Nachruf

07. Februar 2019

Cécile Abt-Bader, Dr. med.

Reiden

Am Nikolaustag 1923 wurde Cécile Bader als jüngstes von vier Kindern im solothurnischen Balsthal geboren. Dort führten ihre Eltern eine Bäckerei mit Kaffeestübli. Der Vikar empfahl den Eltern, die jüngste Tochter ans Gymnasium zu schicken und studieren zu lassen. Deshalb ermöglichten die Eltern Cécile den Besuch des Gymnasiums im Theresianum Ingenbohl. Nach der Matura studierte sie Medizin in Fribourg und Basel. An den Wochenenden und in den Ferien musste sie in den damaligen Kriegszeiten oft zuhause im Geschäft mithelfen und die Gäste im Kaffee bedienen. Dafür konnte sie am Sonntagabend leckeres Gebäck einpacken und am Montag ihre Mitstudentinnen und -studenten neben dem strengen Studium damit verwöhnen.

Beim Klavierüben in einem Musikgeschäft lernte sie den Medizinstudenten Alfons Abt kennen und lieben. Nach der Heirat wurden während der Assistenzjahre die Söhne Urs 1953 in Rheinfelden und Wolfgang 1954 in Basel geboren. Ein Zeitungsinserat machte das Ärzteehepaar auf die zum Verkauf stehende Hausarztpraxis in Reiden aufmerksam. Nach der begeisterten Zusage war der Start im Herbst 1956 schwierig. Vor dem Umzug war Alfons Abt an Tuberkulose erkrankt und weilte fast ein Jahr zur Kur in einem Sanatorium. Cécile Abt musste allein mit der Praxisarbeit beginnen. Es war für sie eine enorm schwierige und belastende Zeit, zumal sie mit einem Vertreter, der mit seiner Familie im gleichen Haus wohnte, zusammenarbeiten musste. Dank der Unterstützung ihrer Eltern hat sie durchgehalten. Doch wurde ihr weiteres Leben durch die Anstrengungen dieser Zeit geprägt. Entlastung erfuhr sie später auch durch die Schwiegereltern, die nach Reiden gezogen waren und im Nachbarhaus wohnten.

Glücklicherweise konnte Alfons Abt nach einjährigem Kuraufenthalt in Arosa die Hausarztätigkeit nach einem Jahr gesund aufnehmen. Zur Freude der Eltern wurde die Familie 1963 durch die Geburt von Ruth erweitert.

Für ihre Patientinnen und Patienten waren Cécile und Alfons Abt oft Tag und Nacht und häufig auch am Wochenende im Einsatz. Dies war nur möglich dank der treuen Haushälterin Martha Meier, die drei Jahrzehnte bei der Familie arbeitete.

Cécile Abt war die Managerin im intensiven Praxisbetrieb. Sie bediente das Telefon und sorgte im Hintergrund für einen reibungslosen Ablauf. Neben der Triage der Patientinnen und Patienten führte sie an zwei Nachmittagen – wenn ihr Mann wegen Hausbesuchen ausser Haus war – eine eigene Sprechstunde.

Sie war die einzige Hausärztin weit und breit. Deshalb schätzten es die Frauen, wenn sie sich von einer Ärztin untersuchen und beraten lassen konnten. Manche von ihnen scheuten sich nicht, dafür einen langen Weg zu Fuss oder mit dem Velo zurückzulegen. So wurde Cécile Abt für viele Frauen eine wichtige Vertrauensperson. Sie erfuhr viel von den Sorgen und Nöten von Frauen, Müttern und Familien und gewann mit den Jahren grosse Erfahrung in sozialen Themen rund um Frauen und Familien. Diese Einsichten motivierten sie, 1971 nach Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Frauen, als Grossrätin der CVP des Amtes Willisau zu kandidieren. Prompt wurde sie gewählt. Wie die meisten Politikerinnen der ersten Stunde musste sie alles selber erarbeiten und lernen. Aus ihrem Praxisalltag kannte sie die brennenden Anliegen und Probleme der damaligen Gesellschaft. Engagiert setzte sie sich vor allem für die Aufwertung der Frau und für die Verbesserung des Bildungs- und Gesundheitswesens ein. Klar und verständlich versuchte sie, soziale Themen zu diskutieren und gerechte Lösungen zu finden. Dreimal wurde sie mit einem Spitzenresultat als Grossrätin gewählt. Ende 1986 übergaben Cécile und Alfons Abt die Praxis ihrem Sohn Urs und zogen sich nach Rippertschwand in Neuenkirch zurück. Gemeinsam erlebten sie viele interessante und erfüllte Jahre. Leider erlitt Alfons Abt im Herbst 2006 bei einem Sturz in Italien einen Knochenbruch mit Komplikationen, sodass er kurz darauf starb. Cécile Abt verkaufte das Haus in Neuenkirch und zog ein Jahr später in eine Alterswohnung im neu erbauten Kommendeblick in Reiden. Dort half sie mit bei der Organisation von verschiedenen anregenden Zusammenkünften der Hausgemeinschaft und beriet mit Freude und Engagement ihre Mitbewohnerinnen und -bewohner bei ärztlichen Fragen und Anliegen. Interessiert und kritisch verfolgte sie das Geschehen in der näheren und weiteren Umgebung. Sie freute sich an den Besuchen von Freunden und ihrer wachsenden Familie mit den Enkel- und Urgrosskindern.

Im Frühjahr 2018 wurde sie durch eine Lungenentzündung so geschwächt, dass sie sich nicht mehr richtig erholen konnte und ihren Lebensmut im Herbst 2018 nach und nach verlor. Friedlich und ruhig durfte sie am 21. November 2018 nach kurzem Aufenthalt im Pflegeheim Feldheim für immer einschlafen.

Cécile Abt war ein Vorbild für viele Frauen und wird vielen Menschen als starke und engagierte Persönlichkeit in Erinnerung bleiben.