Nachruf

11. Juni 2018

Emma Chappuis-Heller

Willisau

Vor 90 Jahren wurde Grossmueti auf dem Hof Oberberg, Willisau, geboren. Als mittleres von sieben Kindern genoss sie ein strenges, aber schönes Familienleben. Mit dem Velo inklusive Vollgummipneus ging es bei Wind und Wetter zuerst ins Schulhaus Schülen und später nach Willisau über die «Grien­strasse» bei der Wiggermatt in die Sekundarschule. 

Nach der Schule war an eine Ausbildung nicht zu denken. Über Nottwil führte sie ihr Weg als Familienhelferin nach Langnau und Oberkirch. Bald lernte sie Alfred Chappuis, den jungen Mechaniker von der Menzberg­strasse, kennen. Er konnte gut jassen und hatte sofort einen «Stein im Brett» bei seinem zukünftigen Schwiegervater Schang Heller.

Geheiratet wurde 1951, eine Doppelhochzeit. Mit Bruder Hans und dessen Frau Martha haben sie zusammen gefeiert, sogar die Flitterwochen wurden zu viert verbracht. Das junge Ehepaar zog an die Menzbergstrasse 9 zu Schwiegervater Alfred Chappuis sen. Sehr stolz war sie auf ihre vier Buebe und das Meitschi.

Schöne Dinge liebte sie zeitlebens – ihre Schrift war legendär. Zitate, Verse und schöne Gedichte sammelte sie. Handarbeiten wie Stricken, Frivolité und Makramee waren ihre grosse Leidenschaft. Gestrickt wurde abends am Stubentisch mit ihrer Schwägerin Marie, unserem Tanti, die im gleichen Haushalt mit ihren beiden Kindern lebte und arbeitete. Damit Grossmueti den Rücken frei hatte für die Mithilfe im Geschäft, übernahm Tante Marie den Part des Haushalts und der Kindererziehung. Grossmueti widmete sich der Büro­arbeit, dem Lohnwesen, dem Hauptbuch und dem Telefondienst. Am Ende eines Geschäftsjahres waren die Jahresessen mit der ganzen Belegschaft ein besonderer Anlass. Grossmueti und Grossvati haben einiges geschafft in ihrem Leben und die mechanische Werkstatt weit über die Gemeindegrenze hinaus bekannt gemacht.

Sie liebte elegante Kleider, eine schöne Frisur und hatte ein Faible für Handtaschen und Schuhe.

Lange musste sie auf Ferien verzichten. Nach 26 Jahren wurden endlich die ersten Ferien in Angriff genommen, die Reise führte ins Münstertal. Eine Passfahrt, die Fahrt zu einem schönen Aussichtspunkt oder einem Wallfahrtsort und ein Zföifi machten ein Wochenende perfekt. Der Jura, Grossvatis Heimatkanton, wurde oft zum Ausflugsziel. Besuche zu den vielen Verwandten in Develier wurden arrangiert.

Als 1989 Tanti auszog, begann für Grossmueti und Grossvati ein neuer Abschnitt. Sie konnten zum ersten Mal ihre Zweisamkeit geniessen. Selber haushalten und das Backen wurden nun ihr neues Betätigungsfeld. Sie fand immer wieder einen Anlass, für uns eine ihrer legendären «Züpfe» zu backen. Mhhh, es war die beste.

Ein riesiger Blumenfan mit einem grünen Daumen war sie. Spezielle Pflanzen und Gefässe hat sie sich immer wieder gerne ausgesucht. 

Stolz war sie auch auf ihre zehn Enkelkinder und ihren ersten Urenkel. Sie hat immer an alle Geburtstage, Abschlüsse und Prüfungen gedacht und uns mit kleinen Geschenken überrascht. Für jede Prüfung eine Kerze angezündet und auch mal ein Stossgebet gehalten. Ihre grösste Liebe galt der Familie.

1994 wurde endlich eine schöne Parterrewohnung mit Gartenanteil in der Geissburg bezogen. Kurz darauf verstarb Grossvati. Nach seinem Tod hat sie sich aufgerafft und sich ein neues Leben organisiert. Sie musste nun alle Entscheidungen alleine treffen, ohne den Rat ihres Ehemannes. Aber sie hat es geschafft und ein neues Lebensgefühl entwickelt. So hat sie das Reisen entdeckt, Amsterdam, Wien, Polen, Mont St. Michel, Jass-Ferien oder Reisen ins Südtirol wurden unternommen. Sie war nie gerne alleine, machte gerne Ausflüge mit dem Frauenbund und ihren Gespanen. Eine fröhliche Jassrunde, ein Schwatz im Café, ein Telefonat oder der Besuch bei ihren Geschwistern waren ihr immer sehr wichtig. Mit 65 Jahren hat sie noch das Schwimmen gelernt und es dann noch 20 Jahre lang regelmässig betrieben. Eine kleinere Wohnung hat sie am Mohrenplatz bezogen. Mit gutem Gespür hat sie diese und die Terrasse modern eingerichtet.

Ferien bei Schwägerin Marianne in Cressier (NE) wurden zu ihrem persönlichen Jahreshöhepunkt. Das «Laissez-faire» im Welschen hat sie gerne im Liegestuhl oder bei einem feinen Essen und einem Schwatz mit den Nachbarn im Quartier genossen. 

Eisern hat sie an ihrer Fitness gearbeitet und war täglich auf einem Spaziergang unterwegs, bis zu ihrem schweren Sturz vor fünf Jahren. Aber sie hat sich zurück ins Leben gekämpft. Danach wurde sie leider pflegebedürftig und musste in der «Waldruh» ein Zimmer beziehen. Ihr grosser Traum blieb es, bis zum Schluss wieder selbständig wohnen zu können.

Im März 2018 verschlechterte sich ihr Zustand plötzlich. Still und leise hat Grossmueti diese Welt verlassen. Nun ist sie wieder mit Grossvati vereint. Wir hatten Zeit, uns von ihr zu verabschieden, dafür sind wir dankbar. Gerne denken wir an die schönen Jahre mit ihr zurück. Sie werden uns in guter Erinnerung erhalten bleiben. Wir danken dir für die schöne gemeinsame Zeit.

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