Nachruf

15. März 2018

Bethli Hug-Dummermuth

Willisau

«Danke vöu mou». Das waren die Worte, die Bethli in den letzten Monaten, Wochen und Tagen immer öfter gebrauchte. Sinnbild für den Wandel grosser, eigenständiger Lebenskraft hin zum vermehrten Annehmen von Hilfe. Ihr Leitspruch lautete: «Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, dich ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.» Sie hat das eindrücklich vorgelebt. Aber beginnen wir von vorne zu erzählen:

Die Eltern von Bethli heirateten 1919 in der Stadt Bern. Ihr Vater Gottfried Dummermuth, Milchmann von Beruf, und ihre Mutter Helen Bertha Sollberger, Hausangestellte, stammten beide aus sehr einfachen Verhältnissen. 1920 kam Bethlis Bruder Fritz zur Welt. Bethli wurde am 15. April 1929 in Bern geboren. Dort durfte sie die Primar- und Sekundarschule besuchen. Am Nachmittag nach Schulschluss half sie mit ihrem Bruder dem Vater beim Milch­austragen. Nach ihrer Schulzeit vertiefte Bethli ein Jahr lang ihre Französischkenntnisse in Rolle am Genfersee.

In Thörigen bei Herzogenbuchsee machte sie auf einer Gemeindekanzlei ihre dreijährige Verwaltungslehre. Im letzten Lehrjahr erlitt ihre 55-jährigeMutter einen Schlaganfall und war ab diesem Zeitpunkt gelähmt. Bethli und ihr Vater pflegten sie sechs Jahre zu Hause. Ihr Vater starb 1960 im Alter von 68 Jahren.

Bethli lernte unseren Vater, Hans Hug, 1949 im Naturfreundeverein Herzogenbuchsee kennen. Sie heirateten im Jahre 1953 und zogen ins Haus an der Kreuzstrasse in Willisau ein. Unser Vater arbeitete damals bereits seit zwei Jahren als Werkmeister bei der Beutler Maschinenfabrik in Willisau.

Bis zur Geburt des ersten Kindes arbeitete Bethli in einer Arztpraxis. 1955 kam Heidi zur Welt. Es folgten Martin (1957) und Urs (1960). Bethli hat uns liebevoll umsorgt, aber auch ihre Werte konsequent gelehrt. «Ohne Fleiss kein Preis» oder «Ehrlich währt am längsten» sind Sprichwörter, die sie nicht gepredigt hat. Aber sie hat uns deren Sinn vermittelt. Sie kontrollierte unsere Hausaufgaben und wir bekamen dem Alter entsprechend «Ämtli» im und ums Haus. Wenn wir etwas verbockt hatten, mussten wir es auch wieder in Ordnung bringen. Dies waren solide Grundlagen für unsere private und berufliche Zukunft. Wir glauben, Bethli hat sich über unseren Werdegang gefreut. Wir Kinder haben alle geheiratet und Bethli hiess ihre Schwiegertöchter und ihren Schwiegersohn herzlich willkommen.

1989, an ihrem 60. Geburtstag, bekam Bethli eine Ballonfahrt geschenkt. «Die mache ich erst, wenn das erste Grosskind da ist. Das will ich vorher noch erleben,» meinte sie lachend. Sie musste nicht lange warten. Noch im selben Jahr kam Corinne zur Welt. Es folgten Nicole, Petra, Fabienne und Christian. Überhaupt war die Familie für Bethli sehr wichtig. Oft hat sie den Hochzeitstag als Anlass genommen, die Familie und Verwandte zusammenzubringen. Sie hatte aber auch ein Ohr und ein Herz für Menschen, die weniger Geborgenheit erfuhren. Wir erinnern uns gut an die strahlenden Augen des Gastarbeiters, den Bethli an Weihnachten aus der Mitarbeiterkantine der Firma Beutler holte und mit uns feiern liess. Noch viele Jahre erhielten wir Weihnachtsgrüsse von ihm.

Bethli hat den ganzen Haushalt gemanagt und so unserem Vater den Rücken freigehalten, wenn er im Beruf und in den Vereinen aktiv war. Sie hat die Familie zusammengehalten und gepflegt. Unsere alljährlichen Winterferien in Wengen waren Familie pur. Damals fanden sechs Personen inkl. Skiausrüstung in einem VW-Käfer Platz. Trotz ihren Verpflichtungen hat Bethli Zeit gefunden, ihre persönlichen Ziele und Interessen zu verfolgen. Sie nahm gerne am gesellschaftlichen Leben teil. Sie half bei Abstimmungen im Urnenbüro oder bei den SAC-Sommerlagern, die unser Vater oft leitete. Im Frauenturnverein war sie 15 Jahre im Vorstand und bekam die Ehrenmitgliedschaft. Im Samariterverein war sie über 50 Jahre tätig und bekam ebenfalls die Ehrenmitgliedschaft. Der Skiclub und die Gartenfreunde entsprachen ihrer Naturverbundenheit. Sie kochte gerne und verwöhnte ihre Grosskinder, wenn sie zu Besuch waren. Mit Englischkursen und Velotouren bis ins hohe Alter hielt sie sich körperlich und geistig fit.

Als wir Kinder grösser waren, hat sie Teilzeit im Steuerbüro Willisau gebeitet. Sie besorgte auch die Verwaltung der Liegenschaften, die sie mit ihrem Bruder geerbt hatte. Das bildete die finanzielle Grundlage ihrer Freiheit und um sich persönliche Wünsche zu erfüllen. Eine gewisse Eigenständigkeit war ihr wichtig. Zu ihrer Zeit betrachtet, war sie vielleicht sogar ein kleiner Rebell. Dazu gehörte auch, dass sie in späten Jahren noch das Autofahren erlernte. Sie half mit, das Haus in der Kreuzstrasse zu erwerben. Oder sie reiste mit Freundinnen in den Süden an die geliebte Sonne. Mallorca, Zypern, Samos, Korfu und Kos waren die Ziele. Nach der Pensionierung unseres Vaters unternahmen sie auch zusammen einige Reisen. So durften sie zusammen mit Martin Amerika erleben.

Bethli hat unserem Vater mit Fürsorge ermöglicht, bis fast zuletzt in ihrem gemeinsamen Heim in der Kreuzstras­se zu leben. Hans starb im Mai 2016. Im Frühling 2017 musste Bethli vermehrt die Hilfe der Spitex in Anspruch nehmen. Ans Haus gebunden, freute sie sich, Sonne auf dem Balkon zu tanken oder frische Blumen im Wohnzimmer zu betrachten. Im Sommer 2017 liess sich der Umzug ins Alterszentrum Zopfmatt nicht mehr vermeiden. Der Abschied von ihrem geliebten Haus fiel ihr schwer. Doch sie tat diesen Schritt mit viel Würde. «Die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann.» Aber schnell erkannte sie auch die Vorteile. Viele Pflichten und Sorgen fielen weg. Endlich konnte sie wieder mit Besuchern bei Spaziergängen im Rollstuhl die Natur, und am allerwichtigsten die Sonne, geniessen. Im Dezember 2017 wurde sie durch eine Grippe geschwächt. An Weihnachten und den folgenden Tagen schwanden die Kräfte zusehends, bis sie am 30. Dezember 2017, begleitet durch die Familie, ruhig einschlafen durfte. Nun ist es an uns zu sagen: «Danke vöu mou» Bethli für die gemeinsame Zeit.

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