfache Zeit und schwer zu ertragen. Aber du hast auch das gemeistert, wie alles andere in deinem Leben.

Du und Baba haben es uns Kindern immer ermöglicht, eine unbeschwerte und sorgenfreie Kindheit erleben zu dürfen. Wir mussten kaum im Haushalt oder auf dem Betrieb mithelfen, was in dieser Zeit sicher nicht selbstverständlich war.

Viele Jahre durften wir mit euch in die Ferien an die Adria reisen. Wir fragen uns noch heute, wie wir eigentlich alle Platz fanden im Auto, mit einer grossen Ladung Gepäck und Verpflegung für zwei Wochen, das war immer ein Meisterstück von euch beiden in Sachen Organisation. Für dich und Baba war es aber eher eine Luftveränderung als Ferien. Das tagelange Packen vor der Abreise und das Auspacken und die Wäsche danach für uns Kinder, was das für eine grosse Arbeit bedeutet haben muss, das wurde uns erst bewusst, als wir selber Eltern wurden und in die Ferien fuhren. Ihr beide habt diese Strapazen immer auf euch genommen, um uns schöne Sommerferien zu ermöglichen.

Schon früh hat sich abgezeichnet, dass du in eine Fussballer-Familie eingeheiratet hast. Als die drei sportbegeisterten Jungs begannen, sich für den Fussball zu begeistern, hat Baba nichts unversucht gelassen, das schon in die Wiege gelegte Talent zu fördern. Babas Traineramt und sein Spiko-Präsidium beim FC Algro haben für dich noch mehr Arbeit bedeutet. Wenn es im Fussball nicht so lief wie geplant, musstest du öfters als Ventil herhalten. Es hat dich aber auch sehr gefreut, als Erfolge gefeiert werden durften. Alle Jahre hast du immer Geduld und starke Nerven bewiesen. Kein böses Wort kam über deine Lippen.

Die Autoprüfung konntest du leider erst relativ spät absolvieren. Wie glücklich warst du deshalb, als du den Führerausweis in den Händen halten durftest.  Endlich warst du unabhängiger. Von da an entwickelte sich deine Freude an amerikanischen Autos. Wie oft hast du uns Mädchen mitten in der Nacht mit deinem geliebten Ami-Schlitten vor der Disco abgeholt, damit wir sicher nach Hause kamen.

Unzählige Fahrten an Fussballtrainings in Bern, Therapien, Matchs, Arztbesuchen, kein Weg war dir zu weit, um die Jungs beim Fussball zu unterstützen, sie zu fördern. Tausende von Fussball-Dress sind als Waschfrau des FC durch deine Hände gegangen, auch Löcher in den Stulpen hast du gestopft und Hosen geflickt. Nach jahrelanger verdienter Arbeit für den FC wurdest du verdientermassen zum Freimitglied ernannt.

Du warst eine unfassbar gute Hausfrau. Perfekte Ordnung, im Haus und ums Haus herum, waren dir sehr wichtig. Die immer schön angepflanzten Rondellen im Rasen haben öfters Autofahrer dazu angehalten, um ein Foto davon zu schiessen.

Bis ins Alter von 75 Jahren bist du am Morgen früh aufgestanden,  um den grossen Hausplatz vom Schnee freizuschaufeln. Es war eine sehr anstrengende und harte Arbeit, erst recht mit zunehmendem Alter. Auch eine wunderschöne Weihnachtsbeleuchtung war dir wichtig, schlicht und einfach sollte sie sein, aber schön, wie die blühenden Geranien, die vor dem Haus hingen.

Legendär und unvergesslich bleiben für uns Kinder und Grosskinder deine wunderbaren Kochkünste. Dein phänomenaler Kartoffelsalat, die Appenzeller Chäshörnli, deine feinen Braten, Filets und Pastetli, sind unvergessen. Deine unglaublich feine Rösti bekommt bei uns in der Familie niemand so gut auf den Teller. Viele Jahre hast du uns mit deinen wunderbaren Weihnachtsmenüs verzaubert. Mit uns Kindern und später auch Grosskindern war es dir wichtig, Guetzli in der Adventszeit zu backen.

Deine beschränkte, kostbare Zeit liess es kaum zu, dass du Hobbys pflegen konntest. Wenn überhaupt, dann fand das erst später Platz in deinem Leben in Form von einem Saunabesuch. Die regelmässigen Nachmittage beim Coiffeur bedeuteten für dich ein paar Stunden Freizeit und Ruhe.  

Du und Baba, ihr seid wirklich wahre und angefressene Fasnächtler gewesen. An unzähligen Umzügen des FC Algro hast du teilgenommen.  Seine genialen Ideen für die Fasnachtswagen des FC hast du mitgetragen und unterstützt. Fasnacht hat dir und auch ihm sehr viel bedeutet. Als Einzelmaske bist du am Abend noch öfters alleine losgezogen, um die Restaurants in Altbüron und Grossdietwil unsicher zu machen. Ihr seid mit einer Gruppe Fasnächtler im Dorf umhergezogen, auf eurem Wagen, von Haushalt zu Haushalt. Das waren für dich lustige und erholsame Momente, die du geniessen konntest. Tanzen, Schlager, Pop, Rock'n'Roll und Ländler, dein Musikgeschmack war breit, eine deiner Lieblingsbands waren die Status Quo. Du hast sehr viel Taktgefühl gehabt und gerne getanzt. Baba konnte da leider mit der Zeit aufgrund seiner körperlichen Verfassung nicht mehr mithalten.

Als dann ab 1989/91/93 eure ersten vier Enkelkinder geboren wurden, war deine Freude riesig. 2003 kamen noch weitere zehn Grosskinder dazu. Du warst ein wunderbares, liebevolles Grosi für acht Buben und sechs Mädchen. Jahrelang hast du die ersten drei Jungs gehütet und umsorgt. Deine Grosskinder waren dein ganzer Stolz und du hast sie verwöhnt, wo du nur konntest. Du konntest ihnen nie eine Bitte abschlagen. Der Mühlehof wurde zu ihrem zweiten Zuhause, ein idealer Spielplatz mit grossem Umschwung. Die Grosskinder haben dein Leben enorm bereichert. Sie haben dir unglaublich viel bedeutet und sie fühlten sich geborgen in deinen Händen.

Einige Schicksalsschläge hast du auch erleben müssen. Deine zwei Schwestern, die dir sehr viel bedeutet haben, mussten schon früh von euch gehen. In diesen schweren Zeiten hast du Hoffnung und Stärke in deinem Glauben gefunden.

All die Jahre, bis es deine Kräfte selber nicht mehr zuliessen, hast du unseren Baba aufopferungsvoll betreut und gepflegt, auch dann noch, als er an Parkinson erkrankt ist.

Das Wohl und die Fürsorge für all deine Liebsten war dir das Wichtigste. Das hat dich ausgemacht und gab dir Erfüllung. Wenn es den anderen gut ging, dann ging es dir auch gut. An dich selbst hast du immer zuletzt gedacht.

76 Jahre hast du gesund, stark und voller Tatendrang in deinem Zuhause gelebt und gewirkt. Nie warst du krank, bis zu dem Zeitpunkt, als dich plötzlich im Herbst 2018 unerklärliche Rückenschmerzen plagten. Nach einigen Untersuchungen, welche für dich extrem schmerzhaft waren, wurde uns dann die niederschmetternde Diagnose über eine bösartige Krebserkrankung mitgeteilt. Es riss uns den Boden unter den Füssen weg.

Aber du hast gekämpft, die Therapie hat gut angesprochen, mehr als eineinhalb Jahre lang lief alles im erhofften Rahmen. Wir haben grosse Hoffnung gehabt, dich noch lange bei uns haben zu dürfen.

Auch als im Frühling 2020 eine plötzliche, unerklärliche Verschlechterung deines Gesundheitszustandes eintrat, haben wir gehofft, dass du dich wieder davon erholen würdest. Diese Hoffnung wurde leider nicht erfüllt.

 Im August wurdest du ins Altersheim in Reiden eingewiesen, in welchem man dich gut und liebevoll betreut hat. Deine Kräfte liessen immer mehr nach.  

Viel Kraft hast du trotzdem auch in dieser Zeit immer noch aus den Besuchen deiner Kinder und Grosskinder geschöpft. Bis an dein Lebensende, an welchem du zu unserem einzigen Trost friedlich einschlafen durftest, hast du gekämpft. Aber irgendwann waren deine Kräfte einfach verbraucht. Für uns alle viel zu früh musstest du uns verlassen.

Muetti, wir danken dir von ganzem Herzen für alles, was du für unseren Baba, für uns Kinder und alle Grosskinder gemacht und uns mit auf den Weg gegeben hast. Deine lebenslange Fürsorge und Liebe für uns alle bleiben unvergessen.

Du warst eine einzigartige Person, bescheiden, aufopferungsvoll, unermüdlich und die beste Ehefrau, Mutter und Grossmutter, die man sich wünschen kann. Deine Stärke, deine Tapferkeit und Selbstlosigkeit bleiben für uns vorbildlich. Wir sind unglaublich stolz und dankbar, ein solches Muetti wie dich gehabt zu haben, und vermissen dich unendlich.

Wir werden dich nie vergessen, in unseren Herzen lebst du weiter.  Wir werden uns wiedersehen. Bis dahin, liebs Muetti, machs guet. Wir werden dich immer lieben. Ruhe in Frieden, du hast es so sehr verdient.

Deine Familie, Papa,
Kinder und Grosskinder