Nachruf

24. Juli 2017

Pfarrer Anton Schelbert

Richenthal

Die Sonne schien, die Äpfel und Birnen hingen reif an den Bäumen, als unser Bruder Toni als erster Bub am 7. Oktober 1937 auf unserem Bauernhof Schlössli in Hünenberg geboren wurde. Die Freude war riesengross. Zu früh geboren und untergewichtig brauchte Toni eine besonders behutsame Pflege. Im Laufe der Jahre vergrösserte sich unsere Familie. Mit Seppi, Bruno und Marie-Theres war das Quartett komplett. Wir alle wurden von einer liebevollen, aber konsequenten Erziehung geprägt.

Bald besuchte Toni die Primarschule in Hünenberg. Im ersten Jahr erlitt er einen komplizierten, geplatzten Blinddarm. Die Ärzte hatten ihn schon aufgegeben. Dank seinem damals schon enormen Willen ist er dem Tode entronnen und hat schlussendlich alles gut überstanden. Toni war ein eifriger, guter, aufmerksamer und an allem interessierter Schüler. So kam es, dass er die 6. Klasse überspringen konnte und direkt in die Stiftsschule in Einsiedeln aufgenommen wurde. Er bekam in der Studentenverbindung Corvina den Namen «Ramses». Dieser Name ist ägyptischen Ursprungs und bedeutet «Der von Gott Geborene». Eigentlich für Toni ganz passend.

In den Semesterferien gab er Schulklassen Unterricht, um seinen Horizont zu erweitern und etwas Sackgeld zu verdienen. In der übrigen Freizeit entdeckte er sein Interesse für den Garten. Er half daheim im «Schössli» beim Pflanzen und Unkrautjäten. Noch lieber aber backte er einen feinen Kuchen, den wir dann nach getaner Arbeit genüsslich verzehrten. Nach mit Bravour bestandener Matura wandte er sich dem Theologie-Studium in Freiburg im Breisgau und Luzern zu.

Die Priesterweihe von Toni in Hochdorf 1964 und kurz danach seine Primiz in Cham, waren für uns alle einmalige und grosse Erlebnisse. Es erfüllte uns aber auch mit Stolz, dass wir ihn auf diesem Weg begleiten durften. Danach wurde Toni vom Bistum als Vikar in die Pfarrei Don Bosco in Basel und nach St.  Michael in Luzern eingesetzt. Einige Jahre später wurde er als Pfarrer nach Willisau gewählt. Hier war Toni in seinem Element. Tag und Nacht war er für seine «Schäfchen» persönlich erreichbar. Er war wirklich ein guter Hirte. Denn wenn wir bei ihm auf Besuch waren und jemand brauchte seine Hilfe, sagte er uns schnellstens Adieu.

Seine Unterstützung und Hilfe reichten sogar weit über die Grenzen bis nach Afrika. Mit Bischof Mgr. Daniel Nlandu aus Kinshasa pflegte er seit Jahren guten Kontakt. Toni freute sich immer über seine Besuche bei ihm, bei welchen er Bischof Nlandu jeweils mentale und finanzielle Unterstützung für seine schwierige Arbeit in Afrika mit auf den Weg gab. Während dieser Zeit wurde nicht nur über das Elend in seiner Heimat gesprochen, sondern der Bischof konnte wieder Energie tanken – auch dank den Schweizer Spezialitäten aus der Pfarrhausküche. 

So war Toni ein exzellenter Zuhörer, sehr senkrecht, hilfsbereit, herzensgut und selbstlos. Er hatte immer ein offenes Ohr und viel Verständnis für die Sorgen und Anliegen all seiner Mitmenschen. Danke Toni. Nie war es ihm zu viel – trotz täglichen Herausforderungen. Nie hat er geklagt , weder über zu viel Arbeit noch über Schmerzen. Dabei hatte er doch selber mit seiner Krankheit Morbus Bechterew einen gut gepackten Rucksack zu tragen. Seine Worte waren: «Der Herrgott gibt jedem nur so viel Bürde, wie er ertragen kann.» In seinem Willisauer Pfarrhausgarten holte er sich seine Entspannung und Erholung. Gleichzeitig war dies auch sein Feriendomizil. 

Mit 70 Jahren zog er ins Pfarrhaus nach Richenthal. Hier genoss er endlich seine wohlverdiente Ruhe und hatte auch wieder mehr Zeit für persönliche Kontakte. Zu schätzen wusste er es ganz besonders, wenn ihm sein Bruder Seppi köstliche Früchte vom Bauernhof brachte. Oder wenn sein Bruder Bruno seine Tina mit vorzüglichem Hundefutter beglückte. Ich, seine Schwester, war zuständig für seine persönlichen Einkäufe. Ein ganz besonderes Ritual für Toni waren seine sonntäglichen Telefonate mit mir. Wir tauschten uns über alltägliches Geschehen, das Gedeihen in unseren Gärten, über Tina, seine Hündin, und über Gott und die Welt aus. Ich werde diese Gespräche schmerzlichst vermissen.

In stillen und ganz ruhigen Stunden liebte er es, klassischer Musik oder Orgelkonzerten zu lauschen. 

Seinen Garten pflegte Toni mit äus­serster Sorgfalt. Er war glücklich, dass er jetzt mehr Zeit hatte, sein geliebtes Hobby zu verwirklichen. Seine Blumen dankten es ihm mit Blüten in Hülle und Fülle. Er genoss ihre farbliche Vielfalt und ihren herrlichen Duft. Voller Freude erntete er Gemüse wie Tomaten, Karotten, Randen, Bohnen, Zwiebeln und Salat in seinem Garten, welches dank seinem Einsatz bestens gedeihte. Natürlich brachte er das frische, selbst gezogene Produkt in die Küche. Dort zauberte ihm dann Martha daraus wunderbare Köstlichkeiten. Der Apfel-, Birnen- und Aprikosenbaum sowie die Weinrebe waren seine ganz speziellen Lieblinge.

Am Montag, 26. Juni, war es heiss, die Erde im Garten trocken und seine Pflanzen hatten Durst. Gewissenhaft, wie er war, brachte er ihnen das nötige Nass. Überraschend – für Toni und uns – wurde er da aus dem Leben gerissen. Ein wenig Trost für uns alle ist, dass er in seinem geliebten Garten – gerade neben der Weinrebe – sein Leben Gott zurückgegeben hat. 

Danke dir, Toni, für alles. Danke, dass wir dich auf deinem Weg begleiten durften. Wir werden dich in unseren Herzen bewahren.