Nachruf

09. Februar 2017

Josefine Kurmann-Lingg

Willisau

Wir nehmen Abschied von dir, liebe Mami.

Das Haus deiner Eltern Franz und Emilie Lingg auf dem Steinhuserberg stand am 6. Juni 1927 unter einem guten Stern: Welch grosse Freude, du wurdest geboren. Mit deinen acht Geschwistern hattest du eine glückliche Kinder- und Jugendzeit, obwohl die Zeiten oft schwer waren. Eure Eltern haben wichtige Grundsteine gelegt und gelebt: Liebe – Dankbarkeit – Vertrauen, und dass innere Ruhe die Kraft zum Leben gibt.
Wie schön das Bild, wenn du uns erzählt hast, wie euer Vater sagte: Mädchen, setzt euch aufs Ofenbänkli, wir singen miteinander. Es lässt sich nachher wieder viel leichter arbeiten. Nach der Schulzeit hast du in verschiedenen Familien im Haushalt und auf dem Feld hart gearbeitet. So hast du auch bei deiner Schwester Emilie nach der Geburt der Kinder in Haus und Garten auf dem schönen Hof Vor­dergesserswil mitgeholfen. Dort stand wieder ein leuchtender Stern am Himmel, der in dir die Liebe zu Anton, unserm Dädi, geweckt – und hat wachsen lassen – so habt ihr euch am 22. September 1955 das Ja-Wort gegeben.
Von 1958 bis 1968 sind wir, sechs Kinder, geboren worden. Mit grosser Achtung denken wir an die Kinderzeit zurück. Zwei Familien – miteinander waren wir 11 Kinder, beide Elternpaare und ein Onkel – alle unter einem Dach. 16 Personen am Tisch, alles teilte man gemeinsam. Wir haben gemeinsam musiziert und gesungen, gearbeitet und einander geholfen. Ihr habt uns Grossartiges vorgelebt: In Frieden, gegenseitiger Achtung und Respekt mitein­ander umzugehen.
Es war immer etwas ganz Besonderes, wenn du die grosse Holzmulde bereitgestellt hast und mit 20 Kilogramm Mehl den Vorteig für das Brot, das am nächsten Tag gebacken werden sollte, angesetzt hast. Der Duft der frischen Brote war herrlich und bleibt uns unvergesslich.
Alle, die bei uns zu Besuch waren, wurden immer gut bewirtet. Sie genossen das feine Brot, das es zum Zobig oder Zföifi gab. Bei uns war das Haus immer offen, und jeder Besuch war herzlich willkommen.  
Tradition war auch an der Chilbi und Fasnacht das Chüechle- und Schänkeli-Backen, Wir Kinder durften immer mithelfen, das war ein fröhliches Miteinander. Die Tradition führten wir weiter und noch heute machen wir Chüechli und Schänkeli nach Urgrossmutters Rezept und denken dabei fest an dich.  
Das Leben bringt immer wieder Veränderung und somit auch Chancen für Neues – das waren deine weisen Worte.Als wir 1976 in den Lütenberg zügelten, hast du mit grosser Freude deinen gros­sen Garten mit Gemüse und den schönen Blumen gepflegt. Nach Dädis Pensionierung habt ihr Werbe-Busfahrten mit Freunden gemacht und dabei viele schöne Landschaften in der Schweiz und im Schwarzwald kennengelernt. Es war immer eine Freude, wie ihr die Erinnerungen beim Erzählen aufleben lassen konntet. Den grössten Traum habt ihr euch mit den Reisen nach Lourdes erfüllt: Die grosse Liebe zur Muttergottes hast du dein ganzes Leben in deinem Herzen getragen.
Als Dädi krank wurde, hast du ihn bis zum letzten Atemzug begleitet. Ihr seid so liebevoll miteinander umgegangen. Für die Enkelkinder war es ein Fest, wenn du sie gehütet hast:  Grossmami hat Spiele gemacht, Geschichten erzählt und gesungen. Das Allerbeste aber war: Sie durften am Abend länger aufbleiben. Diese schöne, unvergessliche Zeit ist ein kostbarer Schatz. Wir sind dir dankbar für deine Fröhlichkeit, deine positive und liebevolle Art. In schwierigen Zeiten und in allen Schicksalsschlägen hast du uns Mut und Hoffnung gemacht. Im stillen Gebet hast du Kraft geschöpft und darauf vertraut, dass Gott lenkt – es zum Heile bringt – und uns den Weg weist.
Für alle Menschen hattest du ein offenes Ohr, ein gutes Wort, deine Liebe war immer spürbar. Mit deinem Gottvertrauen und mit deiner grossen Lebenserfahrung hast du stets das Beste gemacht. Du warst immer für uns da. Es kam die Zeit, wo ein Umzug in die Waldruh unumgänglich wurde, da dein Gedächtnis schwächer wurde. Selbst da hast du immer wieder gesagt: «Es wird schon seinen Sinn haben, ich mache das Beste daraus.» Bei jedem unserer Besuche hast du dich gefreut und beim Abschied herzlich bedankt. Du hast uns bis zum letzten Augenblick mit deiner Liebe unendlich reich beschenkt, du hast uns Zeit geschenkt, um «los-zu-lassen»; du hast eine starke Verbindung über die Liebesbrücke des Herzens aufgebaut, die ewig bestehen bleibt. Dein leuchtender Stern, der dich durchs ganze Leben begleitet hat, führte dich in der Berchtoldsnacht heim.
Liebe Mami, wir danken dir alle aus tiefstem Herzen. Bhüet di Gott!