Nachruf

11. Dezember 2017

Bernadette Schnider-Bucher

Menznau

Am 18. März 1925 wurde Bernadette den Eltern Josef und Albertine Bucher-Stadelmann in der Hasenschwand auf dem Steinhuserberg als erstes von sieben Kindern geschenkt. Zusammen mit zwei Schwestern und vier Brüdern verbrachte sie eine bescheidene, schöne, von der frühen Mitarbeit auf dem Hof geprägte Jugendzeit.

Als Bernadette mit 14 Jahren die Schule verliess, brach der Krieg aus. Und so musste sie als Älteste zu Hause auf dem Bauernhof Hand anlegen und mithelfen. Ihr Vater leistete im Militär Aktivdienst. Er nahm das Pferd, eine gute Zugkraft, mit sich und deshalb wurden daheim anstelle des Pferdes Kühe eingesetzt. Bernadettes Kräfte wurden überall gebraucht: beim Melken, Gras mähen, auf dem Feld, im Garten, im Haushalt und schliesslich war sie auch für ihre kleineren Geschwister da. Zwischendurch, wenn es die Zeit erlaubte, half sie in anderen Haushaltungen mit beim Waschen.

Bernadette arbeitete in den Jahren 1948 bis 1956 als Familienhelferin in Wolhusen. In einem Artikel mit dem Titel «Aus dem Leben einer Familienhelferin heute und vor 50 Jahren» wird darin der Berufsalltag von Bernadette wie folgt beschrieben:

Nach der Kriegszeit machte Bernadette vermehrt Aushilfe in der Wochenpflege. Ihre Einsatzbereitschaft sprach sich in der Gegend schon bald herum und so wurde ihre Hilfe immer mehr gebraucht. Auf das Angebot einer Anstellung bei der örtlichen Familienhilfe-Organisation, getragen vom Frauenbund, besuchte Bernadette einen Grundpflegekurs. Sie liess sich in Wolhusen fest anstellen. Bernadette war hauptsächlich in der Wochenpflege tätig. Sie war Tag und Nacht im Einsatz. Es war die Regel, dass sie in den Familien übernachtete. Und dann war es ihre Pflicht, in der Nacht aufzustehen, wenn ein Kind weinte oder ein Säugling wieder Hunger hatte. Die meisten Frauen gebaren damals zu Hause. So übernahm sie die Pflege der Mutter und des Neugeborenen, die Betreuung der Familie und den Haushalt. Die Zusammenarbeit mit der Hebamme und dem Arzt war sehr wichtig. Es kam etwa vor, dass Hebamme und Arzt stark ausgelastet waren. Dann verabreichte Bernadette nach Anweisung zum Beispiel Spritzen und ihre Verantwortung wurde noch grösser.

Ein Einsatz in der Wochenpflege dauerte zwei bis drei Wochen. Es war Brauch, dass die Neugeborenen immer möglichst rasch getauft wurden. Manchmal war das schon nach drei bis fünf Tagen. Die Mütter hatten zur selben Zeit immer strikte Bettruhe und konnten somit nie an der Taufe ihrer Säuglinge teilnehmen. Nach Möglichkeit war es die Hebamme, welche die Kinder zur Taufe trug. Kam ein Notfall dazwischen, oder war die Hebamme anderweitig verpflichtet, übernahm Bernadette diese Aufgabe. Einmal an einem Tauftag war Bernadette am Morgen damit beschäftigt, das Fleisch zuzubereiten, da meldete sich die Hebamme, sie könne nicht kommen. Bernadette soll Mutter und Kind waschen und das Taufkind zur Taufe tragen. Es war Winter, ein halbstündiger Fussmarsch brachte Bernadette mit dem Kind auf den Armen und die Taufgesellschaft zur Strasse, wo das Pferd mit Schlitten sie zur Kirche brachte. Zu Hause erlosch das Feuer im Herd langsam. Bernadette konnte erst als sie mit der Taufgesellschaft retour kam, das Feuer neu entfachen und das Mahl fertig kochen.

Hin und wieder kam es vor, dass Bernadette drei verschiedene Einsätze pro Tag leistete. Sie war auch in der Kranken- und Sterbebegleitung tätig. Wenn es ruhigere Momente gab, wurde sie zum «Nachflicken» eingesetzt. Sie war damals die einzige fest angestellte Familienhelferin in Wolhusen.

Das Gebet und der Glaube spendeten Bernadette zeitlebens viel Kraft und deshalb war sie bereits früh in der kirchlichen Jugend aktiv und half zum Beispiel eine Primiz gestalten, dessen Gedicht sie noch zu ihrem 91. Geburtstag zum Besten geben konnte.

Am 16. Oktober 1956 läuteten die Hochzeitsglocken für Bernadette und ihren lieben Gatten Josef Schnider vom Wesemlin oberhalb Luzern, der bereits seit 1953 als Betriebsleiter auf dem Landwirtschaftsbetrieb Bürgerheim Elsenau in Menznau tätig war und schon vor dem Krieg dort arbeitete. Eine grosse Kinderschar empfing das Brautpaar vor der Kirche Wolhusen. In Kastanienbaum wurde gefeiert und die Hochzeitsreise brachte sie ins Tessin, davon zeugen einmalige Bilder im Familienalbum.

Die Geburt der vier Kinder Bernadette, Josef, Johanna und Elisabeth bezeichnete unsere liebe Mutter als die wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben und die Freude und Hingabe war entsprechend gross.

Die grosse Erfahrung sowie die vielfältigen fachlichen und menschlichen Fähigkeiten kamen unserer Mutter bei der Führung des Haushaltes, der Betreuung der Kinder, beim Anlegen des Blumen- und Gemüsegartens, aber auch bei der Zusammenarbeit mit Angestellten und Bewohnern des Bürgerheims zugute. Das Haushaltsbudget konnte durch selber geschneiderte und gestrickte Kleider sowie durch den fruchtbaren Gemüsegarten massgeblich entlastet werden.

Die Zeit in der Elsenau war für uns Kinder eine sehr schöne; sie prägte uns für das ganze Leben. Wir durften die Eltern bei der täglichen Arbeit zu Hause und mit den Tieren auf dem Hof begleiten. Dazu gehörte auch der Kontakt mit den Leuten im Altersheim, was uns in sehr guter Erinnerung bleibt.

Auf dem sonntäglichen Spaziergang durch Feld und Wald im Ried, Kanzel oder auf die Elsenegg zeigten uns Mutter und Vater vieles in der Natur und Nachbarschaft. Einmal im Jahr unternahmen wir mit der Bahn einen Ausflug nach Flüeli-Ranft zum Bruder Klaus oder Einsiedeln, besuchten Tante Siegfriede im Kollegium Schwyz oder machten eine Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee.

Anfang der Siebzigerjahre war für Bernadette auch eine schwierige Zeit, weil innerhalb kurzer Zeit die Eltern und auch Schwester Josy verstarben.

Im März 1972 gab die Gemeinde Menznau den Betrieb Elsenau auf. Schweren Herzens mussten wir viel Liebgewonnenes verlassen, was für die ganze Familie ein schwieriger Schritt war. Die Familie zog ins Dorf an die Sonnhaldenstrasse 8 und es eröffneten sich neue Möglichkeiten. Mutter konnte weiterhin einen schönen Blumen- und Gemüsegarten hegen und pflegen, aber auch die Familie mit gesundem Gemüse verwöhnen. 

Als die Kinder ihre Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen und ausgeflogen waren, blieb mehr Zeit, ihre persönlichen Interessen zu verfolgen.

Schon bald wurde die Kirche von ihren Blumen geziert und auch die Pflege der Kirche übernahm Bernadette mit ihren sorgfältigen und zuverlässigen Händen. Als ihr später das Amt der Sakristanin angeboten wurde, nahm sie das gerne an und führte es in Zusammenarbeit mit anderen für 15 Jahre mit grosser Leidenschaft bis Anfang 1995 aus. Als Lektorin stellte sie sich aber weiterhin gerne zur Verfügung.

Einen Beitrag zum Dorfleben hat sie auch als treues Mitglied in Vereinen geleistet. Dem Turnverein SVKT ist Mutter schon früh beigetreten und hatte an den wöchentlichen Turnstunden wenn immer möglich teilgenommen und sich fit gehalten. Übrigens bis ins hohe Alter, auch im Säliturnen. Im Kirchenchor war Bernadette über Jahre ein treues Mitglied und hatte gerne zur Verschönerung des Gottesdienstes beigetragen.

Im Samariterverein konnte sie mit ihrer Erfahrung einen Beitrag leisten und ihr Interesse an der menschlichen Gesundheit mit Gleichgesinnten teilen und sich stetig weiterbilden. Auch im katholischen Arbeiterbund hatte sie gerne an Veranstaltungen teilgenommen und das gesellschaftliche Leben gepflegt.

Das Wohl der Familie stand aber bei unser lieben Mutter immer an erster Stelle. Sie war stets für die Kinder und Enkelkinder da, die im Laufe der Zeit die Stube an der Sonnhalde mit neuem Leben füllten. Bernadette war immer eine grosszügige Gastgeberin. Die gute Küche mit frischen Gemüse und die feinen Desserts wurde immer sehr geschätzt. 

Aber auch als die Enkelkinder noch kleiner waren, reiste Bernadette gerne ins Baselbiet, Freiamt oder ins Tessin, um ihre Familie tatkräftig zu unterstützen. Gerne haben wir mit den Eltern Ausflüge oder gemeinsame Ferien verbracht. Das jährliche Familienfest im Sommer machte allen immer Spass und trug viel zum guten Zusammenhalt bei.

Unvergesslich bleibt für uns der 14. Oktober 2006 als unsere Eltern in der Seminarkapelle Werthenstein mit Pater Xaver Müller die goldene Hochzeit feiern durften sowie anschliessend das schöne Familienfest im Landgasthof Ochsen in Geiss.

Unser Vater wurde von der lieben Mutter mehrere Jahre liebevoll um­sorgt und konnte so bis zu seinem Ableben im September 2007 zu Hause bleiben. Die neue Situation meisterte sie zuerst mit viel Zuversicht. Mit nachlassenden Kräften wurde das Alleinsein aber immer schwieriger. Sie war in dieser Zeit sehr dankbar für die uneigennützige Unterstützung von Freunden, Nachbarn, aber auch der Spitex Region Willisau, die zusätzlich mithalf, dass unsere Mutter in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben durfte.

Mit viel Freude konnte Bernadette an ihrem 90. Geburtstag nochmals viele Freunde und Verwandte daheim begrüssen und ein schönes Geburtstagsfest feiern. Die Freude war gross als Mutter mit Csàba ein erstes und im August 2017 mit León ein zweites Urenkelkind erleben und in ihre Hände nehmen durfte.

Noch Mitte August durften wir mit unserer lieben Mutter im Kreise der Kinder und deren Familien ein letztes Familienfest und eine Schifffahrt auf dem Hallwilersee geniessen. Nach einem kurzen Spitalaufenthalt Ende August liessen die Kräfte aber stetig nach.

Wir sind sehr dankbar, dass wir unsere liebe Mutter in den letzten Lebens­tagen intensiv begleiten und uns von ihr verabschieden durften und danken allen herzlich für ihren Beitrag, vor allem dem liebevollen Pflegeteam vom Betagten- und Pflegeheim Weiermatte in Menznau in den letzten zwei Lebensjahren.

Versehen mit den heiligen Sterbesakramenten durfte Bernadette, unsere liebe Mutter, am Sonntagabend, 12. November 2017, nach einem reich erfüllten Leben im Kreise der Familie friedlich einschlafen. Dein Leben war geprägt von Liebe und Fürsorge.