Nachruf

16. September 2021

Anna Gürber-Häfliger

Zell

Mein Lebensweg begann am 14. August 1933 in Langnau bei Reiden. Dort wurde ich als fünftes von 13 Kindern meinen Eltern Alfred und Anna Häfliger-Felder in die Wiege gelegt. Drei meiner Geschwister starben bereits im Kindesalter. Da die kargen Dreissigerjahre viele Entbehrungen und Opfer unserer Eltern forderten, zügelten sie nach Horw um eine andere Pachtliegenschaft zu bewirtschaften. Mit fünf Jahren erkrankte ich an der damals grassierenden Kinderlähmung. Nach längerem Spitalaufenthalt konnte ich ohne weitere Behinderung zu meinen Eltern nach Hause. Aber nur für kurze Zeit. Da es meiner Mutter gesundheitlich nicht gut ging, kam ich zu meiner Tante und zu meiner Grossmutter ins Mettenlehn bei Willisau in die Ferien. Trotzdem ich anfangs meine Eltern und Geschwister sehr vermisste, wurden für mich diese Ferien bis zu meiner Heirat ein ständiges zu Hause. Die Schule besuchte ich im Schulhaus Lütenberg und die obligatorische Haushaltungsschule im Schulhaus Obertor Willisau. Nach der Schulzeit und als die schweren Kriegsjahre 1939–1945 zu Ende waren, hiess es überall anzupacken auf dem Bauernhof. Da damals die Landwirtschaft noch viel schwere Arbeit abverlangte stellte ich meine Kräfte bis zu meiner Heirat voll dem Betrieb zur Verfügung.

Im Jahr 1957 lernte ich Theo Gürber aus Ufhusen kennen und lieben. Im Oktober des darauffolgenden Jahres gaben wir uns in der Pfarrkirche Ufhusen das Jawort. Im Laufe der Jahre durften wir sechs gesunden Kindern das Leben schenken. Fünf Mädchen und ein Knabe, welche uns viel Freude in den Alltag brachten. Im 1971 konnten wir das Heimwesen von Theo's Onkel käuflich erwerben. Der Onkel und seine Frau hatten das Wohnrecht bis zu ihrem Ableben. Es war damals oft nicht leicht sich zu behaupten neben der älteren Generation, die damals noch das Zepter führten im gleichen Haushalt unter einem Dach zu wohnen. Da das Heimwesen allein keine Existenz bot, musste Theo einem Nebenerwerb nachgehen, wozu mir zusätzlich mehr Arbeit auferlegt wurde. So arbeitete er zehn Jahre in Dürrenroth, später wechselte er in die SEG nach Zell. Im Laufe der Jahre gab es viele schöne Beziehungen.

1973 verstarb der Onkel und 1982 seine Frau. Im Herbst 1986 hatte Theo einen schweren Unfall, was uns zur Aufgabe der Landwirtschaft zwang. Auch wegen eines Rückenleidens, welches mich schon über Jahre plagte, konnte ich die schweren Arbeiten nicht mehr erledigen. So zogen wir im Frühling 1987 nach Zell, weil in Ufhusen zu unserem Bedauern keine Wohnung vorhanden war. Tochter Rita und Schwiegersohn Sepp mit Familie übernahmen das Heimwesen, wozu wir immer eine schöne Beziehung hatten. Die anderen Kinder zogen aus und gründeten eigene Familien. Somit können wir uns an 18 gesunden Grosskindern und 15 Urgrosskindern erfreuen, zu welchen wir gerne guten Kontakt hatten. In Zell hatten wir uns gut eingelebt und wir engagierten uns in der Spitex für Fahrten und Mahlzeitendienst. Als die Zeller eine eigene Braunviehgenossenschaft gründeten, wurde Theo zum Milchkontrolleur gewählt. Welches wieder schöne Erinnerungen und Ausflüge in die schönen Walliser Alpen über Jahre hindurch ergab. Leider musste ich mich bald verschiedenen Operationen unterziehen, sodass ich verschiedenes Liebgewonnenes zurückstecken musste. So musste ich auch viele Schicksalsschläge hinnehmen. Zum Beispiel der Verlust unseres Sohnes Theo, meiner Eltern, Pflegeeltern und Geschwister sowie unserem lieben Grosskind Nina. Freud und Leid wechseln ab im Leben. Und somit besuchten wir so lange es die Gesundheit erlaubte, verschiedene Wahlfahrtsorte. Eine unvergessliche Reise war uns besonders Lourdes und Rom. Und oft pilgerten wir gerne nach «Maria Heilbronn» ins Luthertal. Auch Familienfeste wurden immer gebührend gefeiert. Da fühlte ich mich immer am wohlsten, wenn die ganze Familie beisammen war. 

Hier enden die eigenen Worte von meiner Ehefrau Anna und unserem Mueti. Gerne fügen wir diesen Zeilen noch ein paar eigene Ausführungen hinzu:

Die Familie war unserem Mueti stets das Wichtigste. Nicht zuletzt darum konnten wir Kinder Annemarie, Rita, Theres, Monica und Gaby unserem eigenen Nachwuchs viel von unserer Kindheit auf dem kleinen Bauernhof in der Mühlematt erzählen. Da waren die jährlichen Ausflüge im Sommer nach dem «Heuet». Bei dieser Gelegenheit erhielten wir Kinder auch mal besonders leckere Sachen, die es ansonsten im Bauernhofalltag nicht gab. 

Ein grosser Stolz von unserem Mueti war ihr riesiger Gemüsegarten oder besser gesagt «Pflanzblätz», bei dem wir Kinder tatkräftig beim Jäten und dem Bohnenernten mitgearbeitet haben oder auch mal mitarbeiten mussten. Die frisch geernteten Bohnen fanden dann ihre Abnehmer in den umliegenden Restaurants, wo wir Kinder bei der Auslieferung auch mal mit einem Dessert verwöhnt worden sind. 

Aber Desserts machte unser Mueti auch selbst – und wie!  Wir Kinder haben in all den Jahren viel mit unserem Mueti Schänkeli ond Chnöiblätze «küechlet». Für die Grosskinder war es immer ein besonderer Tag, wenn sie zu Besuch waren und Grosis Schänkeli auf dem Tisch gestanden sind. Toll war es für unsere Kinder auch immer, wenn sie zum Grosi und Vati nach Zell zum «Übernachten» gehen durften und wir Eltern so ein paar Stunden entlastet wurden. Unser Mueti hat sich stets um alles und alle gekümmert, nie ist man von einem Besuch hungrig oder gar durstig nach Hause zurückgekehrt. 

Die letzten Jahre von ihrem Leben hat Mueti zusammen mit Vati im Violino in Zell verbracht, wo es liebevoll umsorgt und gepflegt wurde. In den letzten Monaten haben es seine Kräfte zunehmend verlassen.

Was im Herzen liebevolle Erinnerung hinterlässt und unsere Seele berührt, kann weder vergessen werden noch verloren gehen.

Von Herzen bedanken wir uns für alles, was du für uns getan hast. Wir werden die Erinnerungen an dich in unseren Herzen weitertragen.

Deine Familie